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Schiff der tausend Träume

Schiff der tausend Träume

Titel: Schiff der tausend Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Fleming
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hätte mit ihrem Namen unterschreiben sollen, aber sie wusste, dass sie danach einem Ansturm ausgesetzt gewesen wäre: neugierige Nachbarn und Reporter, die viele, viele Fragen stellen würden.
    Eine Woche später stand die Ankündigung der Enthüllungszeremonie im Schatten beunruhigender Nachrichten über einen drohenden Kriegsausbruch. Sie und Ella würden Kapitän Smith auf jeden Fall ihre Ehre erweisen. Auf dem Weg zur Zeremonie ging May beim Postamt vorbei, um eine Briefmarke zu kaufen. Da fand sie die Marke in ihrem Geldbeutel, die sie auf den Brief an die Zeitung hätte kleben sollen.
    So war es also. Der Brief war wohl nie zugestellt worden. Niemand hatte ihre Verteidigung des Kapitäns gelesen. Sie war sehr erleichtert. In ihrer Wut hatte sie sich beinahe verraten. Nie wieder würde sie Aufmerksamkeit auf sich und das Kind lenken. Sie war wieder auf der Hut.

43
    Harriet kam unangekündigt in Celestes Schlafzimmer und wollte wissen, warum sie nicht beim Sonntagsgottesdienst gewesen sei. Celeste versuchte ihre Wunden mit der Hand zu bedecken, aber es war zu spät.
    »Oh, Liebes, hat Grover wieder die Beherrschung verloren?«
    »So nennst du das? Ich würde es als Tätlichkeit und Körperverletzung bezeichnen«, erwiderte Celeste. Ihr Ton war eiskalt.
    Harriet besaß den Anstand, rot zu werden. »Tut mir leid, aber du musst Verständnis für den Druck haben, dem die Männer bei der Arbeit ausgesetzt sind. In den Gummiwerken findet eine große Fusion statt. Grovers Firma nimmt große Veränderungen vor. Wir müssen Nachsicht üben. Er ist wie sein Vater. Sie meinen es nicht so … Das musst du verstehen.«
    »Du verstehst das?«, fragte Celeste und schaute ihrer Schwiegermutter ins hochrote Gesicht.
    »Wie meinst du das?« Harriet wollte nicht darauf eingehen.
    »Du weißt genau, wie ich es meine. Er wurde nicht als Tyrann geboren. Jemand hat ihm gezeigt, dass es erlaubt ist, seine Frau zu schlagen, damit sie sich unterwirft …«
    »Hör zu, meine Liebe, du musst zugeben, dass du ihn neuerdings mit deinem ganzen Gerede über Frauenwahlrecht provozierst. Du bist nie zu Hause, du vernachlässigst den Jungen …«
    »Das stimmt nicht. Ich habe Roddy nie vernachlässigt! Nur weil ich mir einen Tag im Monat freinehme, um an Sitzungen in Cleveland teilzunehmen …«
    »Männer müssen Herr im eigenen Haus sein. Das ist doch klar, sonst leidet ihr Ansehen.« Harriet ging im Zimmer hin und her und fummelte nervös an Schmuckstücken und Kleidern herum.
    »Ich habe gelernt, dass wir vor Gott alle gleich sind.«
    »Und wieder setzt du dich aufs hohe Ross. Der Mann wurde nach dem Ebenbild Gottes erschaffen, und wir stammen aus seiner Rippe, daher sind wir natürlich unbedeutender.«
    »Das ist Unsinn. Menschen kommen aus dem Leib ihrer Mütter.« Celeste lachte.
    »Du musst lernen, solche Ketzereien für dich zu behalten, wenn du mit meinem Sohn verheiratet bleiben willst. Sei gefügig, nur so kann man es mit willensstarken Männern aushalten.«
    »So bin ich nicht erzogen worden.«
    »Du bist so englisch, Liebes.«
    »Ja, und darauf bin ich stolz. Wir lassen uns nicht gern einschüchtern. Wir kämpfen für das, was wir für richtig halten, und sei die Sache noch so aussichtslos.«
    »Dann tust du mir leid«, sagte Harriet und hob eine antike silberne Haarbürste auf, die Celestes Mutter gehört hatte. »Obwohl du einen auserlesenen Geschmack hast, was Einrichtungen betrifft.«
    »Ist das alles? Wirst du wiederholen, was ich gerade gesagt habe?«
    Harriet schüttelte den Kopf. »Du hast dich verändert, Celestine, und Grover stört das.«
    »Das verdanke ich der
Titanic
. Wie soll ich diese Behandlung erdulden nach allem, was ich auf dem Schiff mit angesehen habe? Er war ja nicht einmal zu bewegen, mich vom Rettungsschiff abzuholen, und ich habe festgestellt, dass er meine Post vor mir versteckt.«
    Harriet blieb an der Tür stehen. »Nun, ich verstehe. Ich bin froh, dass wir diesen Plausch geführt haben, Celestine. Einen schönen Tag noch. Ich werde allen erzählen, dass du indisponiert bist.«
    Celeste seufzte, denn sie spürte, dass sie nie wieder darüber reden würden. Harriet schämte sich, weil ihre eigene, so lange geheimgehaltene Demütigung ans Tageslicht gekommen war. Wenn sie doch nur zusammenhielten, dann bestünde Hoffnung auf Versöhnung. Aber was bilde ich mir da nur ein?, fragte sich Celeste. Ich kann sagen, was ich will, Grover wird sich nicht ändern. Aber mein Handeln wird ihn vielleicht zum

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