Schiffbruch und Glücksfall
Kelda.«
»Wenn du etwas zu dem Schiffbruch herausgefunden hast, sag mir Bescheid. Hast du meine Nummer?«
Schief lächelte er. »Klar.«
Als er die Tür seines staubigen Offroaders öffnete, stellte sich Kelda auf die Zehenspitzen und gab ihm ein schnelles Küsschen.
Er zuckte zurück.
»Nicht, Kelda.«
Fluchtartig schwang er sich in den Wagen, schlug die Tür zu und fuhr los.
Einen halben Kilometer weiter hielt er am Straßenrand und schlug mit den Fäusten auf das Lenkrad.
Gott, was war er für ein Idiot!
Das Grab der Schiffbrüchigen
»Sie tragen dein schauriges Fundstück heute Nachmittag zu Grabe«, erklärte Marie-Claude am nächsten Morgen, als Kelda sich zum Frühstück in der Küche einfand. »Du solltest hingehen. Immerhin hast du eine heiße Nacht mit ihm verbracht.«
»Ich habe aber nichts Beerdigungstaugliches anzuziehen.« Ihre Freundin musterte sie kritisch. »Einen Beerdigungshut kann ich dir leihen, meine Kleider würden eher putzig an dir aussehen.«
Kelda war einen Kopf größer als sie und ziemlich schlank, Marie-Claude hingegen wies deutliche Rundungen auf. Putzig war wohl der richtige Ausdruck.
»Hast du etwas Schwarzes dabei, das wir irgendwie herrichten können?«
»Meinen Neoprenanzug.«
»Scharf!«
»Ja, vor allem mit einem Schleierhütchen dazu. Ich fahre ins Dorf, mal sehen, was ich bekommen kann.«
»Oh, gut. Dann bringst du bitte auch gleich Katzenfutter mit. Und Waschmittel brauche ich auch. Ich gebe dir eine Liste.«
»Ist in Ordnung.«
Mit einem halben Meter vollgeschriebenem Papier machte Kelda sich also auf nach Plouescat, wo nicht nur ein gut sortierter Supermarkt am Ortsrand vorhanden war, sondern auch einige kleine Boutiquen im Örtchen selbst zum Einkaufen einluden. Sie fand recht schnell ein brauchbares schwarzes, ärmelloses Kleid, nicht sonderlich ausgefallen,aber zusammen mit dem langärmeligen Wickeljäckchen kirchengeeignet. Dann parkte sie vor dem Intermarché, zerrte einen Einkaufswagen aus der angeketteten Reihe und machte sich daran, Marie-Claudes Wünsche zu erfüllen. Putz- und Waschmittel, Küchenpapier, Glühbirnen hatte sie bereits eingesammelt und spürte gerade das Regal mit dem Katzenfutter auf, als sie eine bekannte Stimme rief.
»Kelda, gut, dass ich dich treffe. Kelda, du musst mir helfen!«
Matt, in Begleitung eines der Surf-Groupies, stürmte auf sie zu.
Sie blieb stehen und antwortete kühl: »Wobei muss ich dir helfen? Gewöhnlich bist du doch gut darin, dir deine Konservendosen selbst auszusuchen.«
»Darum geht es nicht. Kelda. Die haben uns heute Morgen von unserem Platz vertrieben. Du musst diesen Trotteln erklären, dass wir keinen Schaden angerichtet haben.«
»Welchen Trotteln?«
»Denen von der Gendarmerie. Die tun so, als ob sie mich nicht verstehen.«
»Vielleicht solltest du Französisch mit ihnen sprechen?«
»Mann, du weißt doch ganz genau, dass ich das nicht kann.«
»Tja, vielleicht ist deine Begleiterin ja der Sprache mächtig?«
Das Mädel hatte sich etwas in den Hintergrund verdrückt. So ganz geheuer war ihr der Auftritt wohl nicht.
»Sie kann auch nur ein paar Brocken.«
»Dann soll sie mit den Wimpern klimpern und mit den Hüften wackeln, das beherrscht sie ja. Ich habe allerdings keine Zeit, für dich die Kartoffeln aus dem Feuer zu holen.«
»Aber wieso nicht? Du hast doch Zeit. Oder machst du weiter Sklavendienst in dieser Kaschemme.«
»Ich wohne bei meiner Freundin, Matt. Ich helfe ihr.«
»Und mir nicht mehr. So ist das also. Und was soll ich jetzt machen?«
»Es gibt genügend Campingplätze hier.«
»Mann, die kosten Geld.«
»Richtig, dafür haben sie auch Duschen und Toiletten.«
»Das kann ich mir nicht leisten, das weißt du doch.«
»Du könntest allmählich mal anfangen, dein eigenes Geld zu verdienen, Matt, dann kannst du auch die Miete für einen Stellplatz bezahlen.«
»Gott, bist du ätzend. Das war wohl dein Kumpel, der uns verpfiffen hat, was?«
»Keine Ahnung. Aber das Wohnmobil steht in einem Naturschutzgebiet, daran werden sich auch andere schon gestört haben. Ich habe dir gleich gesagt, dass das nicht in Ordnung ist.«
»Mann, bist du spießig geworden.«
»Nicht spießig, Matt. Aber mit den Jahren vielleicht einsichtiger. So, und jetzt muss ich meine Einkäufe erledigen.«
Kelda wollte sich umdrehen, um das Katzenfutter aus dem Regal zu holen, als er sie grob an der Schulter packte.
»Jetzt hör mir mal gut zu, Kelda!«
»Lass mich los, Matt!«, sagte sie
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