Schiffe versenken
dem Kopf, während er zu den Dreien hinüberstarrte. Sie waren nicht weiter entfernt, als er spucken konnte, schauten aber glücklicherweise in die entgegengesetzte Richtung. Kaum war sein Mund über Wasser, holte Hamnet hektisch Luft und tauchte wieder ab. Jeder Zentimeter seiner Haut zitterte in Erwartung einer Kugel. Ihm war klar, dass er unten bleiben musste, bis sie verschwunden waren oder er ertrunken, aber er konnte sich nicht unter Kontrolle haben, bis er ohnmächtig wurde. Während er bereits erwog, sich mit seinem Gürtel an einer Mangrovenwurzel festzuschnallen, wirbelte das Wasser in zehn Meter Entfernung plötzlich auf. Sie hatten den Motor angeworfen, und die Heckwelle zog bereits in einem Bogen von ihm weg in die Dunkelheit hinaus. Jetzt brauchte er nur noch wenige Sekunden durchzuhalten.
Er zwang sich, bis zehn zu zählen und tauchte dann auf. Oben spähte er vorsichtig in die Runde, Mund und Nase blieben noch im Wasser verborgen. Alles war in Ordnung. Das Boot war schon fünfzig Meter weit weg, und die drei starrten nach vorne. Hamnet schob Mund und Nase aus dem Wasser und gönnte sich einen tiefen Atemzug ähnlich dem eines Rauchers bei der ersten Zigarette des Tages. Langsam erholte sich sein Körper, der Sauerstoff belebte den Blutkreislauf, obwohl eine nervöse Spannung blieb. Hamnet sah bewegungslos zu, wie das Boot hinter einer Biegung der Küste verschwand. Dann zog er sich Stück für Stück, immer noch halb unter Wasser, in das Mangrovendickicht hinein.
Er kämpfte sich so lange auf seinem Weg zum Fluss voran, bis er fast das Ufer erreicht hatte und auf eine hundert Meter weite, braune Wasserfläche hinausschauen konnte. Linker Hand verschwand der Fluss hinter einer Biegung. Rechts lief das Ufer in einer Landspitze aus, die in die Malakkastraße mündete. Am Ende sah er wieder sein gesunkenes Schiff, das immer noch stumm und leblos dalag. Hamnet fluchte – sie hatten es nur knapp verfehlt. Doch das gegenüberliegende Ufer war für ihn im Moment weit interessanter. Es war von einem Wald bedeckt, lief scharf nach Westen und bot ihm einen Blick auf die Wasserstraße. Schluss mit den gottverlassenen Mangroven! Dort würde er bei guter Deckung schnell vorwärts kommen. Wie schnell konnte er hundert Meter schwimmend zurücklegen? In ein paar Minuten? Es war eine lange Strecke übers offene Wasser, aber es war das Risiko wert.
Hamnet blieb stehen und horchte. Vom Motor des Bootes war nichts mehr zu hören. Er zog seine Schuhe aus, band sie an den Schnürsenkeln zusammen und hängte sie sich um den Hals. Dann kämpfte er sich durch die Mangroven bis ins tiefere Wasser vor und schwamm mit mächtigen Zügen los. Brustschwimmen hatte den Vorteil, dass er gleichzeitig alles hören konnte, doch bald hatte er gewaltig mit den Wassermassen zu kämpfen, die in der vergangenen Nacht mit dem Regen den Fluss heruntergekommen waren, und die Strömung riss ihn in Richtung Malakkastraße mit. Er musste ständig seinen Kurs korrigieren, indem er zwei Bäume am Ufer anpeilte. Er lauschte einen Augenblick und schwamm dann weiter, immer in der Hoffnung, dass ihm das Glück treu blieb.
Irgendwann bekam er Grund unter die Füße, robbte auf dem Bauch durch den Schlick auf den Wald zu und ließ sich erst fallen, als die Bäume ihm Deckung gaben.
Er nahm das Schiff weitere fünfzehn Minuten lang scharf ins Visier und versuchte dabei, die Zeit zu nutzen, um seine Energien zurückzugewinnen. Als alles ruhig blieb, setzte er seinen Weg nach Westen Richtung Malakkastraße fort, wobei er sich stets gut hundert Meter vom Strand entfernt hielt. Obwohl er auch hier immer wieder durch Morast waten musste, kam er jetzt viel schneller voran als in den Mangrovensümpfen. Außerdem schützten ihn die Bäume vor der gnadenlosen Sonne.
Zunächst bewegte er sich nur äußerst vorsichtig, achtete mehr auf eine gute Deckung als auf einen gut begehbaren Weg. Aber nach ein paar Stunden ließen Erschöpfung und Durst die Vorsichtsmaßnahmen zu einem Luxus werden, den er sich nicht mehr leisten konnte. Geschwächt und verletzt änderte er die Prioritäten. Er brauchte Wasser, nur das allein zählte. Aber es gab kein Trinkwasser – und unaufhaltsam wurde er Opfer der körperlichen Austrocknung. Das Licht wurde weicher, die Schatten wurden länger, er stolperte durchs Unterholz, torkelte gegen einen Baum, klammerte sich daran und brach zusammen.
Ein gewaltiger Muskelkater quälte ihn mit tausend Nadeln. In seinem Kopf hämmerte der
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