Schiffe versenken
Holzhütten mit Dächern aus Palmwedeln unter den Bäumen versteckten, Fischerboote davor lagen, Netze zum Trocknen aufgespannt waren und Rauchschwaden sanft durch die frische Morgenluft zum Wasser hinunterzogen. Sonst rührte sich nichts.
Hamnet ging zum Strand und fand die Bar »Zum lächelnden Buddha«: eine Bretterbude mit offener Küche. Als ihm der Geruch des Essens in die Nase zog, überfiel ihn ein gewaltiger Heißhunger. Das junge japanische Pärchen, das am vordersten Tischchen saß, ließ sich durch seine Ankunft nicht stören, und die junge Frau kicherte laut, als er ganz hinten auf einem knarzenden Stuhl Platz nahm. Auf der Karte standen fast nur Fisch und Reis. Er bestellte eine Portion »gebraten« und eine Kanne schwarzen Kaffee; bei einem Jungen, dessen Augen wie Ölseen schimmerten. Selbst in Anbetracht seines enormen Appetits schmeckte das Essen so gut, wie gebratener Reis und Fisch nur schmecken können. Als er die zweite Kanne Kaffee halb geschafft hatte, tauchte Dubre in der Türöffnung auf.
Hamnet beobachtete ihn, wie er zu seinem Tisch kam und dabei über das nicht vorhandene Haar auf seinem Kopf strich, eine Geste, die Hamnet gut kannte. Und nicht zum ersten Mal fragte er sich, welche Farbe Dubres jetzt graue Haarstoppeln wohl vorher gehabt und wie sie mit den verblüffend grünen Augen harmoniert hatten. Er kickte für ihn den Stuhl, der ihm direkt gegenüberstand, vom Tisch weg und sagte: »Danke. Ich glaube, das habe ich noch nicht erwähnt.«
»Stets zu Diensten, alter Freund. Obwohl ich zugeben muss, dass mich die Tatsache, dass jemand auf uns geschossen hat, leicht irritiert.« Er zögerte und schaute Hamnet abwägend an. »Du siehst beschissen aus.« Damit setzte er den Leinensack, den er bei sich trug, neben dem Tisch ab. »Da drin ist alles, was du brauchst. Ein Erste-Hilfe-Set sozusagen, ein paar Klamotten und Geld.« Er schob sich mit seinem dicken Bauch im Stuhl hoch. »Und jetzt bist du an der Reihe, mein Bester. Was zum Teufel ist los? Wo ist Anna? Und wer verdammt hat auf uns geschossen?« Und dann schob er noch hinterher: »Die Reihenfolge steht dir frei.«
Hamnet knetete an seiner Nase herum und fuhr sich mit den Händen übers Gesicht, dann sagte er: »Die Polizei von Bangka hat geschossen. Ich habe ein paar Kids die Klamotten gestohlen, und sie haben mich in einem Restaurant entdeckt.«
»Und man hat wegen einer Jeans auf uns geballert? Indonesien hat nicht viel für die Menschenrechte übrig, aber ich glaube, das ist selbst für hiesige Verhältnisse ungewöhnlich.«
»Vielleicht haben sie mich mit der Shawould in Verbindung gebracht. Was ich herausgefunden habe, wird jemanden eine Stange Geld kosten. Genug, um mich dafür umzubringen.«
Dubre griff nach der ramponierten Menükarte, während er sagte: »Apropos umbringen – irgendein Weißer hat einem Fischer vorletzte Nacht eins über den Schädel gezogen und das Boot gestohlen, das neben seinem Pfahlhaus in der Mündung des Upang hing. Sagt dir das was, Phil?« Er zog eindringlich die Augenbrauen hoch, während er noch die Frage nachschob, ob der gebratene Fisch zu empfehlen wäre.
Damit hatte er Hamnet kalt erwischt, der Dubres Blick auf sich fühlte und spürte, wie seine Kehle austrocknete. Der Schlag, mit dem er das Paddel auf den Kopf des Mannes niedergedroschen hatte, war ihm geradezu körperlich präsent. Ihm war klar, dass er hart zugeschlagen hatte, aber er hatte es bis jetzt verdrängt. Um eine harmlose Reaktion bemüht, schob er den leeren Teller weg und lehnte sich über den Tisch. »Jesus, natürlich nicht«, brachte er mit heiserer Stimme heraus. »Was ist passiert?«
Dubre schaute ihn fest an. »Der Kerl hat den Mann k.o. geschlagen und dann ertrinken lassen. Ich bin im Zusammenhang mit meinen Nachforschungen über die Shawould auf die Sache gestoßen, gestern, nachdem du angerufen hast. Der Polizist, mit dem ich gesprochen habe, erwähnte es so nebenbei – diese Woche sei ’ne Menge los, hat er gesagt. Aber die Behörden sehen keinen Zusammenhang.«
»Wo sollte da auch ein Zusammenhang sein?«, antwortete Hamnet.
»Ich kann nichts für dich tun, wenn du da irgendwie drinhängst, Phillip. Was immer hier vor sich geht, es ist eine völlig andere Chose als beim letzten Mal. Diesmal bist du nicht auf dich selbst gestellt, ein Mann gegen das Meer oder so was in der Art. Diesmal gilt es, die Regeln eines Landes zu beachten.«
Hamnet fühlte, wie er rot wurde. »Ich habe niemandem etwas
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