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Schiffsdiebe

Schiffsdiebe

Titel: Schiffsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Hannes; Bacigalupi Riffel
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einer Weile mit einem Topf voll Reis und Bohnen und, zu Nailers Überraschung, mit einer am Spieß gegrillten Taube zurück. Als er sie erstaunt ansah, sagte sie: » Andere Leute wollen auch nahe bei Gott und den Parzen sein. Sie haben gesehen, wie du aus dem Schiff rausgekommen bist. So ein Glück, das gibt’s doch gar nicht!«
    Er stellte keine Fragen mehr, sondern aß gierig, froh darüber, dass er am Leben war und zu essen hatte.
    Sie tranken und reichten die rostige Klinge herum, die ihn fast getötet hätte. Überlegten, ob er nicht einen Talisman daraus machen und ihn sich um den Hals hängen sollte. Der Alkohol wärmte ihn, und die Welt erschien ihm in einem völlig neuen Licht. Er lebte. Seine Haut kribbelte, so gut fühlte er sich. Sogar die Schmerzen in Rücken und Schultern, wo die Klinge ihn verletzt hatte, fühlten sich gut an. Nachdem er dem Tod so nahegekommen war, hatte sich seine ganze Wahrnehmung verändert. Er spannte die Schultern an, bewegte sie hin und her und genoss die Schmerzen.
    Pima musterte ihn über den Feuerschein hinweg. » Glaubst du, dass du morgen arbeiten kannst?«
    Nailer zwang sich zu einem Nicken. » Wir müssen ja nur Kabel abisolieren.«
    » Und wer wird unser neuer Spürhund?«, fragte Moon Girl.
    Pima zog eine Grimasse. » Ich dachte, Sloth wäre als Nächste an der Reihe. Jetzt brauchen wir jemand Neuen, der den Blutschwur ablegt.«
    » Wir haben ja gesehen, was das wert ist«, murrte Tick-tock.
    » Schon gut. Manche Leute halten trotzdem ihr Wort.«
    Sie starrten alle den Strand hinunter zu der Stelle, wo Sloth ausgestoßen worden war. Bald würde sie Hunger haben und jemanden brauchen, der sie beschützte. Der seine Beute mit ihr teilte und ihr den Rücken deckte, wenn sie nicht arbeiten konnte. Das Leben auf dem Strand war grausam, wenn man keiner Kolonne angehörte.
    Nailer starrte in das Lagerfeuer und dachte darüber nach, wie wechselhaft das Schicksal doch war. Sloth hatte eine Entscheidung gefällt, und schon stand ihre Zukunft fest. Jetzt blieben ihr nur noch wenige Möglichkeiten, und alle davon waren hässlich. Voller Blut und Schmerzen und Verzweiflung. Er trank einen weiteren Schluck aus der Flasche und fragte sich, ob er sie bemitleidete, obwohl sie ihm übel mitgespielt hatte.
    » Wie wäre es mit Teela«, schlug Pearly vor. » Sie ist klein.«
    » Sie hat einen Klumpfuß«, sagte Moon Girl. » Wie soll sie da schnell sein?«
    » Für ’nen Job in ’ner Leichten Kolonne würde sie sich schon beeilen.«
    » Das entscheide ich später«, sagte Pima. » Vielleicht heilen Nailers Verletzungen bald, und dann brauchen wir gar keinen neuen Spürhund.«
    Nailer lächelte säuerlich. » Oder vielleicht wirft Bapi mich raus und verkauft meinen Job. Dann bleibt uns überhaupt keine Wahl.«
    » Nicht über meinen Kopf hinweg.«
    Niemand erwiderte etwas. Der Abend war zu schön, um ihn mit bösen Spekulationen zu verderben. Bapi würde sowieso tun und lassen, was er wollte. In dieser Wunde mussten sie heute nicht mehr rühren.
    Pima schien ihre Zweifel zu spüren. » Ich habe schon mit Bapi geredet«, beharrte sie. » Nailer bekommt ein paar Tage frei. Auch wenn es Quote kostet. Sogar Bapi möchte gern etwas von dem Glück abhaben.«
    » Er ist nicht sauer, dass die anderen Kolonnen jetzt das Öl abzapfen werden?«, fragte Nailer.
    » Doch, schon. Aber mit dir zusammen sind auch die Kabel rausgekommen, das hat geholfen. Du hast Zeit, bis deine Verletzungen geheilt sind. Der Rostheilige ist mein Zeuge.«
    Das klang alles zu gut, um wahr zu sein. Nailer trank noch einen Schluck. Er hatte schon oft genug erlebt, wie sich die Versprechen der Erwachsenen als Wunschträume herausgestellt hatten, also erwartete er nicht zu viel. Morgen würde er arbeiten, und bald würde er sich auch wieder anderweitig nützlich machen müssen. Vorsichtig bewegte er seine Schultern – hoffentlich heilten sie bald! Es war ein Segen, dass er die nächsten Tage nur Kabel abisolieren musste. Wenn etwas an dieser ganzen Sache ein Glück war, dann das aufziehende Unwetter.
    Andererseits, ohne das Unwetter wäre er nicht zweimal an einem Tag in den Schacht gekrochen …
    Nailer trank einen weiteren Schluck und genoss die Aussicht über den Strand. Nachts konnte man den Ölteppich auf dem Meer nicht sehen. Nur das silberfarbene Licht des Mondes, das sich im Wasser spiegelte. Weit draußen leuchteten ein paar rote und grüne Punkte – die Positionslichter von Klippern, die den Golf

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