Schiffsdiebe
waren sie nur noch nutzlose Wracks, von denen Schmutz und Gift ins Wasser liefen. Schon damals, im Zeitalter der Beschleunigung, waren sie eine Gefahr für Mensch und Umwelt gewesen, und daran hatte sich nichts geändert.
Der Klipper dagegen war eine Maschine, die von Engeln gebaut worden war. Den Namen am Bug konnten sie beide nicht lesen, aber Pima erkannte eines der Wörter darunter.
» Er kommt aus Boston«, sagte sie.
» Woher weißt du das?«, fragte Nailer.
» Ich hab mal auf einem Frachter aus Boston gearbeitet, und da stand dasselbe Wort drauf. Auf jeder einzelnen Tür des Wracks, das wir da auseinandergenommen haben.«
» Daran kann ich mich nicht erinnern.«
» Das war vor deiner Zeit.« Sie hielt einen Moment inne. » Der erste Buchstabe ist ein › B‹, dann ist da noch ein › S‹, das aussieht wie eine Schlange, also ist es dasselbe Wort.«
» Was da wohl passiert ist?«
» War bestimmt der Sturm.«
» Das hätten die doch besser wissen müssen. Die haben doch Satellitenfunk auf diesen Schiffen. Wie große Augen unten an den Wolken. Die dürfte eigentlich nichts überraschen!«
Jetzt war es Pima, die Nailer überrascht ansah. » Woher willst du das wissen?«
» Erinnerst du dich noch an den alten Miles?«
» Ist der nicht gestorben?«
» Yeah. Hat sich eine Lungeninfektion geholt. Der hat früher auf verschiedenen Klippern in der Kombüse gearbeitet, bevor sie ihn rausgeworfen haben. Er wusste alles Mögliche darüber, wie Klipper funktionieren. Hat mir erzählt, die wären aus Spezialfasern, damit sie wie Öl über das Meer gleiten, und sie haben Computer, die sorgen dafür, dass sie nicht umkippen. Und sie messen die Geschwindigkeit von Wind und Wasser. Und er hat mir auf jeden Fall erzählt, dass sie Verbindung zu den Wettersatelliten haben, genau wie Lawson & Carlson, wenn ein Unwetter bevorsteht.«
» Vielleicht haben sie gedacht, sie wären schneller als der Sturm«, überlegte Pima laut.
Sie starrten das Wrack nachdenklich an. » Da gibt es eine Menge auszuschlachten«, sagte Nailer.
» Yeah.« Pima hielt inne. » Weißt du noch, was ich vor ein paar Tagen gesagt habe? Von wegen, dass man Glück und Verstand braucht?«
» Yeah.«
» Wie lange, meinst du, können wir das geheim halten?« Sie wies mit einer Kopfbewegung Richtung Strand. » Vor denen allen.«
» Vielleicht einen Tag oder zwei«, schätzte Nailer. » Wenn wir wirklich Glück haben. Dann kommt hier bestimmt jemand vorbei. Wenn nicht die Strandratten, dann ein Fischerboot oder ein Frachter.«
Pima presste die Lippen aufeinander. » Wir müssen das für uns beanspruchen!«
» Träum weiter.« Nailer betrachtete das gekenterte Schiff. » Wie sollen wir das denn geltend machen? Bestimmt sucht schon jemand danach. Irgendwelche Konzerngorillas. Lawson & Carlson werden ihren Anteil haben wollen, wenn es zur Verwertung freigegeben wird …«
» Und ob es das wird«, fiel ihm Pima ins Wort. » Schau es dir doch an. Das segelt nirgendwo mehr hin.«
Nailer schüttelte den Kopf. » Ich weiß trotzdem nicht, wie wir das für uns behalten sollen.«
» Meine Mutter«, schlug Pima vor. » Die könnte uns helfen.«
» Die muss doch arbeiten! Wenn die einfach so verschwindet, fällt das doch auf.« Nailer blickte zum Strand hinüber. » Wenn wir morgen nicht zur Arbeit erscheinen, werden sich die Leute genauso fragen, wo wir stecken.« Er massierte sich die schmerzende Schulter. » Wir brauchen Hilfe. Aber wen wir auch fragen – sobald sie von dem Schiff erfahren, nehmen sie es uns weg.«
Pima kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. » Ich weiß nicht mal, wie man Bergungsrechte anmeldet.«
» Glaub mir, so weit wird es nicht kommen.«
» Was ist mit Lucky Strike? Der hat doch Verträge mit den Vorarbeitern. Vielleicht kann er uns helfen. Und uns Lawson & Carlson vom Leib halten.«
» Der würde uns das Schiff genauso wegnehmen. Wie alle anderen auch.«
» Er verteilt doch auch Essen an die Leute«, gab Pima zu bedenken. » Das macht sonst keiner. Jeder, der zwei Freunde mitbringt, die für ihn bürgen, bekommt einen Vorschuss, bis wieder gearbeitet wird.«
» Für den sind wir doch nur Lausfresser! Meinst du, der will irgendwas von uns? Essen ist eine Sache …« Nailer starrte das Wrack wütend an. Wenn sie das für sich behalten könnten, wären sie reich! » Das ist doch Blödsinn. Wir tun so, als hätten wir das Kupfer schon im Sack. Dabei haben wir keine Ahnung, was da an Bord ist. Lass uns nachschauen,
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