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Schiffsdiebe

Schiffsdiebe

Titel: Schiffsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Hannes; Bacigalupi Riffel
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sich gerissen und zwei jungen Schiffsbrechern vor die Füße gespült hatte.
    Nailer ließ den Blick durch die Kabine schweifen. Sie war riesig. Auf dem Boden lag ein Bild des Mannes, nur dass er da eine weiße Jacke mit Streifen an den Ärmeln trug. Nailer griff nach der Fotografie und betrachtete sie nachdenklich. » Ich glaube, das war sein Schiff.«
    » Meinst du?«
    An der Wand hing ein altmodisches Fernglas neben mehreren gerahmten Blättern Papier mit Siegeln und Stempeln. Und noch eine Fotografie des Mannes, wie er mit Tressen auf den Schultern vor dem Klipper stand und lächelte. Nailer konnte nicht erkennen, ob es dasselbe Schiff war, aber es war offensichtlich, dass der Mann vor Stolz platzte. Nailer schaute zu der aufgedunsenen Leiche hinüber und biss sich auf die Unterlippe.
    Als würde sie ahnen, was er dachte, sah Pima ihn an. » Das ist Schicksal, Nailer. Die Parzen haben entschieden.« Sie öffnete eine Hand. Das Geld, das darin lag, würde sie eine Woche lang ernähren. Kupfermünzen und rote chinesische Scheine. » Und heute haben wir mal Glück.«
    » Yeah.« Nailer nickte. » Und morgen ist das Schicksal wieder gegen uns.«
    Der Kapitän hatte kein Glück gehabt. Weshalb Nailer und Pima jetzt in Geld schwammen. Ziemlich eigenartig, wenn man darüber nachdachte. Der Kapitän lag aufgedunsen da, sein Gesicht ganz blau und geschwollen, während ihm die Sonne die Haut verbrannte. Fliegen umsummten sein Gesicht: seine Lippen und Augen, das Blut auf seinem Kopf, den Riss in seinem Bauch. Ganze Wolken ließen sich auf ihm nieder, kaum hatte sich Pima von ihm entfernt.
    Nailer betrachtete noch immer staunend die Kabine. Messing an den Wänden – was es da alles zu holen gab! Es war ein Bonzenschiff, keine Frage. Die Kabine des Kapitäns war teuer eingerichtet, und obwohl das Schiff so groß wie ein Frachter war, machte es nicht den Eindruck, als würde darauf ernsthaft gearbeitet. Alles wirkte so nett, die Gänge waren mit Teppichen ausgelegt, die Vertäfelung mit Messing und Kupfer und kleinen Glaslampen verziert. Er und Pima durchsuchten eine Kabine nach der anderen. Sie entdeckten handgeschnitzte Möbel in den Kabinen und Salons, eine Bar mit kaputten Schnapsflaschen, Gemälde, die es von den Wänden gerissen hatte.
    Ganz unten, in den Maschinenräumen, wo mechanische Systeme das Schiff steuerten, fanden sie weitere Leichen.
    » Halbmenschen«, flüsterte Pima.
    Drei der Ungeheuer lagen da, aufgedunsen und ertrunken. Die Zungen hingen ihnen aus den mit spitzen Zähnen gespickten Mäulern, was ihre bestialischen Gesichtszüge noch bedrohlicher wirken ließ. Gelbe Hundeaugen starrten Pima und Nailer an und schimmerten stumpf in den wenigen Sonnenstrahlen, die bis hier hinunter drangen.
    » Die Leute müssen wirklich verdammt reich gewesen sein, wenn sie sich so viele Halbmenschen leisten konnten.«
    » Der da sieht aus wie du«, erwiderte Nailer. » Bist du sicher, dass du nicht deine Eizellen verkauft hast?«
    Pima prustete los vor Lachen und rammte ihm einen Ellenbogen in die Rippen. Aber nicht einmal sie schlug vor, in den Taschen der Kreaturen zu kramen. Irgendetwas an diesen gentechnisch konstruierten Kreaturen war ihnen unheimlich, also hielten sie sich lieber von ihnen fern.
    Nailer und Pima trennten sich, um das Schiff schneller durchsuchen zu können. Pima stieß auf einem der oberen Decks auf einen weiteren Toten; er war am Steuerrad festgebunden und ertrunken. So viele Leichen, dachte Nailer. Was mussten diese Leute doch für Idioten gewesen sein, bei einem solchen Unwetter auf hoher See zu bleiben! Er schob eine Tür auf und stieß einen überraschten Pfiff aus.
    Ein umgekippter Tisch, der gegen eine Wand geschleudert worden war, dunkles Holz so schwarz wie die Nacht. Überall Weingläser, Glasscherben …
    » Pima! Schau dir das an!«
    Sie kam herbeigerannt. Das Zimmer war voller Silber: silberne Kerzenständer, silbernes Besteck, silberne Servierteller, silberne Schüsseln … ein richtiger Glückstreffer, und das alles gehörte ihnen.
    » Ich fass es nicht«, keuchte Pima.
    » Damit können wir uns alle freikaufen. Vielleicht sogar ne eigene Kolonne übernehmen. Vielleicht Bapis Posten.«
    » Los, schnell!«, sagte Pima. » Lass uns das alles rausholen, bevor noch jemand anderes aufkreuzt. Wir sind reich, Nailer!« Sie packte ihn, küsste ihn rechts und links auf die Wange und dann auf die Lippen. Als sie seine überraschte Miene sah, lachte sie laut. » Du bringst mir Glück! Wir sind

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