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Schiffsdiebe

Schiffsdiebe

Titel: Schiffsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Hannes; Bacigalupi Riffel
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gehen.« Gegen Pima hatte das Mädchen keine Chance.
    Nailer zog ihre Hand zu sich heran. Sie sträubte sich weiterhin, aber es half nichts, und bald drückte er die Klinge auf ihre Handfläche. » Schwöre es«, sagte er lächelnd und sah ihr in die Augen. » Schwöre, dass du nicht ohne uns von hier weggehst.«
    Der Atem des Mädchens ging schnell, und ihr Blick zuckte angstvoll zwischen ihm und dem Messer hin und her. » Ich schwöre es«, flüsterte sie. » Ich schwöre es.«
    Er musterte sie eingehend, suchte nach Anzeichen dafür, dass sie sie verraten und ihnen wie Sloth einen Dolch in den Rücken rammen würde. Schaute Pima fragend an. Sie nickte.
    » Anscheinend meint sie es ernst.«
    » Also gut.«
    Nailer zog die Klinge über die Handfläche. Blut quoll aus der Wunde, und die Hand des Mädchens zitterte. Zu seiner Überraschung gab sie keinen Laut von sich. Nailer schlitzte sich die eigene Handfläche auf und presste sie gegen ihre Hand.
    » Du und wir, Lucky Girl«, erklärte er. » Du blutest für mich, ich blute für dich.« Er sah ihr in die Augen.
    Pima rempelte sie an. » Na los!«
    Lucky Girl stotterte, wiederholte jedoch, was Nailer gesagt hatte. » Du blutest für mich, ich blute für dich.«
    Nailer nickte zufrieden. » Gut.«
    Er bog ihre Finger zurück und drückte den Daumen in die blutende Wunde. Sie keuchte auf, und er presste ihr den Daumen gegen die Stirn. Sie zuckte leicht zusammen, als er ihr das Blut zwischen die Augen schmierte – ein drittes Auge als Zeichen ihres gemeinsamen Schicksals.
    » Jetzt du«, sagte Pima. » Blut für Blut, Schätzchen. So läuft das bei uns. Blut für Blut.«
    Das Mädchen gehorchte. Mit starrer Miene fuhr sie ihm mit dem Daumen über die Handfläche und malte das Zeichen auf seine Stirn.
    » Gut.« Pima beugte sich vor. » Und jetzt ich.«
    Nachdem sie fertig waren, gingen sie zum Wasser hinunter und wuschen sich die Hände. Sie waren auf allen Seiten vom Meer umgeben, drei Menschen allein in der Finsternis, wie sie da zu ihrem Leuchtfeuer zurückkehrten. Nailers Schulter brannte, und er war müde. Das Mädchen ging voraus und keuchte schwer dabei – offenbar war sie nicht an solche Anstrengungen gewöhnt. Nailers Blick ruhte auf ihren schlanken Beinen, die sich unter ihrem Rock abzeichneten.
    Pima versetzte ihm einen Klaps. » Was denn? Glaubst du etwa, du hast eine Chance bei ihr, nachdem du ihr die Handfläche aufgeschlitzt hast?«
    Er grinste und hob betreten die Schultern. » Sie ist echt hübsch.«
    » Wahrscheinlich macht sie sich gerne zurecht«, stimmte Pima zu. Dann senkte sie die Stimme. » Glaubst du, dass sie es ehrlich meint?«
    Nailer hielt inne, ließ vorsichtig die Schultern kreisen und versuchte, die Schmerzen im Rücken zu verdrängen. » Sloth hat auch einen Schwur abgelegt, und das war kein Fitzelchen Rost wert. Das alles bekommt erst eine Bedeutung, wenn man zusammen auf demselben Schiff geschwitzt hat.« Er zuckte mit den Achseln und verzog vor Schmerzen das Gesicht. » Aber einen Versuch ist es immerhin wert, oder?«
    » Willst du wirklich abhauen?«
    Nailer nickte. » Yeah. Oder fällt dir etwas Besseres ein? Mir nicht. Wir müssen von hier verschwinden, oder wir sterben, so wie alle anderen auch. Selbst Lucky Strike hat in dem Sturm Federn gelassen. Und was hat es Bapi genutzt, dass er Kolonnenführer war? Jetzt ist er tot.«
    » Lucky Strike geht es verdammt gut.«
    » Klar.« Nailer spuckte aus. » Das sagt das Schwein im Stall, wenn sein Bruder zum Abendessen geschlachtet wird.« Er biss sich auf die Lippen. » Eingesperrt bist du trotzdem noch. Und sterben wirst du auch.«

1 1
    Als Nailer erwachte, stand die Sonne knapp über dem Horizont, und er genoss das Wissen, dass es noch eine Weile dauern würde, bis sie über die Sandbank ans Ufer zurückkehren konnten. An einem normalen Tag würde er längst wieder auf einem der Wracks schwitzen, tief in einem Schacht, die LED -Leuchtfarbe auf der Stirn wie ein Glücksmal, die Knie in Staub und Mäusedreck.
    Um ihn herum raschelten Farnsträucher und verkümmerte Zypressen, und die ganze Insel schien ein Meer aus Licht und Schatten. Stimmen rissen ihn aus seinen Gedanken.
    » Nein, nicht alles Holz auf einmal. Langsam, verdammt noch mal!«
    Pimas Stimme. Lucky Girl erwiderte etwas, das Nailer nicht verstand, aber es klang so, als hätte sie keine Lust, sich von Pima herumkommandieren zu lassen.
    Er setzte sich auf und bereute es sofort. Seine ganze Schulter stand in Flammen, ein

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