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Schiffsdiebe

Schiffsdiebe

Titel: Schiffsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Hannes; Bacigalupi Riffel
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Luft gezuckt und Blut auf den Sand gespritzt. Nailer holte tief Luft und atmete langsam aus. » Ja, lass uns von hier verschwinden.«
    » Meint ihr wirklich, wir können uns verstecken?«, fragte Nita.
    » Hoffentlich«, sagte Nailer mit zusammengebissenen Zähnen, während sie ihm über die Reling halfen. » Wenn die uns kriegen …« Er schüttelte den Kopf.
    » Aber er ist doch dein Vater!«
    » Das bedeutet rein gar nichts, wenn er auf Slide ist«, erwiderte Pima.
    » Slide? Ist das eine Droge?«
    Pima warf Nailer einen kurzen Blick zu. » Crystal Slide. Kennst du das nicht?«
    Nita sah ihn verwirrt an.
    » Red Ripper?«, versuchte Pima ihr auf die Sprünge zu helfen.
    » Blutstein«, sagte Nailer. » Eisenhauch? Goldkröte? Splissbluter?«
    Nita stieß ein leises Keuchen aus. » Bluter?«
    Nailer zuckte mit den Achseln. » Schon möglich.«
    Nita sah sie bestürzt an. » Das ist doch das Zeug, das die Sturmratten nehmen! Die Sondereinsatzkommandos. Halbmenschen. Das ist für Tiere!« Sie stockte. » Ich meine …«
    » Tiere, was?« Nailer lächelte müde. » Das trifft es gut. Ein Haufen Tiere, die sich am Strand abrackern, damit Konzernbosse wie du zu ihrer Kohle kommen.«
    Nita hatte immerhin den Anstand, verlegen dreinzuschauen. Nailer stolperte ans Ufer und starrte den Hang hinauf zu der mit Gestrüpp überwucherten Hügelkuppe. Sofort wurde ihm schwindlig. Er streckte dem reichen Mädchen die Hand entgegen. » Hilf mir. Ich glaube nicht, dass ich das allein schaffe.«
    Der Aufstieg war ein Albtraum. Bis sie ihr behelfsmäßiges Lager erreicht hatten, waren Nailers Schmerzen fast unerträglich geworden. Er rollte sich auf dem Boden zusammen und schloss die Augen. Hundert Meter unter ihnen schimmerte der weiße Rumpf des Klippers durch das Laub. Freudenschreie hallten zu ihnen herauf. Männer und Frauen jubelten, während sie über das Wrack schwärmten. Sie lachten und riefen wild durcheinander. Nailer versuchte sich aufzusetzen, um einen Blick auf das Geschehen zu werfen, aber er fühlte sich zunehmend schlechter. Er hatte Schüttelfrost, und das, obwohl er in der prallen Sonne saß.
    » Mir ist entsetzlich kalt«, flüsterte er, und Nita deckte ihn vorsichtig zu. Trotzdem hatte er das Gefühl, Eiswasser fließe ihm durch die Adern. Er zitterte unkontrolliert. Schweiß lief ihm in die Augen, und seine Zähne klapperten.
    Pima stand neben ihm und schaute zu, wie Nailers Vater und seine Kumpane mit der wilden Anmut von Tigeraffen über das Wrack kletterten. » Wir sind so was von im Arsch«, murmelte sie.
    Nailer konnte kaum sprechen, so sehr klapperten ihm die Zähne. Er wollte Pima bitten, die andere Seite der Insel im Auge zu behalten – nicht dass ihnen von dort eine Überraschung drohte. Er wollte Nita Chaudhury anblaffen, sie möge verdammt noch mal den Kopf einziehen, denn die Erwachsenen da unten mochten zwar nicht allzu helle sein, aber gerissen waren sie, und bestimmt hatten sie bald genug herumgebrüllt und sich an den ganzen Reichtümern sattgesehen. Und dann würden sie sich in der Umgebung des Wracks umschauen, ob ihnen auch ja niemand ihre Beute streitig machte.
    Wenn sie doch nur an den Strand zurückgekehrt wären, bevor die Flut hereinkam. Es war dumm gewesen zu glauben, dass sie unbehelligt bleiben würden. Das Schiff war zu groß, um niemandem aufzufallen. Kleinen Möchtegernplünderern wie ihnen blieb nie viel Zeit, bevor die Meute herbeigeeilt kam und sich den Löwenanteil unter den Nagel riss. Und jetzt versteckten sie sich hier oben und schauten zu, wie die Kerle über den Klipper herfielen und lachend die Schnapsflaschen aufmachten, die sie in der Kombüse gefunden hatten. Sie schleuderten Silberteller aufs Deck und ließen feines Porzellan auf den Felsen zerschellen – Porzellan, von dem sogar er und Pima ahnten, dass es noch wertvoller war als das Silber. Andererseits, wenn man es nicht einschmelzen konnte, war es unter Schiffsbrechern keinen Meter Kupfer wert, vielleicht taten sie also gut daran, es zu zerschlagen, vielleicht sollten sie das ganze Schiff in Brand stecken, bis der Himmel schwarz war …
    Nailer zitterte. Allmählich verlor er den Verstand. Er musste sich hinlegen. Er war entsetzlich müde. Er musste sich hinlegen und ausruhen.
    » Du musst so schnell wie möglich zurück an den Strand«, flüsterte Pima.
    Nailer schüttelte den Kopf. » Nein. Dann kriegen sie Nita.«
    » Das ist mir egal. Soll sie sich doch irgendwo verstecken. Du brauchst Medikamente, und zwar

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