Schiffsdiebe
Halbmenschen, sterben mit ihrem Herrn. Das behaupten unsere jedenfalls immer. Dass sie sterben, wenn wir sterben, dass sie bereit sind, für uns zu sterben.«
» Manche von uns sind erstaunlich loyal.«
» Aber deine Gene …«
» Wenn Gene über das Schicksal entscheiden, hätte dich Nailer an seine Feinde verkaufen und das Geld für Rotbrand und Schnaps ausgeben müssen.«
» Das habe ich nicht gemeint!«
» Nein? Aber du stammst von den Patels ab, und deshalb bist du automatisch intelligent und zivilisiert, ja? Und Nailer ist der Sohn eines mustergültigen Mörders, und wir wissen alle, was das bedeutet.«
» Nein. Das habe ich überhaupt nicht gemeint!«
» Dann sei dir nicht so sicher, wozu wir in der Lage sind und wozu nicht.« Tools Blick durchbohrte sie. » Wir sind schneller, stärker und, was auch immer du glauben magst, klüger als unsere Herren. Hat das reiche Mädchen Angst, weil eine Kreatur wie ich frei herumläuft?«
Nita zuckte zusammen. » Wir behandeln deinesgleichen gut. Meine Familie …«
» Die Mühe könnt ihr euch sparen. Wir werden euch dienen, so oder so.« Tool wandte den Blick ab und watete weiter. Nita schwieg. Nailer mühte sich durch das Wasser und grübelte über den Konflikt zwischen den beiden nach.
» Tool?«, fragte Nailer. » Haben sie dich wirklich auf diese Weise abgerichtet? Haben sie dir einen Herrn aufgezwungen.«
» Sie haben es versucht, aber das ist ewig her.«
» Wer denn?«
Tool zuckte mit den Achseln. » Die sind längst tot. Das alles spielt keine Rolle mehr.« Er wies mit einer Kopfbewegung auf die Anlegeplätze. » Kommt dir einer der Klipper bekannt vor?«
Nita schaute zu den Schiffen hinüber, die an den schwimmenden Docks festgemacht hatten. » Nicht aus dieser Entfernung.«
Sie stapften weiter durch das flache Meer. In der tropischen Hitze tat das kühle Wasser gut, aber Nailer wurde allmählich müde. Es war ein weiter Weg.
Das Wasser wurde tiefer, und schließlich erreichten sie die schwimmenden Hafenanlagen, an denen sie sich hochziehen konnten. Nita wrang sich angewidert die brackige Brühe aus den Kleidern, während Nailer die Brise auf der nassen Haut genoss. Weit draußen glitten mehrere Klipper über den Ozean. Die ganze Welt lag vor ihnen ausgebreitet. Klipper und Frachter lagen still im Wasser. Die blauen Boote Englands, Nordchinas rote Flaggen. Nailer hatte sich viele der Flaggen eingeprägt, die er auf den alten Wracks am Strand gesehen hatte, und auf den Überresten der Schiffe waren die Farben der Nationen und Handelsflotten aufgemalt gewesen. Die Vielzahl von Schiffen hier repräsentierte die ganze Welt.
Ein kleines Patrouillenboot, das Biodiesel verbrannte und schwarzen Rauch ausstieß, fuhr zwischen den riesigen Segelschiffen umher und brachte Lotsen an Bord, die sie an ihre Anlegestellen dirigierten. Reiche Leute entstiegen den Schiffen und wurden mit Zubringerbooten flussaufwärts transportiert oder zu den Zuglinien, die landeinwärts führten. Zwei Halbmenschen bewachten eine schicke Jacht; sie starrten Tool herausfordernd an und ließen ein tiefes Grollen hören, als er vorbeilief. Überall rannten Kulis umher – schwarz, rosa, braun, blond, rothaarig, schwarzhaarig, klein und groß, alle mit Arbeitstattoos und Steuerabzeichen. Sie schleppten Kisten und Kästen auf die flachen Flöße, die in endloser Zahl zwischen der Stadt und den großen Schiffen hin und her segelten.
» Wir hätten einfach zusammen mit der Fracht reisen können«, murrte Nailer und wies mit einer Kopfbewegung auf einen Bahncontainer, der langsam auf einen Klipper zutrieb. Manche der Frachtbarken waren alte, heruntergekommene Segler, andere dagegen größer, wuchtiger. Sie hatten einen Kohlemotor, aber auch große, flossenartige Flügel, um sich den Wind nutzbar zu machen und die schwerfälligen Schiffe und ihre Ladung aus Nickel-, Kupfer-, Eisen- und Stahlschrott in Bewegung zu halten.
Das emsige Treiben war geradezu berauschend – hier war sogar mehr los als auf den Tankern am Bright Sands Beach. Nita reckte den Hals und blickte über die Menge hinweg. » Die Schiffe dort drüben«, sagte sie.
Ein Stück voraus lag eine Reihe von Klippern vor Anker. Ein Schoner, ein Katamaran und eine Yacht hatten auf der anderen Seite einer Brücke an einem separaten Dock festgemacht. Sie waren wunderschön, die schnellsten Schiffe auf dem weiten Meer, und waren mit Kanonen und kleinen Raketenwerfern ausgerüstet, um Piraten abzuwehren, tödlich bewaffnet und
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