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Schiffsdiebe

Schiffsdiebe

Titel: Schiffsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Hannes; Bacigalupi Riffel
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zerklüfteten Umrisse eines uralten Stadions zeigten sich zwischen den Hochhäusern von Orleans II – hier begann die alte Stadt, der Ballungsraum des untergegangenen Landstrichs.
    » Dumm«, murmelte Nailer. Tool beugte sich zu ihm herüber, um seine Stimme über dem Wind zu hören, und Nailer rief ihm ins Ohr: » Die waren wirklich dumm!«
    Tool zuckte die Achseln. » Niemand hat mit Hurrikanen der Kategorie sechs gerechnet. Damals waren die Stürme noch nicht so schlimm. Das Klima hat sich verändert. Und damit das Wetter . Sie waren nicht sehr vorausschauend.«
    Nailer versuchte sich das vorzustellen. Eine Zeit, in der noch niemand ahnen konnte, dass jeden Monat ein Hurrikan die Mississippi Alley hinaufgerast kommen und alles mit sich reißen würde, was nicht festgemacht war oder sich nicht unter der Erde befand.
    Der Zug flog über die Pfeiler auf das Handelszentrum zu, raste über brackiges Wasser, auf dem ausgelaufenes Altöl und Abfälle schwammen. Der Gestank von Chemikalien war allgegenwärtig. Sie glitten an schwimmenden Plattformen und Verladeschiffen vorbei. Riesige Container wurden mit Kränen auf Klipper gehoben, flache Flussboote mit Luxusgütern von jenseits des Ozeans beladen.
    Die Waggons rollten an Recyclinghöfen vorbei, wo schwitzende Männer und Frauen Schrott auf Handkarren stapelten, um sie zu den Wiegeplattformen zu schieben. Allmählich wurde der Zug langsamer. Die Gleise führten leicht abwärts zwischen Slums hindurch zu staubigen Güterbahnhöfen. Die Räder quietschten, und die Waggons erbebten – ein Brummen und Rasseln, das sich von vorne nach hinten über den ganzen Zug fortpflanzte.
    Tool berührte sie an der Schulter. » Wir müssen hier runter. Bald sind wir im Depot, und dann werden die Leute uns fragen, wer wir sind und was wir hier verloren haben.«
    Obwohl der Zug recht langsam fuhr, stürzten sie alle nach dem Sprung und mussten sich abrollen. Nailer stand auf und wischte sich den Staub aus den Augen. In vieler Hinsicht war es hier nicht anders als am Strand: Schrott und Abfälle, Ruß und öliger Schmutz, schiefe Hütten, aus denen hohläugige Menschen sie misstrauisch musterten.
    Nita schaute sich um. Es war offensichtlich, dass ihr die Gegend nicht gefiel. Aber auch Nailer war froh, dass Tool bei ihnen war und ihnen Schutz bot, während sie sich einen Weg durch den Slum suchten. Im Schatten lungerten ein paar Männer herum, doch Nailer konnte ihre Piercings und Tattoos nicht zuordnen. Sie ließen die drei Eindringlinge nicht aus den Augen. Nailer richteten sich die Nackenhaare auf. Er ließ unauffällig sein Messer in seine Hand gleiten und fragte sich, ob es wohl zu Blutvergießen kommen würde. Er spürte, wie die Männer sie einzuschätzen versuchten. Sie waren wie sein Vater. Müßig und wahrscheinlich auf Slide, gefährlich. Er roch Tee und Zucker. Frisch aufgebrühten Kaffee. Rote Bohnen und Geflügelreis. Sein Magen knurrte laut. Der süße Gestank verfaulender Bananen. Vor ihnen pinkelte ein Kind gegen eine Mauer und beobachtete mit ernstem Blick, wie sie vorbeischlichen.
    Schließlich gelangten sie auf eine Hauptstraße. Hier reihte sich ein Schrotthändler an den anderen, Männer und Frauen verkauften Werkzeug, Wellblech, Kabelrollen. Ein Fahrradkarren klapperte vorbei, hoch mit Altmetall beladen. Zinn, dachte Nailer und fragte sich, ob der Fahrer es gekauft hatte oder verkaufen wollte und wohin er es wohl brachte.
    » Und wohin jetzt?«, fragte Nailer.
    Nita runzelte die Stirn. » Wir müssen zum Hafen. Vielleicht hat eines der Schiffe meines Vaters angelegt.«
    » Und was dann?«, wollte Tool wissen.
    » Dann muss ich den Namen des Kapitäns herausfinden. Manchen von ihnen kann ich noch trauen.«
    » Bist du dir sicher?«
    Sie zögerte. » Bei ein paar …«
    Tool zeigte die Straße hinunter. » Die Klipper werden wohl da drüben sein.«
    Nita bedeutete Nailer und Tool, ihr zu folgen. Nailer warf Tool einen fragenden Blick zu, aber den großen Mann schien es nicht zu stören, dass er herumkommandiert wurde.
    Sie trotteten die breite Straße entlang. Hier roch es stark nach Salzwasser, nach Fäulnis und schwitzenden Menschen – noch stärker als am Strand. Und die Stadt war riesig. Sie liefen und liefen, und die Straßen und Hütten und Lagerhäuser wollten kein Ende nehmen. Männer und Frauen fuhren auf Rikschas und Fahrrädern einher. Sogar ein Auto mit Ölverbrenner glitt mit mahlendem Motor über das rissige Pflaster. Schließlich blieb das in der Hitze

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