Schiffsdiebe
Schiff geredet.« Er wies mit einer Kopfbewegung zu dem Klipper hinüber. » Wahrscheinlich hat er das da gemeint.«
» Nicht die Dauntless. Mein Vater hat sie Sung Kim Kai anvertraut. Einen besseren Kapitän hat er nicht. Sie ist ihm bedingungslos ergeben.«
» Vielleicht nicht mehr. Du weißt nicht, was passiert ist, seit du geflohen bist. Vielleicht hat jemand anderes sie übernommen.«
» Nein. Das ist unmöglich.«
» Sei nicht dumm!«, sagte Nailer. » Du weißt, dass ich recht habe. Mein Vater und die Dauntless tauchen gleichzeitig hier auf – was sagt uns das?«
» Es war nicht die Dauntless, die uns verfolgt hat«, erwiderte sie dickköpfig. » Das war die Pole Star. Zu Kapitän Sung habe ich Vertrauen.«
Nailer zögerte. » Dann lass uns besonders vorsichtig sein«, sagte er schließlich. » Wir gehen da nicht einfach an Bord und lassen uns fangen wie ein paar Langusten, die in den Topf springen. Mir kommt das einfach komisch vor, dass mein Vater und dein Schiff gleichzeitig hier auftauchen. Wahrscheinlich ist das eine Falle.« Wieder wollte er sie wegziehen. » Wir müssen erst mal irgendwo untertauchen. Das alles spielt keine Rolle, wenn sie uns dabei erwischen, wie wir uns hier streiten. Ich kann ja heute Nacht da rübergehen und mich umsehen.«
» Und wenn das Schiff vorher ablegt?«, wollte Nita wissen. » Was ist dann?«
» Dann ist es eben weg!«, erwiderte Nailer hitzig. » Besser als mit offenen Augen in unser Unglück zu rennen und dabei kassiert zu werden. Vielleicht kannst du es ja nicht erwarten, von denen erwischt zu werden, aber ich weiß nur zu gut, was mein Vater mit mir macht, wenn er mich in die Finger bekommt, und das will ich nicht riskieren. Das ist bestimmt nicht das letzte Schiff, aber es ist unsere letzte Chance, wenn wir es vermasseln.«
» Ist es denn so falsch, auf etwas zu hoffen, Nailer?«
» Nein. Aber ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen, als meinem Vater in die Arme zu laufen. Du vielleicht?«
Nita sah ihn wütend an, aber sie hatte offenbar begriffen, denn sie wirkte längst nicht mehr so aufgeregt wie eben noch. » Na gut«, sagte sie. » Verschwinden wir von hier.« Sie trug ihre Schüssel mit angeschlagenem Geschirr in die Garküche und kam kurz darauf wieder heraus.
» Die wollen mich nicht bezahlen, wenn ich nicht bis heute Abend da bleibe.«
» Das ist egal.« Nailer hatte Angst und konnte sich kaum noch beherrschen. » Wir müssen irgendwo untertauchen.«
Sie hasteten den Plankenweg entlang, glitten in das brackige Wasser und wateten hinaus, bis sie eine der alten Villen erreichten, von denen es hier nur so wimmelte. Das Erdgeschoss war vollkommen überflutet, und die Mauern wirkten wenig vertrauenserweckend, aber in den oberen Stockwerken hatten zahlreiche Leute Unterschlupf gesucht. Tool hatte die Bande, die sich dieses Haus unter den Nagel gerissen hatte, davon überzeugt, sie hier übernachten zu lassen. Er hatte sich für eines der oberen Zimmer entschieden, weil sie von dort aus die Stege und Schiffe im Auge behalten konnten. Solange sie unter Tools Schutz standen, würde sie hier niemand belästigen. Nita war so froh darüber gewesen, einen Platz zum Schlafen zu haben, dass sie sich kaum über die Schlangen, Kakerlaken und Tauben beschwerte, die sich ebenfalls hier breitgemacht hatten.
Gemeinsam kraxelten sie die knarrende Treppe hinauf, stiegen über eingebrochene oder verfaulte Stufen und suchten sich einen Weg zwischen den Löchern im Boden hindurch zu ihrem Zimmer. An einer Wand stand ein rostiges Federbett mit einer Matratze, aber sonst war das Zimmer leer.
Nita ging ans Fenster und starrte zu den Schiffen hinüber. Sie sah aus wie die kleinen Kinder, die vor den Garküchen herumhingen, in der Hoffnung, den ein oder anderen abgenagten Knochen zu ergattern. Halb verhungert. Sehnsüchtig auf etwas wartend, von dem sie nicht einmal wussten, was es war.
» Wenn das Schiff heute Abend noch da ist, statten wir ihm einen Besuch ab. Dann fallen wir auch nicht so auf, wenn wir ein wenig herumfragen. Vielleicht schickt uns ja auch jemand mit einer Nachricht zu deiner tüchtigen Kapitänin, wenn es sie denn gibt. Aber erst schauen wir uns um, ja? Man springt nicht in einen Teich, ohne sich vorher überzeugt zu haben, dass da keine Python lauert. Und wir werden ganz bestimmt nicht auf dieses Schiff gehen, ohne zu wissen, wie wir wieder runterkommen, wenn irgendwas nicht stimmt.«
Nita nickte widerwillig. Sie warteten ab, bis es draußen
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