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Schiffsmeldungen

Titel: Schiffsmeldungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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»haßte Kochen. Hat kaum gekocht.«
    Dachte an die paar Male, an denen er für sie Abendessen hergerichtet, seine blöden Kerzen aufgesteckt, die Servietten gefaltet hatte, als wären sie wichtig gewesen, gewartet und schließlich allein gegessen hatte, das Radio zur Unterhaltung. Und später aß er mit den Kindern, schaufelte Dosenspaghetti in sich hinein, kratzte Babynahrung von kleinen Kinnen.
    »Einmal hat sie mir zwei Eier geschenkt. Rohe Eier als Geschenk. «
    Er hatte ein Omelett daraus gemacht, sie damit gefüttert, als wäre sie ein noch nicht flügger Vogel. Und hatte die Schalen in einem Pappbecher oben auf dem Küchenschrank aufgehoben. Wo sie immer noch stehen mußten.
    »Sie muß doch ab und zu mal einen Toast gemacht haben.«
    »Sie war nicht viel daheim. Sie arbeitete – tagsüber. Und nachts und an den Wochenenden – da war sie wahrscheinlich mit ihren Liebhabern aus. Ich weiß, daß sie mit ihnen aus war.«
    »Liebhaber!«
    Er wollte es sagen. »Petal ging zu anderen Männern. Sie mochte andere Männer«, sagte Quoyle. »Und wie.« Unklar, ob er den Grad ihrer Zuneigung oder die Zahl der Männer meinte. Wavey wußte Bescheid, zischte durch die Zähne. Hatte sie nicht geahnt, daß da was faul war? So, wie Quoyle von seiner Liebe redete, aber nie von der Frau? Da konnte sie auch aus ihrem Geflecht von Geheimnissen eines heraus-holen.
    »Weißt du«, sagte sie. »Herold.« Dachte daran, wie Herold im Morgengrauen hereingestolpert kam, nach Zigaretten, Rum und fremdem Fleisch roch, nackt zwischen die sauberen Laken kam, das Schamhaar klebrig und verfilzt von seiner umtriebigen Nacht. »Is’ bloß Fotzensaft, Frau«, sagte er immer, »jetzt halt’s Maul.« Sie atmete aus, sagte wieder: »Herold.«
    »Hm«, machte Quoyle.
    »Herold«, sagte Wavey, »war ein Frauenheld. Er behandelte meinen Körper wie einen Trog. Nach ihnen zu mir, rein und los. Ich kam mir vor, als würde er Erbrochenes in mich kippen, wenn er zum Höhepunkt gekommen war. Und das hab’ ich nie jemandem erzählt außer dir.«
    Langes Schweigen. Quoyle räusperte sich. Konnte er sie ansehen? Fast.
    »Jetzt weiß ich was, was ich vor einem Jahr noch nicht wußte«, sagte Quoyle. »Petal hat nichts getaugt. Und vielleicht, denke ich, hab’ ich sie deswegen geliebt.«
    »Ja«, sagte Wavey. »Mit Herold war’s genauso. Es ist, als würde man spüren, daß man nichts Besseres verdient. Und je schlimmer es wird, um so wahrer scheint es, daß du’s dir selber eingebrockt hast, oder es wär’ nicht so. Weißt du, wie ich’s meine?«
    Quoyle nickte. Nickte immerfort und atmete pfeifend durch gespitzte Lippen, als würde er über etwas nachdenken. Während der stattliche Herold und die hinreißende Petal zwischen Rattenlöchern der Erinnerung hin und her huschten. So ähnlich.
     
    Quoyle konnte sich nicht an den Anblick Billy Fudges beim Stricken gewöhnen. Schlang sein Sandwich hinunter und zerrte seinen Strumpf heraus, hantierte eine halbe Stunde lang mit den Nadeln, so schnell wie die Tante. Kaum war er mit dem blauen Teil fertig, ging er zu weißer Wolle über, eine Art Jacke, schien es.
    Quoyle versuchte darüber zu witzeln. »Wenn du schreiben könntest, wie du strickst.« Benny sah auf, gekränkt.
    »Der kann noch mehr als Stricken. Benny war Champion im Netzeflicken. Er kennt die Nähnadel besser als seine Frau, stimmt’s nich’, Benny?« Billy zwinkerte Quoyle zu.
    »Auf andre Art«, antwortete Benny. Das schwarze Haar fiel ihm ins Gesicht, als er sich über seine Arbeit beugte.
    So schlecht sei seine Schreibe auch gar nicht, meinte Quoyle besänftigend. Billy nickte, immer noch beim Thema Stricker und geschäftige Hände.
    »Jack strickt immer noch ’n bißchen, natürlich nich’ mehr wie früher. Er war ’n guter Stricker. Aber er hatte nie die Hand dafür wie Benny. Benny is’ wie der Transportfahrer, weißt du, der, der ’nen Container-Lkw zwischen St. John’s und Montreal fuhr?«
    Quoyle dachte an Partridge. Er wollte ihn diesen Abend anrufen. Ihm was erzählen. Aber was? Daß er einen Kabeljau ausnehmen konnte, während er über Werbeanzeigen und Druckkosten redete? Daß er sich fragte, ob die Liebe auch andere Farben haben konnte außer dem tiefen Schwarz, wenn keine da war, und der roten Hitze der Besessenheit?
    »Der Fahrer bretterte immer schnurgerade durch Neuschottland und Neubraunschweig, hatte die Arme durchs Lenkrad gesteckt, strickte wie ’ne Maschine. Hatte ’nen ganzen Pullover gestrickt, bis er nach

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