Schiffsmeldungen
häutete auf dem Eis. Und das mußte richtig gemacht werden, oder es hatte überhaupt keinen Wert.
Überprüfte den Treibstoff. Und war draußen im Eis der Bucht, unterwegs zu dem Eis dahinter.
Bei Tageslicht kroch er auf dem Bauch auf einen Haufen Robben zu.
Schoß die ersten Sattelrobben vor acht Uhr. Jack blickte kurz auf ein gebrochenes Auge, berührte die nackte Pupille, drehte das fette Tier auf den Rücken und machte einen geraden Schnitt in der Mitte vom Maul zum Schwanz. Über sechzig Jahre Erfahrung auf den Robbenweiden. War früher mit einer ganzen Schar Leute draußen, nichts von wegen einsamer Trapper. Erinnerte sich an Harry Clews, einen berühmten Häuter, der die fettesten mit drei schnellen Messerschnitten abzog. Ach, was für einen fauligen Atem der Kerl gehabt hatte, drinnen hielt es keiner mit ihm aus. Die Frauen legten sich die Hand über die Nase. Wohnte auf seinem Boot, könnte man sagen. Ein hartes Leben, die Robbenjagd. Und am Ende wurde Harry Clews, ein Fachmann in einer bitteren Kunst, bei seiner Arbeit fotografiert, auf einen Buchumschlag geklatscht und auf der ganzen Welt geschmäht.
Er schob das Messer unter die Speckschicht und trennte die Flossenarterien durch, rollte die Robbe auf einer sauberen, schrägliegenden Eisscholle auf den aufgeschnittenen Bauch. Rauchte eine Zigarette, während er zusah, wie das Karmesinrot in den Schnee sickerte. Dachte, wo getötet wird, muß auch Blut fließen.
Jetzt schnitt er mit bloßen Händen den Pelz von dem Kadaver, hielt die Speckschicht gleich dick, schnitt die Flossen heraus und legte sie beiseite. Die Löcher waren klein und stimmten vollkommen überein. Er wusch den Pelz im Meer, denn das eisenreiche Blut hätte ihn fleckig und wertlos gemacht, legte ihn auf sauberen Schnee, die Haarseite nach unten, keine Kerbe und kein Kratzer darin, und wandte sich dem Kadaver zu.
Packte die Luftröhre und schnitt sie durch, schälte Lungen, Magen und Gedärme heraus, ließ die Membran dabei unversehrt, schnitt durch den Beckenknochen nach oben, arbeitete sich mit dem scharfen Messer vorsichtig um den After, ohne je den dünnen Darm zu ritzen. Dann zog er die ganze Masse unversehrt aus dem Kadaver. Kippte Eimer voll Meerwasser zum Kühlen und Waschen über das Fleisch. Eine Lache in der Körperhöhlung.
Er trug den Pelz ein paar Meter weiter zu einem sauberen Fleck, legte ihn mit der Haarseite nach oben, kehrte die Wassertropfen mit seinem Besen ab, rieb das Antigilbmittel in den Pelz und um die Ränder. Perfekt. Das ist sie, bei Gott, sagte er bei sich.
Eines Abends ging Wavey zur Essenszeit zum Haus der Burkes hinüber. Trug einen Korb, Herry schlenderte hinter ihr her, kratzte mit einem Stock über den Straßenrand. Das Meer noch hell unter den schillernden Blumenkohlwolken. Sie öffnete die Tür zur Küche der Burkes, ging hinein. Dort kochte Quoyle gerade Spaghettiwasser. Natürlich sei sie gelaufen, sagte sie. Im Korb hatte sie eine Robbenflossenpastete.
»Du hast gesagt, du hättest noch nie welche gegessen. Sie schmeckt gut. Vom Schulterstück, weißt du. Nicht wirklich von den Flossen. Von einer Robbe, die Ken gefangen hat. Seine letzte Robbe, sagt er. Er zieht bald nach Toronto.« Sie wollte nicht bleiben. Also stopfte Quoyle seine Kinder in ihre Jacken, ließ die Pastete ein paar Minuten lang auf dem Tisch stehen, um sie nach Hause zu fahren. Fuhr vor dem Lattenzaun vor. Ihre Hand auf dem Korbgriff, seine Hand auf ihrer. Die Hitze ihrer Hand hielt die ganze Strecke zurück zum Haus der Burkes vor.
Die Pastete hatte reichlich saftiges, dunkles Fleisch in schmackhafter Soße. Aber Sunshine aß nur die Kruste, sie wollte schleunigst zurück zu ihren Wachsmalstiften. Ein Punkt-kreuz auf einer Seite voller Wellenlinien. »Das ist Bunny«, sagte sie, »wie sie übers Wasser fliegt.« Und lachte, daß ihr Mund weit aufging, alle Zähnchen zu sehen waren.
In der Nacht aß Quoyle das ganze Ding auf und leckte die Form aus, eine Zunge wie ein Spüllappen. Stand noch mit der Backform in der Hand da, als die Tür aufging und Wavey hereinkam.
»Herry schläft bei Dad«, sagte sie. »Und ich schlafe hier.« Atemlos vom Rennen.
Echte Neufundländerküsse in jener Nacht, gewürzt mit Robbenflossenpastete.
Drei oder vier Tage später dachte er immer noch an die Robbenflossenpastete. Erinnerte sich an die beiden rohen Eier, die Petal ihm geschenkt hatte. Denen er eine so erbärmliche Bedeutung beigemessen hatte.
»Petal«, sagte Quoyle zu Wavey,
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