Schiffsmeldungen
Generationen von Quoyles auf der überfrorenen Einfahrt daherkommen. Der neue helmartige Haarschnitt der Tante aus St. John’s, Quoyles vorspringendes Kinn und dazwischen Bunny.
Mußte sich von der Tante eine Standpauke anhören. Aber Quoyle war derjenige, der die Sache bereinigte, alles in vernünftigem Ton erklärte, die Direktorin und Bunny zu gegenseitigen Entschuldigungen und Versprechungen überredete. Fiel der Direktorin ziemlich leicht, die wußte, daß Mrs. Lumbull nach Grand Falls ziehen wollte, um eine christliche Buch-handlung zu eröffnen. Fiel Bunny schwer, die das Leben noch nach dem kindlichen Maßstab von gerecht und ungerecht beurteilte.
Bestimmte Räder hatten sich gedreht, bestimmte Zacken ineinandergegriffen. Wie üblich ging Quoyle am Samstagnachmittag zu Alvin Yark, hatte Wavey und die Kinder dabei. Wavey drehte sich zum Rücksitz um. Blickte Bunny an, nicht wie Erwachsene Kinder anblicken, um Schuldbewußtsein oder Verständnis zu entdecken, Fingernägel, Reißverschlüsse und Mützen zu überprüfen, sondern wie ein Erwachsener einen anderen. Sagte einiges, ohne Worte. Nahm Bunnys Hand und drückte sie.
»Sehr erfreut, sehr erfreut«, sagte Herry, der Zusammenhänge stets mitbekam.
Auf dem Weg nach Nunny Bag Cove stellte sich im Auto eine Art inneres Gleichgewicht her, ein seltener Gefühlsgleichklang, der alle Insassen ergriff.
Wavey und ihre Tante Evvie knüpften einen Fußabstreifer mit einem dem Kalender entnommenen Seevögelmuster. Wavey arbeitete an dem Papageientaucher. Bunny ging mit ihrem Lesebuch zum Schaukelstuhl am Fenster. Wenn die Scheibe nicht vereist war, beobachtete von hier aus die Katze der Yarks Boote, als wären es Wasserratten. Sunshine und Herry schüttelten Spielzeug aus Herrys rotem Rucksack. Später zog es Sunshine zu den Frauen, den blitzenden Haken, die Wollschlingen hochzogen, Lummen und Dickmäuler kreierten. Sie atmete den zum Niesen reizenden Geruch der Rupfenunterlage. Wavey zwinkerte ihr zu. Sunshine kam näher, legte ihre Finger auf den Papageientaucher. Wollte es sehnlichst selbst probieren.
»So«, sagte Wavey und schloß die Hand über der des Kindes, führte den Haken um die helle Wolle. Bunny blätterte die Seiten um und striegelte die Katze mit ihrem bestrumpften Fuß. Sie sah auf.
»Petal war bei einem Autounfall in New York und kann nicht herkommen. Weil sie nicht mehr aufwachen kann. Ich könnte sie aufwecken, aber es ist zu weit. Darum fahre ich vielleicht hin, wenn ich erwachsen bin.«
Wie ist sie jetzt nur darauf gekommen, dachte Wavey.
In der Werkstatt haderte Yark. Der Schnee lag hoch, Stürme und Böen tobten noch, aber das Eis brach schon, die Robben zogen in die Buchten, Kabeljau und Tarbutt laichten, die Heringe waren unterwegs. Er spürte Wechsel und Leben, die alte jahreszeitlich bedingte Sehnsucht, hinauszukommen. Ein paar Robben zu erlegen. Oder auf Eisberge zu schießen. Jedenfalls in Bewegung zu kommen. Aber dafür waren seine Augen zu schwach, hatten vor zwanzig Jahren durch Schneeblindheit bei Helligkeit zu tränen angefangen, obwohl seine Frau ihm Teekompressen aufgelegt hatte. Der Grund, warum er jetzt in einer abgedunkelten Werkstatt arbeiten mußte.
In den vergangenen Wochen hatte er den Kiel auf Boden-blöcke gesetzt und eingekeilt, hatte das Rückgrat des Bootes gerade gehobelt, verzahnt und unverrückbar gesichert.
»Jetzt sieht’s allmählich nach was aus. Heut passen wir die Hauptplanken ein.«
Mit seinem verkratzten und abgewetzten Zollstock maß er entlang einer unsichtbaren Linie oben vom Steven weg, murmelte vor sich hin. Er berechnete den Mittelpunkt der Rumpf-länge und markierte den Kiel ein zweites Mal ein paar Zentimeter vor dem Mittelpunkt. Maß vom Achtersteven aus, um den Platz des Achterdecks zu bestimmen. Quoyle räumte Reihen von Meißeln und Sägen auf, spähte durch das staubbedeckte Fenster auf das Eis in der Bucht. Noch immer war das Abmessen nicht vorbei. Anhand von Regeln und Plänen, die er im Kopf hatte, berechnete Yark die Lage des unteren Rands der Spanten von der Plankengrundlinie aus.
»Laß mich die Säge da nehmen, Junge«, sagte der alte Mann. Seine Worte schienen aus einem Mundvoll Schnee zu kommen. Quoyle reichte ihm die Säge, den Meißel, die Säge, den Meißel, beugte sich über die Arbeit, um Yark dabei zuzusehen, wie er die Plankengrundlinie einkerbte, die die Spantenpaare aufnehmen sollte. Schließlich konnte er dabei helfen, die Planken anzusetzen, indem er sie
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