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Schiffsmeldungen

Titel: Schiffsmeldungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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finden. Bestimmt.
    Dennis in einem Halbkreis roher Stümpfe, und Quoyle mußte schreien, um das lärmende Eiern der Kettensäge zu übertönen. Er sagte, sein Haus sei verschwunden. Und schon waren sie unterwegs, suchten sich einen Weg durch einbrechende Verwehungen, an der Abbiegung nach Capsize Cove vorbei. Der Kies schien durch. An der Handschuhfabrik vorbei. Die Unglückshäher waren jedenfalls da. Geruch von Harz und Abgasen. Plätschern von Schmelzwasser.
    Der große Felsen stand nackt da. Die Bolzen steckten fest im Stein, eine Trossenschlinge kringelte sich wie eine Taurolle. Und sonst nichts. Denn das Haus der Quoyles war verschwunden, hochgehoben vom Wind, den Felsen hinab ins Meer gestürzt mit einer Kielwelle aus Glas und Schneekristallen.
     
    »Unsere ganze Arbeit und unser ganzes Geld einfach so weg? Steht vierzig Jahre lang leer und ist dann in einem Augenblick weg! Gerade, als wir’s hergerichtet hatten.« Die Tante in ihrer Werkstatt, in ein Taschentuch schniefend. Schweigen. »Was ist mit dem Außenklo?«
    Er traute seinen Ohren kaum. Das Haus war weg, und die Tante fragte nach dem Scheißhaus.
    »Ist mir nicht aufgefallen, Tante. Aber ich hab’ auch nicht besonders danach gesucht. Der Steg ist noch da. Wir könnten da draußen ein kleines Lager errichten, für schöne Wochenenden und den Sommer, weißt du. Ich habe mir überlegt, daß wir das Haus der Burkes kaufen könnten. Es ist ein schönes Haus und bequem. Es ist groß genug. Neun Zimmer, Tante.«
    »Ich komm’ drüber weg«, sagte sie. »Darin war ich immer gut. Über was wegzukommen.«
    »Ich weiß«, sagte er. »Ich weiß von ein paar Dingen, über die du weggekommen bist.«
    »Oh, mein Junge, wenn du auch nur einen Schimmer hättest. « Schüttelte den Kopf, das steife Lächeln.
    Das manchmal ärgerlich war. Quoyle platzte heraus: »Ich weiß, was mein Vater gemacht hat. Mit dir. Als ihr Kinder wart. Der alte Onkel hat’s mir erzählt, der alte Nolan Quoyle.«
    Er wußte es. Die Tante holte tief Luft. Das Geheimnis ihres ganzen Lebens.
    Wußte nicht, was sie sagen sollte, und lachte. Oder so ähnlich. Dann schluchzte sie in ihre Hände, während der Neffe sagte: Na, na, ihr die Schulter tätschelte, als wäre sie Bunny oder Sunshine. Und Quoyle war derjenige, der an eine Tasse Tee dachte. Hätte seinen Mund halten sollen.
    Sie richtete sich auf, die geschäftigen Hände wiederbelebt. Tat so, als hätte er nie etwas gesagt. Sprudelte bereits Ideen hervor, wie Jack Fische aufspießte.
    »Wir bauen uns was Neues. Wie du gesagt hast, was für den Sommer. Den Rest des Jahres würde ich genauso gern in der Stadt wohnen. Eigentlich hatte ich schon daran gedacht.«
    »Erst müssen wir an Geld kommen. Ehe wir was draußen auf der Landzunge bauen können. Und ich weiß nicht, wieviel ich reinstecken kann. Ich glaube, ich möchte das Burke-Haus kaufen.«
    »Also«, sagte die Tante, »das Geld, um draußen auf der Landzunge neu zu bauen, ist kein Problem. Wir haben ja die Versicherung.«
    »Du hast das grüne Haus versichern lassen?« Quoyle ungläubig. Er hatte keinen Sinn für Versicherungen.
    »Natürlich. Das war das erste, als wir letztes Jahr hierher-zogen. Feuer, Überschwemmung, Eis, höhere Gewalt. Das war höhere Gewalt, wenn ich je welche erlebt habe. Wenn ich du wäre, würde ich die Burkes nach dem Haus fragen. Das Haus ist richtig geräumig für dich. Die Kinder und alles. Denn ich nehme doch an, daß du und Wavey soweit seid. Obwohl du nichts gesagt hast.«
    Quoyle nickte fast. Senkte sein Kinn. Dachte nach, während die Tante redete.
    »Aber ich habe andere Pläne.« Dachte sich einiges davon beim Reden aus. Konnte jetzt nicht mehr mit dem Neffen zusammenleben. Der wußte, was er wußte.
    »Ich hab’ mir über das Gebäude Gedanken gemacht, wo meine Werkstatt ist. Ich hab’ mir überlegt, es zu kaufen. Krieg’ es für ’nen Apfel und ’n Ei. Ich brauch’ mehr Arbeitsfläche. Und oben ist es hübsch und gemütlich mit Blick auf den Hafen. Könnte eine schöne Wohnung abgeben. Und ich würde auch nicht allein einziehen. Mavis – Mavis Bangs, du kennst Mavis – will als Partnerin ins Geschäft einsteigen. Sie hat ein bißchen Geld beiseite gelegt. Ach, wir haben den ganzen Winter lang über nichts anderes geredet. Und es ist ja auch sinnvoll, wenn wir beide über der Werkstatt wohnen. Also das machen wir, denke ich. Auf gewisse Weise ist es ein Segen, daß das alte Haus weg ist.«
    Wie üblich war die Tante weit voraus und

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