Schillerhoehe
Gemüse, noch mehr Mineralwasser – und gelegentlich ein wenig Pasta ohne Soße.
»Natürlich füllst du den Kühlschrank, mein Schatz. Aber sag mal, was hältst du davon, uns heute Abend ein paar schöne Gemüsebratlinge zu bereiten?« Struve spielte auf ein Rezept an, das Marie vor eini gen Wochen der Frauenzeitschrift Dörte entnommen hatte. Das vegetarische Gericht fand er ausnahms weise wirklich gelungen. »Das wäre eine tolle Sache, die sind dir neulich schon so prima geglückt.« Mit diesem Kompliment hoffte er, auch an seine Bratkar toffeln zu kommen.
»Und dazu solls dann deine Kartoffeln geben?«
Marie hatte den Braten also gerochen. Er beschloss, diplomatisch vorzugehen. Wenn man von Schiller etwas lernen konnte, war es bestimmt seine offene und ehrli che Art. »Na ja, eigentlich sollte es die ja schon heute Mittag geben. Aber ich musste plötzlich zu einem Fall hier in Marbach.« Er informierte sie kurz über den Mord im Literaturarchiv. Er würde noch eine Weile unterwegs sein. »Vielleicht bin ich um 19 Uhr bei dir, du weißt ja, ich mag sie schön kross.«
Er hörte seine Frau seufzen. »Ach, dann wirds sicher
20 Uhr oder später. Hol dir doch lieber einen Döner. Ich gehe heute Abend ins SommerKino. Auf dem Erd mannhäuser Schulhof zeigen sie Schiller in der Fassung von Martin Weinhart.«
Für einen Moment dachte Peter Struve daran, mit ins Kino zu gehen. Die Filmnächte des Kinovereins began nen erst um 21 Uhr. Er hatte sich im Schillerjahr 2005 zum 200. Todestag des Dichters am 9. Mai eine Biografie gekauft, sie aber bis jetzt noch nicht gelesen. Jetzt näherte sich das Schillerjahr 2009 anlässlich des 250. Geburts tages am 10. November. Den Film des renommierten Martin Weinhart zu sehen, stand auf seiner kulturellen TodoListe ziemlich weit oben. Jetzt könnte er aus dem cineastischen Vergnügen sogar einen dienstlichen Nut zen ziehen. Sein Instinkt warnte ihn jedoch davor, sich an diesem Abend zu verpflichten. Er wollte sich statt dessen um Dollinger kümmern. Struve fragte sich außer dem, wer der Mann war, der mit Dollinger am Tatort erschienen war. Er hatte sich den Namen Utz Selldorf notiert. Der war mit einem fetten MercedesCabriolet gekommen und passte mit seinem solargebräunten Out fit nicht so recht zur vornehmen Blässe der Literatur forscher in Marbach. Struve hatte Littmann gebeten, seine Vorgeschichte zu durchleuchten. Hoffentlich war der Kollege in die Puschen gekommen. Struve brauchte spätestens morgen die Informationen.
»Wer geht mit dir ins Kino?«
»Rudi und Heidi, sie lassen dich grüßen.«
»Sag ihnen, ich wäre gerne mit von der Partie, aber ich müsste noch jemanden beschatten. Geht ihr danach noch irgendwohin?«
»Wir wollen in Erdmannhausen noch einen Wein beim Griechen in der ›Sonne‹ trinken.«
»Vielleicht schaff ichs auch noch dorthin.«
Struve hatte gerade aufgelegt, da kam Melanie Förs ter zum Wagen. Sie hatte beim Bäcker im Erdgeschoss zwei Butterbrezeln geholt und bot ihrem Kollegen eine davon an. Struve biss herzhaft in die Brezel und fuhr aus dem Parkhaus in Richtung Schillerhöhe.
»Übernimmt das Landeskriminalamt auch Flugkos ten oder muss ich nach Berlin die Bahn nehmen?« Mela nie Förster fragte ganz selbstverständlich.
Struve starrte sie mit vollem Mund an.
»Wie bitte?« Er würgte den ersten Bissen hastig hin unter. »Wie kommen Sie darauf, nach Berlin zu fah ren?«
Die gute Laune von Melanie Förster verflog. Auch sie blickte ihn fassungslos an. »Na, die Infos über die Scharfs und ihren DDRKlüngel finde ich nur in Ber lin bei der BirthlerBehörde, wo sonst?«
Struve, immer noch mit starrem Blick, setzte ein gekünsteltes Lächeln auf. Freundlich, aber bestimmt bedeutete er ihr, dass aus dem BerlinTrip nichts werde. »Da haben wir uns missverstanden. Die Kollegen in Berlin arbeiten uns zu. Die befragen auch die Nachbarn, Geschäftspartner und so weiter. Na, und Ihre Aufgabe, Frau Förster, besteht darin, sich von hier aus die Infor mationen über Dietmar Scharfs Umfeld in der ehema ligen DDR zu beschaffen und zu sichten.« Struve fuhr rechts ran und schaute sie an. »Ich kann Sie jetzt vor Ort nicht entbehren.«
»Jetzt hören Sie aber auf, das klang vorhin ganz anders«, schimpfte Melanie Förster und knüllte wütend ihre Bäckertüte zusammen. »Verarschen kann ich mich auch selbst.«
»Bitte,
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