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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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nachgewachsen und hatte die untere Gesichtshälfte dunkel gefärbt. Er hatte immer noch Fieber, wenn auch nicht mehr gefährlich hoch. Von Zeit zu Zeit tupfte ich ihm Schweißperlen von Gesicht und Hals.
    Die anderen brachten mir ein kaltes Abendbrot, doch ich hatte keinen Hunger und ließ es stehen. Ich trank nur etwas Tee und unterhielt mich etwa zwei Stunden mit Anette. Dann ging sie zu Bett, und ich legte mich in meinen Kleidern neben Jack und schloss die Augen. Irgendwann schlief ich ein.
    Plötzlich hatte ich das Gefühl, als rüttelte mich jemand. Es war Jack. Er rief etwas.
    „Isabel! Wach auf!“
    Ich schrak zusammen und setzte mich ruckartig auf. Mein Herz raste wie nach einem Albtraum und mir war schwindelig. Ich drehte mein Gesicht zu ihm, doch er lag noch genau wie vorher völlig unbeweglich auf dem Rücken.
    Wie konnte das sein? Ein Traum, dachte ich und lehnte mich langsam und mit noch immer rasendem Herz wieder zurück. Doch etwas war anders, und es ging von Jack aus. Ich konnte es nicht benennen, aber es war bedrohlich und erfüllte mich mit Panik.
    Rasch kniete ich mich neben ihn, legte mein Ohr an seinen Mund, um festzustellen, ob er noch atmete. Ich konnte nicht den geringsten Hauch spüren. Panisch suchte ich nach seinem Herzschlag. Aber da war nichts.
    „Nein! Lass mich nicht allein!“, rief ich und schüttelte ihn. „Du hast versprochen, dass dir nichts passiert! Du hast es versprochen!“ Schluchzend brach ich auf ihm zusammen.
    Mein Ohr lag auf seiner Brust, und plötzlich hörte ich ein leises: Bumbum-bumbum.
    „Jack?“
    Das Geräusch war so leise, dass ich es einfach überhört hatte. Er lebte, aber wie lange noch? Eine Stimme in meinem Kopf drang laut durch meine Gedanken:
    „Die Seele mit dem Körper ins Gleichgewicht bringen.“
    Ich erstarrte und hielt den Atem an. Ich hatte das schon einmal gehört. Jack hatte das gesagt.
    „Aber wie mache ich das?“, sagte ich laut in die Stille des Zimmers hinein.
    Meine Gedanken arbeiteten fieberhaft. Ruhig, dachte ich. Du musst dich beruhigen, sonst geht gar nichts. Ich begann ganz automatisch meinen Oberkörper vor- und zurückzuschaukeln und schloss die Augen. Jacks Stimme, ich musste mich auf seine Stimme konzentrieren. Ihr Klang hatte mich immer beruhigt, und ich rief mir seinen Gesang ins Gedächtnis. Langsam schwang seine Stimme durch meinen Geist, und ich beruhigte mich endlich. Ich saß ganz still auf meinen Beinen, die Hände auf die Knie gestützt und entspannte mich bewusst.
    „Die Seele mit dem Körper ins Gleichgewicht bringen.“
    Wieder diese Stimme, aber sie gehörte nicht Jack. Wer sprach da mit mir?
    Jacks Gesang zog noch immer durch meine Gedanken, und ich achtete darauf, dass ich ihn nicht verlor. Plötzlich gesellte sich eine Trommel dazu. Der schwere, getragene Rhythmus schwoll an und erstarb mit einem Schlag.
    Ich wusste plötzlich genau, was ich zu tun hatte.
    „Ich bin gleich wieder da, halte durch, bitte!“
    Ich flog in Anettes Zimmer, rüttelte an ihr.
    „Schnell, Anette, Jack stirbt!“
    Ohne eine Antwort abzuwarten, rannte ich wieder zu ihm zurück. Eine Minute später stand Anette neben mir. Sie war hellwach und atemlos.
    „Was soll ich tun?“, fragte sie, als wüsste sie, dass ich einen Plan hatte.
    Ich erklärte, was ich vorhatte, und sie nickte zustimmend. Ich legte meinen Anhänger mit dem Zeitsymbol – oder was es auch immer war – in Jacks rechte Hand und schloss seine Finger darum. Er hatte mir erklärt, dass Amulette durchaus wirksame Hilfsmittel sein konnten, und ich hatte nichts zu verlieren.
    Dann setzte ich mich im Schneidersitz vor das prasselnde Kaminfeuer und blickte in die zuckenden Flammen.
    Anette setzte sich ebenfalls auf den Boden und begann leise zu trommeln. Ich hatte ihr den Rhythmus vorgespielt. Vielleicht wäre es auch ohne gegangen, aber ich kannte nur diesen Weg und wollte sichergehen, dass es klappt.
    Ich brauchte sicher eine Viertelstunde, bis ich meine rasenden Gedanken unter Kontrolle hatte. Dann begann mein Geist dem Trommelklang zu folgen und ließ sich davon tragen. Ich leistete keinen Widerstand, ließ mich einfach treiben und die störenden Gedanken an die Zeitnot unbehelligt durch meinen Geist ziehen. Ich lauschte nach innen, ob ich vielleicht Jacks Gesang hören konnte, doch er blieb aus. Ich spürte, dass die Trommel genügte, und nahm meinen Geist wieder bewusst in die Hand. Ich formulierte in Gedanken die Frage nach dem Besitzer der Stimme, die ich bereits

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