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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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uns fühlten. Augenblicklich versuchte ich jenes unverbindliche Lächeln aufzusetzen, das ich mir in meinem beruflichen Umgang mit Kunden antrainiert hatte.
    „Darf ich einen Aperitif anbieten?“
    Anna, wohl stolz über ihren französischen Ausdruck, den sie höchstwahrscheinlich nur unsertwegen benutzte, blickte mich fragend an.
    Alkohol. Endlich einen Schnaps trinken. Das war genau das Richtige.
    Ungeduldig beobachtete ich Lisa beim Einschenken des dunklen Sherrys, der dick und cremig aus der Kristallkaraffe tropfte. Dann endlich verteilte sie die Gläser. Leicht brennend floss der Sherry durch meine Kehle und entfaltete bald die erhoffte beruhigende Wirkung.
    Man servierte ein wunderbares Essen bestehend aus Schweinebraten, Soße, einem blassen Wurzelgemüse unbekannter Art und frischem Brot. Wir aßen schweigend, und ich musste leicht beunruhigt zugeben, dass ich verdammt wenig über diese Zeit wusste. Ein leichter trockener Rotwein rundete das Festmahl ab und dämpfte meine unruhigen Gedanken.
    Nach dem Essen eröffnete unsere Gastgeberin das Gespräch, nachdem sie ihren Bediensteten routiniert aber höflich alle nötigen Anweisungen gegeben hatte. Der Alkohol, ich hatte mich bei dem köstlichen Tischwein nicht zurückgehalten, entfaltete eine angenehm schläfrig machende Wirkung, und ich hatte Mühe die Augen offen zu halten.
    „Um auf Eure Frage nach dem Geld zurückzukommen...“
    Anna strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich unter ihrer feinen Haube frech gelöst hatte.
    „Ich weiß nicht wie das bei den Franzosen ist“, sagte sie mit einem misstrauischen Lächeln, „aber hier arbeitet eine Frau von Range nicht.“
    Sie blickte in die Runde. Scheinbar ging sie zwar davon aus, dass wir edler Abstammung seien, doch ein gewisser Zweifel war nicht zu überhören, was mir durchaus legitim erschien.
    „Aber was, wenn da kein Ehemann ist um sie zu ernähren?“, wollte ich wissen, wobei ich versuchte meiner alkoholisierten Stimme mehr Halt zu geben.
    „Dann sollte sie Verwandte oder Freunde haben, sonst Gnade ihr Gott“, sagte Anna ernst. „Sie müsste niedere Arbeiten verrichten. Als Weberin, Näherin, Wäscherin oder Büglerin. Sie wäre dem ständigen Werben von ihr unerwünschten männlichen Verehrern schutzlos ausgeliefert.“
    Ihre Stimme wurde gefährlich ruhig und ihr Blick war durchdringend. Ich versuchte mich zu beruhigen indem ich annahm sie wunderte sich lediglich über unsere ungewöhnlichen Fragen. Was konnte sie schon über uns wissen? Ihre folgende Frage ließ mich alarmiert aufhorchen.
    „Sagt, habt Ihr das etwa vor? Wollt Ihr hier arbeiten und nicht nach England weiterreisen?“
    Sie blickte mich herausfordernd an. Wir schwiegen einen Moment verblüfft. Was sollte ich sagen? Wusste ich doch selbst nicht, was wir tun sollten.
    Eine Dienstmagd kam genau im richtigen Moment mit einem Tablett herein. Ich atmete erleichtert auf und überlegte mir fieberhaft eine Antwort, während die Dienstmagd feine Tassen eines kostbaren Porzellans mit zartem Rosenmuster und Goldrand vor jede von uns hinstellte. Es handelte sich nicht um Lisa, dieses Mädchen hatte ich bisher noch nicht gesehen. Sie schien noch jünger zu sein als Lisa. Mit ihrem pausbackigen Gesichtchen ähnelte sie einer antiken Sammelpuppe, die in zweihundert Jahren so manche Wohnzimmercouch zieren würde. Das kurze Nicken ihrer Herrin nahm sie mit dankbaren Augen entgegen und verließ den Raum.
    „Ich hoffe ihr mögt Kaffee?“, fragte Anna, ohne jemand bestimmten anzusehen.
    Uns war nicht bewusst, dass es bereits Kaffee gab und wir nickten überrascht in ihre Richtung. Ich sah in ihren Augen etwas aufblitzen. Also doch, dachte ich. Sie testete uns. Sie war nicht nur hübsch, sondern auch clever. Immer wenn wir mit Überraschung reagierten oder in einer alltäglichen Angelegenheit durch totale Unwissenheit glänzten, hatte sie dieses leichte Flackern in den Augen. Ich hatte den Eindruck, sie wusste alles. Natürlich war das absurd, doch meine Verunsicherung wuchs.
    Ich trank einen Schluck Kaffee und biss in den dazu gereichten Butterkeks. Der Kaffee war mir viel zu stark, schmeckte gallebitter, und ich blickte auf der Suche nach Zucker unauffällig über den Tisch. Das ist aber nicht die Sorte mild und fein, dachte ich. Du musst das Thema wechseln. Am besten frag nach dem Zucker...
    „Wann erwartet Ihr Euren Gatten zurück?“, fragte Anette in diesem Moment.
    „Oh, er wird wohl noch eine Woche unterwegs sein,

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