Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
Bedeutung der gedruckten Worte erschienen, die sie schließlich mit einiger Fantasie als Atomkraft nein danke entzifferte. Atomkraft? Das unbekannte Wort in dieser noch nie zuvor gesehenen Schrift bestätigte ihren Verdacht, dass die Frauen aus einer völlig anderen Welt kommen mussten. Jedenfalls stammten sie nicht aus Frankreich. Anna hatte schon viele Franzosen kennen gelernt, und die fremden Frauen hatten mit ihnen so viel gemein wie Wein mit Wasser.
Aber sie fühlte sich seltsamerweise nicht von ihnen betrogen oder hintergangen. Ein Geheimnis umgab die Fremden, und sie würde es herausfinden, oder sie würden es ihr nach einiger Zeit sicher anvertrauen. Ihre Zofe berichtete, dass sie des Nachts am Zimmer der Fremden vorbeigegangen war und dem Impuls, an der Tür zu lauschen, nicht zu widerstehen vermochte. Anna hatte sie dafür schwer getadelt, ihren Bericht jedoch mit Interesse verfolgt. Anscheinend hatten sich die Damen über das Jahr 1790 gewundert. Sie hatten etwas von 190 Jahren gesagt, das die Zofe nicht einzuordnen wusste. Napoleon würde der Kaiser der Franzosen werden, so stünde es in den Geschichtsbüchern, hatte Lisa verstanden. Welcher Napoleon?
Es hatte sich insgesamt so angehört, als ob sie über eine ferne Zukunft sprachen. Handelte es sich um Seherinnen, die einem geheimen Kult verfallen waren, der ihre fremdartige Kleidung rechtfertigte? Lisa war ein abergläubisches Ding und hatte sofort behauptet, die Fremden seien Hexen. Sie seien direkt aus der Hölle zu ihnen gekommen und brächten nun Unheil und Verderben über das Haus. Anna hatte ihr verboten, mit irgendjemandem darüber zu sprechen oder gar mit den anderen Bediensteten zu tratschen. Sie glaubte kein Wort davon, der Hexenglaube hatte mehr Unheil angerichtet, als es je alle Hexen gemeinsam erschaffen könnten, und sie wollte nichts damit zu tun haben.
Und dennoch, der Bericht des Mädchens hatte sie seltsam berührt, und sie bekam eine Gänsehaut. Wieso hatten sie von der Zukunft gesprochen? Anna war fasziniert von dem Geheimnis, das die Frauen umhüllte wie der Duft eines exotischen Parfüms.
Als Friedrich das Zimmer betrat, wandte sie sich ihm lächelnd zu und verscheuchte ihre Gedanken an die Fremden.
„Endlich bist du da“, sagte sie, als er sie zärtlich in die Arme schloss.
„Geht es dir auch gut?“, fragte er besorgt. „Ist der Besuch nicht zu viel für dich?“
„Oh nein“, lachte sie, „ganz im Gegenteil. Ich komme um vor Langeweile, wenn du nicht da bist“, hauchte sie in sein Ohr.
Er trat etwas zurück und legte seine Hände auf ihre Schultern.
„Wir könnten die Damen in unserem Gartenhaus vor den Toren der Stadt wohnen lassen. Ich brauche das Haus für meine Geschäfte.“
„Bitte, lass sie noch bleiben“, bat sie. „Eine von ihnen ist Hebamme. Ich hätte sie gerne bis zur Geburt bei mir.“
„Du kennst diese Frau gerade zwei Tage. Was hast du gegen die Hebamme, die bei den anderen Familien einen guten Ruf genießt?“, fragte er und machte sich geschickt daran, ihr Kleid zu öffnen.
„Sie ist so alt!“
„Dann verfügt sie über viel Erfahrung“, entgegnete er und küsste ihren Hals.
„Das mag sein“, sagte Anna und erschauerte leicht bei seiner Berührung. „Nenn es eine Vorahnung. Ich möchte mich lieber Barbara anvertrauen.“ Sie stöhnte leise.
„Ich konnte dir noch nie etwas abschlagen“, flüsterte er und streichelte ihre Brüste.
„Sag, kennst du einen Franzosen namens Napoleon?“, fragte sie und bemühte sich um einen beiläufigen Tonfall. Er knabberte an ihrem Ohrläppchen.
„Ich habe von ihm gehört. Ein Leutnant. Er soll ein guter Soldat sein. Man sagt, aus ihm wird einmal etwas. Bonaparte, glaube ich. Napoleon Bonaparte. Wie kommst du darauf?“ Er sah sie verwundert an, sie hatte sich noch nie für Politik interessiert.
„Die Damen erwähnten ihn“, flüsterte sie und steckte ihre Zunge in sein Ohr. „Oh Gott, wie habe ich dich vermisst“, sagte Anna und gab sich seinem langen leidenschaftlichen Kuss hin. Rasch war Bonaparte vergessen. Friedrich trug sie zum Bett und legte sie sanft ab. Er konnte nicht den Blick von ihrem Körper abwenden, während er sich hastig seiner Kleider entledigte. Vier Wochen war er fort gewesen. Vier Wochen, in denen kein Tag verging, an dem er sich nicht schmerzlich nach ihr gesehnt hatte. Nun war er endlich wieder bei ihr.
*
Anette und ich diskutierten bereits am frühen Morgen über Jacks Rutsch in die Vergangenheit.
„Er
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