Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
gebräunte, dunkel behaarte, lange, wunderbar gerade, starke Männerschenkel ...
„Ich glaube, ich träume schon wieder. Wieso nimmt das kein Ende?“
Seine tiefe etwas heisere Stimme holte mich aus meinen Betrachtungen. Ich wurde rot und versuchte zu lächeln. Was war das schon wieder? Ich wurde nie rot.
„Wie geht es dir, Bruchpilot?“
Ich duzte ihn einfach. Und ich sprach Deutsch. Er lächelte schwach, und mit einem Mal kamen Leben und Farbe in sein Gesicht. Er setzte sich auf, und sein wirres Haar umrahmte sein Gesicht.
„Isabel!! Bist du es wirklich?“, fragte er ungläubig auf Englisch.
Er lachte, und ich sah, wie ihm buchstäblich Tonnen von der Seele fielen. Klar, dachte ich, er hat sich bestimmt Sorgen um uns gemacht. Ich beugte mich zu ihm herunter, und wir umarmten uns.
„Wie schön das ist. Wie hast du mich hier gefunden? Du glaubst gar nicht, wie ich nach euch gesucht habe. Wo sind die anderen? Weißt du, was hier gespielt wird?“, fragte er und ließ mich endlich los.
„Warum sprichst du nicht Deutsch mit mir?“
„Oh, ich kann es nicht so gut. Muss immer überlegen. Du sprichst doch gut Englisch, oder?“
Ich nickte.
„Dann lass uns dabei bleiben, wenn wir unter uns sind, okay?“
Na gut, dachte ich, aber du wirst es lernen müssen. Er blickte mich forschend an.
„Woher kannst du eigentlich so gut Englisch?“
„Ich bin Fremdsprachenkorrespondentin bei einem großen Konzern in Frankfurt, oder vielmehr – ich war es.“
Sein Gesicht verdüsterte sich, und er nickte.
„Du kannst dich noch an meinen Namen erinnern?“, fragte ich, denn plötzlich schien es mir merkwürdig, dass er sich nach so kurzer gemeinsamer Zeit mit uns ausgerechnet an meinen Namen erinnerte.
Er legte sich entspannt in sein Kissen zurück und lächelte.
„Ich habe gehört, dass die anderen dich so nannten.“
Das beantwortet meine Frage zwar nicht direkt, aber ich gab mich damit zufrieden. Vielleicht hatte er tatsächlich einfach nur ein gutes Gedächtnis.
„Los, erzähl mir, was ihr schon alles ohne mich erlebt habt“, sagte er und strich sein Haar aus dem Gesicht.
„Also, das war so“, begann ich und setzte mich auf sein Bett.
Jack hörte mir schweigend, von Zeit zu Zeit nickend zu, und ab und zu legte er seine Hand auf meine. Ich ließ es zu, denn ich glaubte, er brauchte jetzt die Nähe eines Menschen, mit dem er sein Zuhause und seine eigene Zeit verband, und mir tat es auch gut.
Als ich ihm erzählte, dass das Flugzeug explodiert war, schüttelte er den Kopf.
„Warum nur? Ich habe keine Ahnung, wieso das passiert ist. Normalerweise ist es kein Problem, mit nur einem Motor zu fliegen. Gut, dass ihr weit weg wart, als es in die Luft flog.“
Dann berichtete er mir von seinem Sturz vom Baum und wie er unserer Spur gefolgt war.
„Ihr Frauen habt es wirklich in euch“, meinte er. „Ich finde es fantastisch, wie ihr euch durch den Dschungel geschlagen habt. Ich meine, woher habt ihr das alles gewusst?“
Er sah mir direkt in die Augen, und ich bekam plötzlich kein Wort mehr heraus. Seine Augen waren dunkelbraun, fast schwarz, und sein Blick war so tief, dass ich glaubte, darin zu ertrinken. Ungefähr nach zehn Sekunden zwang ich mich in die Wirklichkeit zurück, räusperte mich und starrte angestrengt auf seine Brust.
„Wir sind eben clever“, gab ich an und hob den Blick wieder. Er nickte anerkennend. Ich vermied es, ihm noch einmal direkt in die Augen zu schauen.
„So, nun sag mir bitte, wo wir hier sind. Und sage bitte nicht im Jahr 1790.“
Er glaubt es also noch nicht, dachte ich und grinste.
„Da muss ich dich leider enttäuschen. Genau da sind wir. Und zwar in Frankfurt am Main, Deutschland, anno 1790. Nein, wir wissen genauso viel wie du darüber“, sagte ich, als er mich unterbrechen wollte.
Resigniert ließ er den Arm sinken und sah mich an. Du wolltest doch wegschauen, Isabel. Doch ich konnte es nicht. Schweigend blickten wir uns in die Augen, und ich fühlte ein Kribbeln in der Herzgegend, das immer intensiver wurde.
„Seid ihr ganz sicher?“
„Leider ja. Warte, bis du die Stadt und die Menschen siehst. Und, Jack, es ist unglaublich, aber egal, wo man sich auf der Welt befindet, es gibt doch immer ein untrügliches Zeichen für die moderne Zivilisation: Flugzeuge. Der Himmel ist überall voller weißer Streifen, und man hört von irgendwoher das Maschinengeräusch. Besonders in Frankfurt. Ich habe hier aber noch nicht ein Flugzeug am Himmel gesehen. Ich
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