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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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sei nur ein Vorwand gewesen, erklärte sie uns. Wir dürften gern bei ihr bleiben, bis wir eine finanzielle Möglichkeit gefunden hätten, uns ein eigenes Haus zu mieten. Aber für sie arbeiten, nein, davon wollte sie nichts wissen.
    Die Stunden der Langeweile, die dies zwangsläufig mit sich brachte, nutzte ich zum Lesen oder zu angeregten Gesprächen mit Anna. Dabei erfuhr ich Interessantes über gesellschaftliche Dinge und hoffte, sie würde nicht merken, dass sie nach Strich und Faden ausgefragt wurde, als sei sie ein lebendes Lexikon und ich ein kompletter Dummkopf.
    Jack konnte inzwischen geschickt mit seinen Krücken umgehen und brauchte meine Hilfe nicht mehr. Friedrich konnte sich von Jacks Charakter ein gutes Bild machen, da sie oft zusammen arbeiteten. Ich ging Jack aus dem Weg, so gut ich konnte, doch er schaffte es immer wieder, mich durch seine Blicke und durch scheinbar zufällige Berührungen zu verwirren. Ich dachte oft an Robert, wenn Jack sich mir wieder einmal zu sehr genähert hatte, und vermisste ihn sehr. Bisher war mir nicht bewusst gewesen, wie sehr er mir fehlte. Schließlich ging mir noch durch den Kopf, dass ich wochenlang keinen Sex gehabt hatte. Jack war da, zum Greifen nah, verflucht attraktiv, und er wollte mich. Ich wehrte mich dagegen, mit aller Kraft. Nein, ich würde Robert nicht betrügen, sexueller Notstand hin oder her.
     
    Wir erwarteten Barbaras Bericht in unserem Zimmer. Jack vergewisserte sich, dass niemand ihn dabei beobachtete wie er ungeheuerlicher Weise unser Zimmer betrat um sich zu uns zu gesellen. Er saß auf Karins Bett, das gebrochene Bein auf einem Hocker abgelegt.
    „Ich durfte bei einer Geburt dabei sein“, berichtete Barbara atemlos. „Ich hatte ein bisschen Lampenfieber, als der Arzt mich plötzlich aufforderte, die Sache allein in die Hand zu nehmen. Zwar hat sich das Kindergebären selbst in zweihundert Jahren nicht geändert, aber die Art des Beistandes schon. Mathilde, so hieß die Hebamme, empfing mich freundlich, aber ich merkte, wie misstrauisch sie mich beobachtete.“
    Sie warf ihr langes Haar nach hinten und rutschte nervös auf dem Bett hin und her.
    „Gott sei Dank gab es keine Komplikationen, und ich musste nicht viel machen. Ein gesunder, fast vier Kilo schwerer Junge kam auf die Welt.“
    Sie strahlte über das ganze Gesicht, und wir gratulierten ihr zu ihrem Erfolg.
    „Ich kann morgen meinen Dienst antreten. Manchmal werden sie mich auch nachts rufen müssen, sagten sie, aber das bin ich ja gewohnt.“
    Sie lachte und sah sehr glücklich aus.
    „So? Wie unangenehm“, sagte Jack.
    Barbara lächelte ihn an.
    „Ach, Jack, wenn du wüsstest. Zu Hause habe ich oft zwei Schichten hintereinander gemacht, das macht mir nichts aus. Ich liebe meinen Beruf.“
    Ich legte beiläufig frisch gebügelte Bettlaken zusammen und sah Jack warnend an. Er blieb verständnislos.
    „Aber hat das deinem Freund denn nichts ausgemacht?“
    Barbara schwieg einen Moment, und ich hielt inne. Keine gute Themenwahl, Jack.
    „Ich habe keinen Freund, und ich will auch gar keinen.“
    Sie sah Jack provokativ ins Gesicht. Er lächelte betreten und entschuldigte sich. Ich half ihm aus der Verlegenheit.
    „Lass nur, Jack, unsere Barbara ist eine Einzelgängerin. Jetzt, wo sie wieder arbeiten kann, ist sie zufrieden, und wir werden es auch etwas leichter haben. Endlich haben wir etwas Geld.“
    Ein aufgeregtes Durcheinanderreden setzte ein. Es war völlig klar, dass Barbara ihr Geld mit uns teilen würde. Wir saßen schließlich alle im selben Boot und waren auch schon zu lange befreundet, als dass es hätte anders sein können.
    Jack blickte dankbar zu mir herüber. Dass Barbara aber auch immer gleich hochgehen musste beim Thema Männer. Sie redete sich schon seit Jahren erfolgreich ein, auch allein glücklich sein zu können. Doch wir wussten längst, dass sie sich nichts mehr wünschte als einen lieben Mann und eigene Kinder. Sie hatte es endlich geschafft, bei ihren Eltern auszuziehen. Das Klischee des behüteten Einzelkindes traf auf sie zu. All ihre Freunde hatten sie ermuntert, an die Ausbildung zur Krankenschwester eine Weiterbildung als Hebamme anzuschließen. Erst hatte sie es sich nicht zugetraut, doch sie war so fasziniert davon gewesen, dass sie es versuchte. Und nun war jeder erstaunt, dass diese zarte Person es fertig brachte, mit hysterischen und ängstlichen Frauen umzugehen und ihnen in ihren härtesten Stunden Zuversicht zu vermitteln. Wir waren sehr

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