Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
heraus, dieser unverschämte Macho?
„Ach ja, und wer hat mir im Dschungel geholfen? Ich mir selbst! Ich kann gut auf mich allein aufpassen, Mister Jack Rivers, und überhaupt habe ich den ganzen Schlamassel nur dir zu verdanken!“ Ich trat für alle Fälle noch ein paar Schritte zurück.
Wie ein wilder Tiger kurz vor dem Sprung auf sein Opfer stand er da und funkelte mich an. Seine Schultern strafften sich.
„Was? Du gibst mir die Schuld? Ich habe dich gerettet! Wäre ich nicht so ein guter Pilot, dann würdest du jetzt verkohlt im Urwald liegen!“
„Wärst du ein guter Pilot, dann wäre die Kiste nicht abgeschmiert!“
In diesem Moment ahnte ich, dass ich zu weit gegangen war. Er trat einen Schritt vor und erhob die Hand, ballte sie dann aber zur Faust, bis die Fingerknöchel weiß wurden. Seine Lippen waren fest aufeinander gepresst, und seine Augenbrauen so dicht zusammengezogen, dass sie fast eine durchgehende Linie bildeten. Mutig trat ich einen Schritt vor.
„Wage es nicht!“
Er starrte mich an, und in seinem Gesicht arbeitete es. Er kämpfte gegen Wut und Verzweiflung. Aber warum reagierte er so heftig? Ich musste einen wunden Punkt getroffen haben. Man sagte mir nach, ich sei eine Spezialistin darin. Gab er sich etwa selbst die Schuld an dem Unglück? Ich bin der Mann, der dich tröstet und beschützt. Schlagartig wurde mir klar, dass ich blind gewesen sein musste. Es war mehr für ihn als körperliche Anziehung, und ich hatte ihn grob zurückgewiesen und auch noch zu Unrecht beschuldigt.
Sicher hätte er mich niemals geschlagen.
Plötzlich schämte ich mich, wie hatte ich ihm nur die Schuld geben können? Ich wollte ihn gerade etwas sanfter ansprechen, als er sich abrupt umdrehte und mit voller Wucht gegen den Wäschekorb schlug, der vom Tisch kippte und seinen Inhalt über den Boden ergoss. Jack eilte aus dem Zimmer, und ich hörte, wie das Eingangstor hart hinter ihm ins Schloss fiel. Verdammt.
Am späten Abend war Jack noch immer nicht zurückgekehrt, und ich musste den anderen gegenüber zugeben, dass wir uns böse gestritten hatten, da man ihn an allen Ecken vermisste. Anna nahm es recht leicht auf.
„Er wird wiederkommen. Er liebt dich doch“, sie tätschelte meine Hand und ging dann ermattet zu Bett.
Ich fühlte mich elend. Alle wussten Bescheid, nur ich nicht. Anette redete mir etwas heftiger ins Gewissen.
„Du hast ihm die Schuld an dem Unglück gegeben? Oh, Isabel, das war wirklich sehr dumm. Hast du nicht gemerkt, was er für dich empfindet?“
Nein, hatte ich nicht. Aber die heftige Reaktion auf Robert hatte mich eines Besseren belehrt. Niedergeschlagen ging ich zu Bett. Es war bereits nach zehn und von Jack noch immer kein Lebenszeichen. Wir hatten unsere Tür offen gelassen, um ihn kommen zu hören.
„Anette?“
Ich schüttelte sie sanft. Sie sah mich im fahlen Kerzenlicht verschlafen an.
„Ich gehe Jack suchen.“
Sie nickte und drehte sich auf die andere Seite. Ich zog mich warm an und schlich aus dem Haus. Seine Stammgastwirtschaft lag in einer Seitenstraße und würde gleich wegen der Sperrstunde schließen. Ich wollte es zuerst dort probieren. Vielleicht versuchte er seinen Kummer zu ersäufen.
*
Jack saß in einem Gasthaus und kippte achtlos sein Bier. Vorerst musste er wohl auf den Apfelwein verzichten. Der Mann neben ihm hatte gerade seine Lebensgeschichte beendet und klopfte Jack kumpelhaft auf die Schulter.
„Glaubt mir, die zänkischen Weiber bringen uns Männer noch ins Grab. Wir dürfen uns das nicht länger bieten lassen.“
Er hob den Krug und leerte ihn auf einen Zug. Jack nickte und bestellte noch eine Runde für seinen neuen Freund und sich. Er starrte ins Leere und dachte nach. Seit Stunden tat er nichts anderes. Seine Gedanken drehten sich im Kreis. Sie gab ihm also auch die Schuld. Im Streit kommt immer die Wahrheit ans Licht, dachte er bitter. Verdammt, er liebte sie doch. Wenn sie aber in dieser Weise von ihm dachte, dann war alles sinnlos. Wie könnte sie ihn je lieben und ihn gleichzeitig für ihr Schicksal verantwortlich machen? Er hatte verloren.
Selbst wenn sie ihm eines Tages verzeihen würde, dann war da noch der ungeborene Robert, den er gegen sich hatte. Nein, es war vorbei, noch bevor es richtig angefangen hatte.
Am meisten ärgerte er sich über sich selbst, weil er fast die Hand gegen sie erhoben hätte. Er verabscheute gewalttätige Männer und ekelte sich vor sich selbst. Er glaubte zwar nicht, dass er es
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