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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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Opossum oder ein ähnlich possierliches Tierchen, und nachdem ich schon einen Tiger vorgeschlagen hatte ...
    Winzige Lachfältchen umsäumten seine Augen, und so sehr ich auch bettelte und alle nordamerikanischen Tiere aufzählte, die mir einfielen, er verriet es uns nicht.
     
    Jack sprach mich nicht mehr auf den Versuch an, den Indio zu beschwören. Ich war dankbar dafür, hatte ich so genug Zeit, mich mit dem Gedanken auseinander zu setzen. Mir war klar, dass es wahrscheinlich die einzige Möglichkeit war, zu erfahren, wie wir nach Hause kommen konnten. Da waren vier Menschenleben, deren Verlauf ich durch meine Feigheit oder durch meinen Mut entscheidend beeinflussen würde. Eine große Verantwortung, die ich nicht zu tragen vermochte. Doch Jack gab mir zu verstehen, dass ich es sein musste, die es versuchte. Der Ring mit dem Symbol, durch den alles angefangen hatte, gehörte schließlich mir, und der Indio hatte mit mir Kontakt aufgenommen.
    Auf die Frage, warum er es nicht trotzdem selbst versuchte, gab er zu, es bereits getan zu haben. Er war allein in unserem Zimmer gewesen und hatte sich auf seine geübte Weise in einen meditativen Zustand versetzt. Es sei eine entspannende Seelenwanderung gewesen, doch dem Indio sei er nicht begegnet.
    In mir hatte sich Angst festgesetzt. Was, wenn ich am Ende ebenfalls einen Psychiater brauchen würde? Könnte Jack mir dann helfen? Ich konnte mich nicht zu einem Versuch durchringen.
    Wie von selbst hatte sich bei uns ein magischer Zeitpunkt festgesetzt: die Geburt von Annas und Friedrichs Kind. Bis dahin hatten wir Zeit. Als ob wir Anna danach leichter verlassen könnten. Wir machten uns was vor. Doch niemand sprach aus, was alle wussten. Stattdessen versuchten wir, jedem Tag so viel wie möglich abzugewinnen, im Hinterkopf den Tag, an dem es vorbei sein würde. Ich wusste nicht, woher ich die Gewissheit nahm, dass es uns gelingen würde, das Artefakt zu finden. Nicht einmal eine Seelenwanderung war eine Garantie. Und würde es uns damit gelingen, nach Hause zu kommen?
     
    Weihnachten verbrachten wir in stiller Gemeinsamkeit. Anna schmückte verträumt einen Tannenbaum mit Strohsternen und bemalten Holzengeln und summte dabei ein Weihnachtslied. Jack hatte den Baum bei eisigem Wind im Wald gefällt. Völlig durchgefroren war er heimgekehrt, und es hatte mehrerer Teller heißer Suppe und einer heißen Nacht mit mir bedurft, um wieder Wärme in seinen Körper zu bekommen.
    Erst gingen wir gemeinsam zur Weihnachtsmesse. Ich war froh, wieder zurück nach Hause in die warme Behaglichkeit der Wohnstube zu kommen, die einen feierlichen Glanz ausstrahlte. Die Kerzen am Baum brannten schnell herunter, und während wir ein Weihnachtslied sangen, beobachtete ich ängstlich das heruntertropfende Wachs, das kleine cremefarbene Sternchen auf dem Parkettboden hinterließ.
    Zur Bescherung umarmten wir einander und versicherten Anna erneut unsere Dankbarkeit für ihre Gastfreundschaft. Dies sei das Beste aller Geschenke und könne von nichts anderem übertroffen werden. Verlegen blickte sie zur Seite, doch das Lächeln auf ihrem Gesicht zeigte, wie berührt sie war.
    Anna schenkte uns Frauen wunderschöne Bänder fürs Haar und eine kleine Schatulle mit Schminkfarben. Bisher hatten wir uns für besondere Gelegenheiten ihr Schminkzeug ausgeliehen, denn ich wagte nicht, mein eigenes aus dem Rucksack zu benutzen, da es mit Glitter durchsetzt war und durch diese Eigentümlichkeit aufgefallen wäre.
    Jack bekam ein Freundschaftsbuch von Anna überreicht. Sie erklärte, es sei Tradition, ein solches Buch in der Familie zu haben, damit liebe Gäste und Freunde einen schönen Spruch hineinschreiben konnten. Sie hatte ihm bereits eine Widmung, die ihre Verbundenheit ausdrückte, eingetragen. Ich fand es widersprüchlich, dass in dieser Zeit etwas so Persönliches und Warmherziges neben sonst recht groben Bräuchen existierte, und bedauerte, dass die Tradition nicht bis in meine Zeit fortbestand. Obwohl ich Jack und mich noch nicht direkt als Familie bezeichnen konnte, rührte mich ihr mit Liebe ausgesuchtes Geschenk.
    Ich überreichte Anna eine neue Bibel. Ihre eigene war inzwischen zerlesen, da sie das Buch täglich zur Hand nahm. Ich hatte lange gesucht, bis ich schließlich bei einem Händler ein wunderschön illustriertes und mit Goldschrift bedrucktes Exemplar entdeckte. Anna stiegen Tränen der Freude in die Augen, als sie das seidige Papier von dem Päckchen nahm und den Inhalt erkannte.

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