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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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mein gutes Allgemeinwissen. Natürlich durchschauten sie mich gleich.
    Lachend gingen Jack und ich in unser Zimmer. Ich setzte mich vor den Spiegel und kämmte mein Haar. Es war ein windiger Tag, und nach dem Rückweg von der Kirche ähnelte meine Frisur Marias Haushaltsgerät, mit dem sie die Böden zu wischen pflegte.
    Plötzlich begann Jack ein Lied zu singen. Fasziniert von seiner Stimme hielt ich inne. Er stand vor dem Fenster und blickte in das dichte Schneetreiben. Ich kannte das Lied nicht, aber es war wunderschön, melancholisch und schwermütig.
    „Was singst du da, Jack?“, fragte ich. „Es ist wunderbar.“
    Ich hielt ihm meinen Arm hin, er kam näher und strich sanft über meine wohlige Gänsehaut.
    „Ein altes Indianerlied, schön, dass es dir gefällt.“
    Seine Stimme war warm und weich und erschien mir noch tiefer als sonst.
    „Sing bitte weiter, es bringt mich in eine merkwürdige Stimmung.“
    Er lächelte, ließ meinen Arm los, und seine Stimme schwang erneut durch den Raum. Ich legte mich auf das Bett und schloss die Augen. Langsam hüllte mich der Rhythmus eines Indianertanzes ein und trug mich fort von dieser Welt. Jacks Stimme vibrierte tief in mir, und ich sah Bilder vor meinem geistigen Auge auftauchen. Stolze Indianer, wunderschön geschmückt, und ich glaubte, ihre Trommeln zu hören. Ein Rhythmus, der ins Blut und in die Seele ging. Federleicht tanzten sie, und ich ging ganz auf in dem gleichmütigen, schweren Rhythmus. Von Wellen getragen, spürte ich ein angenehmes Kribbeln im ganzen Körper. Wie hypnotisiert folgte ich den Bildern und dem Vibrato des Gesanges und wurde innerlich vollkommen ruhig. Stundenlang hätte ich das genießen können.
    Doch plötzlich schwoll der Gesang an, die Trommeln wurden schneller, und ich erhöhte gleichermaßen hektisch meinen Atem.
    Alles begann sich zu drehen, und es wurde unangenehm. Ich warf meinen Kopf hin und her und wollte schreien, doch meine Stimme gehorchte mir nicht.
    Plötzlich war Stille um mich. Jack hatte aufgehört zu singen.
    Schwer atmend schlug ich die Augen auf und sah sein Gesicht über mir.
    „Du bist ein gutes Medium“, sagte er.
    „Wie bitte? Was soll das heißen?“
    Er setzte sich neben mich.
    „Sag mir, was du gesehen hast.“
    Ich erzählte es ihm haargenau, und als ich sagte, ich hätte Trommeln gehört, nickte er.
    „Klang das etwa so?“
    Er stand auf, ging zum Tisch und begann rhythmisch mit den Händen auf die Platte zu trommeln. Es klang genau wie das Trommeln, das ich gehört hatte.
    „Als ich merkte, dass du in eine Art Trance gefallen bist, habe ich dem Lied noch den Originalsound zugefügt“, sagte er und grinste.
    Ich war verblüfft und fasziniert zugleich.
    „Übrigens haben die alten Gesänge genau das hervorrufen sollen“, erklärte er.
    „Aber eben konnte ich es nicht mehr ertragen.“
    „Ich habe den Rhythmus erhöht und damit deine Herzfrequenz. Ich wollte herausfinden, ob du es einfach nur schön findest oder ob du richtig mitgehst.“
    Er lächelte beruhigend und strich mir über den Arm, als er erkannte, dass er mich damit ganz schön erschreckt hatte.
    „Keine Angst, ich weiß genau, wann man aufhören muss.“
    Das wollte ich doch schwer hoffen. Ich nahm das fürs Erste kommentarlos hin, denn etwas anderes interessierte mich im Moment mehr.
    „Und, bin ich richtig mitgegangen?“
    „Und wie! Und vor allem so schnell! Du hast es besser gemacht als ich.“
    Besser als er? Er küsste mich übermütig auf den Mund, und ich hielt ihn mit der flachen Hand zurück.
    „Moment mal. Du hast das auch schon gemacht?“
    Beunruhigt wurde mir klar, dass ich nicht viel über ihn wusste. Ich schüttelte tadelnd den Kopf.
    „Jack Rivers, ich glaube, wir müssen uns öfter unterhalten, du wirst mir langsam unheimlich.“
    Lachend warf er den Kopf zurück und strich sich eine lose Haarsträhne hinter das Ohr. Er lächelte noch immer über meinen verwunderten Ausdruck und erklärte, wie er dazu gekommen war.
    „Ich habe gute Freunde in den Reservaten. Dort habe ich es gelernt. Es bringt Körper und Seele wieder ins Gleichgewicht.“
    Ich nickte und überlegte einen Moment, während er eine meiner Locken ergriff, sie langsam um einen Finger wickelte und daran zog. Mit dem Blick ins Leere gerichtet, sprach er weiter.
    „Ich habe zur Hälfte indianisches Blut in meinen Adern. Hatte ich das noch nicht erwähnt?“
    „Nein“, sagte ich verwundert. „Das musst du irgendwie vergessen haben.“
    Ich

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