Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
Jahrhundert. Mit dem Interesse eines Lesers von Sciencefiction-Literatur wollte sie alles über unsere Waffen wissen, die ihr so vorkommen mussten wie uns die Strahlenwaffen des Raumschiffs Enterprise.
Sie kannte nur Messer und mit Schwarzpulver geladene Pistolen, durch die noch vor kurzem so manchem Familienvater bei einem Duell im Morgengrauen sein Leben ausgehaucht wurde – im Versuch, seine Ehre zu retten. Diese endgültige Art der Klärung einer Auseinandersetzung kam glücklicherweise allmählich aus der Mode, und man beschimpfte sie als barbarisch, wie Anna uns bei dieser Gelegenheit erklärte.
Als eine der größten menschlichen Erfindungen empfanden wir den Beginn der Raumfahrt, und so erzählten wir Anna, dass der Mensch bereits seine ersten Schritte auf dem Mond hinter sich gebracht hatte. Ich musste lachen, denn ich hatte noch nie einen Menschen so fassungslos gesehen.
Jack erklärte, wie die Menschen das geschafft hatten, und ergänzte noch, dass man 1977 die Raumsonde Voyager ins All geschickt hatte, in der Hoffnung, auf intelligentes Leben zu stoßen, anstatt erst einmal auf der Erde danach zu suchen. Ich hörte ihm fasziniert zu, und die Augen der anderen hingen an seinen Lippen, denn er konnte wunderbar dozieren. Bisher hielt ich die Raumsonde für eine gute Idee, aber Jacks Ausführungen brachten mich dazu, noch einmal darüber nachzudenken. Gestikulierend erklärte er, dass diese Sonde, gefüllt mit nützlichen Dingen wie einer Schallplatte, von der in mindestens 56 Sprachen ein gut gelauntes Guten Morgen ertönte, aufgrund der unvorstellbaren Entfernungen im Weltall zig Tausende von Jahren unterwegs sei, um das nächste Sonnensystem zu erreichen. Vorausgesetzt, irgendjemand da draußen findet sie und schickt eine Antwort los, dann könnten wir bereits in etwa 40.000 Jahren mit ihr rechnen.
Wir lachten, doch die bittere Tatsache, dass hier eine Menge Geld verschwendet wurde im Angesicht einer Erde, die ihre viel größeren Probleme wie Hunger, Umweltverschmutzung, Kriege sowie Zeitreisen noch nicht gelöst hatte, brachte eine Prise schwarzen Humor hinein.
„Außerdem habe ich einmal gelesen“, sagte Anette, „dass unsere ausgestrahlten Fernsehprogramme sich genau wie alle anderen Strahlen im All verbreiten, so dass man die Bilder von der ersten Mondlandung heute – 1980 meine ich – in der Nähe von Alpha Centauri empfangen könnte. Früher oder später werden andere Bewohner des Alls unsere Unmengen von Radiowellen auffangen und bestätigt finden, dass es kein intelligentes Leben auf der Erde gibt, und sich nicht die Mühe machen, uns anzurufen.“
Jack lachte und schlug sich vor Vergnügen auf die Schenkel.
Die Vorstellung war in der Tat amüsant, besonders im Hinblick auf die intelligenten Werbesendungen und die Ausstrahlung der Nachrichtenmagazine. Das ganze Universum könnte sich ein Bild darüber machen, dass auf diesem Planeten eine blutrünstige, rachsüchtige Rasse lebe, und sofort würde man die Erde aus allen Sternenkarten streichen oder einen kleinen Umweg von 50 Millionen Lichtjahren in Kauf nehmen, um sie zu umfliegen.
Anna konnte dem Gespräch nun nicht mehr ganz folgen, und ich versuchte zunächst, ihr die praktische Erfindung des Telefons zu erklären, nachdem Anette das Wort anrufen erwähnt hatte. Sie kam aus dem Staunen nicht mehr heraus und stellte sich vor, wie schön es gewesen wäre, hätte sie Friedrich auf seinen Reisen einfach anrufen können. Die Erklärung, was eine Fernsehsendung ist, hoben wir uns für einen anderen Tag auf.
Wie meistens bei unseren Erzählungen über die Zukunft saßen wir im Wohnzimmer, und mittlerweile war es warm und stickig im Zimmer geworden. Jack hatte sich seine Hemdsärmel bereits so weit es ging hochgekrempelt. Die Sehnsucht nach frischer Luft veranlasste mich, meinen Hexenmeister beiseite zu nehmen, um ihn zu einem Spaziergang durch das winterliche Frankfurt zu bewegen, was er begeistert aufnahm.
Es hatte frisch geschneit, und wir hinterließen die ersten Spuren im Schnee. Wir gingen nicht den Weg nach Westen, denn dort stand der Galgen. Seit unserer Ankunft hatte man niemanden gehängt. Es hatte sich ein junges Mädchen des Kindsmordes schuldig gemacht, doch sie saß noch im Gefängnis. Man wartete wohl auf besseres Wetter, damit die Zuschauer nicht erfrieren, dachte ich angeekelt, und es schüttelte mich. Ich nahm Jacks Arm, und sein Lächeln vertrieb meine schlimmen Gedanken.
Wir gingen am Main entlang, und noch vor
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