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Schimmer (German Edition)

Schimmer (German Edition)

Titel: Schimmer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Law
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kauend und leise fluchend, also hielten wir alle Abstand.  
    Vorsichtig trat ich auf die Veranda des alten Hauses und dachte mir, dass es mit einer Verandaschaukel perfekt gewesen wäre, vor langer Zeit einmal. Da wir in Kansaska-Nebransas keine eigene Verandaschaukel hatten, ging Poppa manchmal mit uns in den Park in Hebron, wo es die weltgrößte Verandaschaukel gibt. Fünfzehn Leute gleichzeitig haben darauf Platz. Sonntagnachmittags packte Poppa die ganze Familie ins Auto, fuhr mit Hilfe von Rockets Funken dorthin, und dann saßen wir alle zusammen auf dieser langen, verrückten Schaukel, und das ganz ohne Veranda.  
    »Ein bisschen Fantasie, Mibs«, sagte Poppa, wenn ich mich beschwerte, dass eine Schaukel ohne Veranda keine Verandaschaukel sein konnte. »Mach die Augen zu und stell dir vor, was für ein prächtiges Haus eine so große Verandaschaukel haben könnte.« Doch sosehr ich es versuchte, ich sah immer nur unser Haus vor mir.  
    »Jedes anständige Landhaus braucht ein Plätzchen, wo man sitzen und nachdenken und den vorüberziehenden Wolken zuschauen kann«, hatte Poppa gesagt. Poppa wollte uns eine eigene Verandaschaukel bauen, das stand immer ganz oben auf seiner Liste. Ich wusste, dass ich schnell zu Poppa musste. Ich konnte es nicht zulassen, dass ihm etwas passierte, nicht solange die Liste noch nicht abgearbeitet war – er wollte unsere Träume ganz bestimmt nicht aufgeben. Ganz bestimmt wollte er die Schaukel bauen, damit wir alle zusammen darauf sitzen konnten.  
    Die Veranda ächzte und stöhnte unter mir. Ich drehte mich um und sah Will junior, der plötzlich hinter mir stand. Er kam nicht nah heran, nicht wie vorher. Er hatte die Hände in den Taschen und schaute mich an, als hätte er noch nie im Leben ein Mädchen gesehen.  
    »Was ist los, Mibs?«  
    »Wie meinst du das?«, fragte ich, ohne ihn direkt anzusehen.  
    »Ich meine, vielleicht könntest du mir mal verraten, was da im Bus los war, mit Fish und dem Sturm«, sagte Will junior und schaute mich immer noch prüfend an.  
    Ich ließ die Hand über das Geländer der Veranda gleiten und fuhr gedankenverloren über die abblätternde Farbe, die das alte graue Holz wie Splitter aus Spitze bedeckte, ich konnte Will junior immer noch nicht in die Augen schauen.  
    »Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst«, sagte ich und kam mir fies und verlogen vor, denn ich wusste genau, was er hören wollte, aber ich konnte es ihm auf keinen Fall erzählen. Als ich ihm todesmutig ins Gesicht schaute, sah ich, dass seine Augen vor Neugier leuchteten, wie bei einem kleinen Kind, das darauf wartet, dass der Festzug um die Ecke kommt.  
    »Ich hab schon immer gewusst, dass du irgendwie anders bist, Mibs Beaumont, und deine Brüder auch«, sagte Will junior. Ich zuckte die Achseln, ich stimmte nicht zu, widersprach ihm aber auch nicht.  
    »Versteh mich nicht falsch – das gefällt mir an dir«, sagte Will unbeholfen und kam ein bisschen näher.  
    Überrascht und verlegen stand ich auf der Veranda, sprachlos, bis das Schweigen peinlich und drängend wurde. Verzweifelt suchte ich nach einem anderen Thema, dann ging ich in die Offensive und fragte hektisch: »Warum wirst du eigentlich Will junior genannt? Soweit ich weiß, ist dein Daddy nicht Will senior . Er heißt ja noch nicht mal William .«  
    Er sah mich mit einem teuflischen Grinsen an. »Vielleicht bist du nicht die Einzige, die ein Geheimnis hat, Mibs.«  
    Ich schaute den Jungen von oben bis unten an und konnte nicht anders, als zurückzulächeln, auch wenn meine Wangen dabei flammend rot wurden.  
    »Ich glaube, damit kann ich leben«, sagte ich, als hätten wir eine Abmachung getroffen. Unsere Geheimnisse würden geheim bleiben.  
    Will junior nahm eine Hand aus der Tasche. Darin hielt er das geschenkverpackte Schreibset. Er hatte es im Bus vom Boden aufgehoben, und jetzt überreichte er es mir. Die leuchtende Verpackung war an einer Seite aufgerissen und sah leicht mitgenommen aus.  
    »Du hast ja immer noch Geburtstag.«  
    Ich nahm das Geschenk, und Wills Grinsen wurde noch breiter. Er hatte Recht. Ich hatte immer noch Geburtstag und ich hatte noch kein einziges Geschenk ausgepackt. Ich steckte einen Finger in den Riss an der Seite und rupfte das Papier von einer flachen aufklappbaren Schachtel ab. Eine Windbö, die hoffentlich nicht von Fish kam, riss mir das Papier aus den Händen, ließ es hochfliegen, über die Straße und weg. Als ich die Schachtel

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