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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Keneally
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praktizierte. Schindler hörte, daß man ihn wirklich dieser Judengeschichte wegen hier festhielt, daß sie nicht etwa ein Vorwand war, um unterdessen noch einmal seine Firma zu durchleuchten. »Vermutlich kommen Sie vor ein Gericht der SS, und man wird wissen wollen, weshalb Sie nicht Soldat sind.«
    »Weil ich einen kriegswichtigen Betrieb leite«, antwortete Schindler. »Sie können sich das von General Schindler jederzeit bestätigen lassen.«
    Schindler war ein langsamer Leser, und aus Gründen, die auf der Hand lagen, dehnte er seine Lektüre von Karl May möglichst lange aus. Sein Anwalt meinte, bis zur Verhandlung könne noch eine Woche vergehen, aber er werde wohl mit einer Verwarnung und einer Geldbuße davonkommen.
    Am fünften Tage führte man ihn zur Vernehmung, ausgerechnet durch Obersturmbannführer Czurda, den Chef der SD von Krakau. In seinem gutgeschnittenen Zivilanzug wirkte Czurda wie ein wohlhabender Geschäftsmann.
    »Schindler, Schindler!« begrüßte er ihn tadelnd, »wir überlassen Ihnen diese hübschen Jüdinnen für fünf Mark am Tag, da sollten Sie lieber uns küssen!«
    Schindler sagte, es sei sein Geburtstag gewesen, er habe getrunken und sei leichtsinnig gewesen.
    »Ich wußte gar nicht, daß Sie so gute Verbindungen haben. Sogar die Abwehr hat aus Breslau angerufen. Selbstverständlich können wir Sie einer solchen Lappalie wegen nicht von Ihrer Arbeit abhalten.«
    »Das ist sehr liebenswürdig von Ihnen, Obersturmbannführer.« Schindler wußte, daß jetzt etwas von ihm erwartet wurde. »Falls ich mich irgendwie erkenntlich zeigen kann…«
    »Das könnten Sie wirklich. Eine alte Tante von mir ist vollständig ausgebombt worden…«
    Ah, wieder eine ausgebombte Tante. Schindler gab sich gebührend teilnahmsvoll. Jetzt kam es nur noch darauf an, möglichst das Gesicht zu wahren. Ob der Obersturmbannführer so freundlich sein wolle, ihn mit einem Dienstwagen in die Firma fahren zu lassen? Czurda lachte. »Aber gewiß. Mit meinem eigenen Wagen. Ich bringe Sie raus.« Als er sich verabschiedete, wurde er aber plötzlich ernst. »Im Vertrauen, Schindler, ich rate Ihnen, lassen Sie sich nicht mit einer Jüdin ein. Nicht nur wegen der Vorschriften. Sondern weil das nicht von Dauer sein könnte. Die Juden haben keine Zukunft mehr, und das ist nicht das übliche antisemitische Blabla, sondern beschlossene Sache.«
    Kapitel 13
    Noch im Sommer 1942 klammerten sich die Gettobewohner an die Vorstellung, daß sie hier auf Dauer in Sicherheit wären. 1941 hatte manches dafür gesprochen: Ein Postamt wurde eingerichtet, mit eigenen Wertzeichen. Es gab eine Gettozeitung, wenn die auch wenig anderes enthielt als die Bekanntmachungen der Behörden. Und es wurde ein Lokal eröffnet, Försters Restaurant. Hier traten die Brüder Rosner auf, zurück aus der Provinz, den unberechenbaren Launen der Bauern entronnen. Eine Weile schien es so, als sollten auch eine Schule gestattet, ein Orchester gebildet und regelmäßig Konzerte veranstaltet werden, als könne sich eine Art normales jüdisches Leben entwickeln, mit Handwerkern und Gelehrten.
    Noch hatten die SS-Bürokraten in der Pomorskastraße nicht durchblicken lassen, daß ein solches Getto nicht nur ein Wölkenkuckucksheim, sondern geradezu eine Beleidigung des vernunftbestimmten Ganges der Weltgeschichte wäre.
    Untersturmführer Brandt bestellte den Präsidenten des Judenrates Rosenzweig zu sich und trieb ihm mit der Reitpeitsche die Vorstellung aus, das Getto könne ein dauerhafter Zufluchtsort werden, eine Vorstellung, an der Rosenzweig unbelehrbar festgehalten hatte. Das Getto war vielmehr ein Depot, ein Verschiebegleis, eine ummauerte Haltestelle. 1942. konnte von etwas anderem nicht mehr die Rede sein.
    Es war also keineswegs mehr das Getto, an das die älteren Leute sich mit einer gewissen Wehmut erinnerten. Musik zum Beispiel sollte als Beruf dort nicht mehr ausgeübt werden, und Henry Rosner spielte jetzt in der Luftwaffenkantine. Dort wurde er mit dem Kantinenpächter bekannt, einem noch jungen Mann namens Richard. Der verstand sich mit Rosner so glänzend, daß er ihn beauftragte, die Lohngelder für die Kantine abzuholen einem Deutschen wolle er das nicht mehr anvertrauen, sagte Richard, der letzte sei mit den Lohngeldern nach Ungarn durchgebrannt.
    Wie jeder tüchtige Kantinenpächter schnappte Richard alle möglichen Informationen an der Theke auf. Am i. Juni erschien er mit seiner Freundin, einer Volksdeutschen. Sie trug ein weites

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