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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Keneally
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einander gegenüber und spürten, daß sie einander verstanden, das heißt, jeder wußte vom anderen, daß er hier in Krakau ein Vermögen machen wollte und daß Schindler für Gefälligkeiten, die man ihm erwies, bezahlen würde.
    Auf dieser Ebene verstanden sie sich wie gesagt durchaus. Schindler besaß die für gute Verkäufer bezeichnende Fähigkeit, mit Menschen, die er verabscheute, wie mit Brüdern im Geiste umzugehen, und er täuschte den Kommandanten so vollständig, daß dieser Schindler bis zum Ende für einen guten Freund hielt.
    Die Aussagen von Stern und anderen bestätigen jedoch, daß Schindler den Kommandanten von Anfang an verabscheute, weil der so seelenruhig mordete, wie ein Beamter sein Frühstücksbrot ißt. Einerlei, ob er zu Göth, dem Lagerkommandanten, oder Göth, dem Spekulanten, sprach, immer war er sich bewußt, daß Göths Verhalten nicht das eines mit normalen Maßstäben zu messenden Menschen war. Die geschäftlichen und gesellschaftlichen Beziehungen, die beide zueinander unterhielten, legen den Verdacht nahe, daß Schindler gegen seinen Willen von dem Bösen in diesem Menschen fasziniert war, doch haben diejenigen, die ihn damals kannten, nichts dergleichen bemerkt. Sein Abscheu überstieg bald jedes Maß, und seine Handlungen beweisen das zur Genüge. Gleichwohl kann man den Gedanken nicht abweisen, daß Göth so etwas wie der dunkle Bruder Schindlers war, ein berserkerhafter, fanatischer Mordgeselle, wie auch Schindler einer hätte werden können, wären seine Neigungen andere gewesen.Beim Cognac erklärte Schindler, weshalb es für ihn unmöglich sei, seinen Betrieb nach Plaszow zu verlegen. Seine Maschinen eigneten sich nicht dafür. Sein Freund Madritsch beabsichtigte seines Wissens, mitsamt seiner jüdischen Belegschaft umzuziehen. Doch habe der keinen vergleichbaren Maschinenpark, es handele sich, soweit er sehe, nur um Nähmaschinen. Seine eigenen schweren Blechpressen würden das aber übelnehmen, solche empfindlichen Maschinen bekämen mit der Zeit ihre Launen, und seine Arbeiter hätten sich darauf eingestellt. Auf einer anderen Unterlage würden die Maschinen wieder ganz neue Tücken zeigen, man müsse dann mit längeren Ausfallzeiten rechnen, was Madritsch nicht zu befürchten habe. Göth werde gewiß verstehen, daß Schindler sich angesichts der Flut von Wehrmachtsaufträgen keinen Zeitverlust leisten könne.
    Beckmann, der sich vor ähnlichen Problemen sähe, wolle in den Corowa-Werken keine Juden mehr beschäftigen, weil ihm das Hin und Her seiner Arbeiter zwischen Plaszow und Krakau zu lästig würde. Er, Schindler, beschäftige leider sehr viel mehr gelernte jüdische Arbeiter als Beckmann, und wenn er die entlasse, müßten polnische Arbeiter mühsam angelernt werden, was wiederum einen Rückgang der Produktion zur Folge habe, ja, der werde noch schlimmer ausfallen, als wenn er Göths Angebot, ganz ins Lager zu übersiedeln, annähme.
    Göth vermutete, Schindler wolle nicht nach Plaszow, weil ihn das bei illegalen Transaktionen in Krakau hindere, und versicherte deshalb noch einmal, die Betriebsführung sei selbstverständlich einzig Schindlers Sache.
    Schindler beharrte scheinheilig darauf, daß nur technische Überlegungen ihn leiteten. Er wolle den Kommandanten nicht kränken, aber er wäre dankbar, und mit ihm gewiß auch die Rüstungsinspektion, falls man die DEF an ihrem jetzigen Standort belassen könne.
    Das Wort »dankbar« hatte zwischen Männern wie Göth und Schindler einen handfesten Inhalt. Dankbarkeit bedeutete einen Anteil. Göth sagte, er begreife Schindlers Schwierigkeiten gut, und es werde ihm ein Vergnügen sein, nach Auflösung des Gettos Wachmannschaften zur Verfügung zu stellen, die Schindlers Arbeiter an ihren Arbeitsplatz und zurück eskortieren sollten.
    Stern, der eines Nachmittags von den Progress-Werken in Geschäften bei Schindler vorbeikam, fand ihn deprimiert und spürte, daß sich eine gewisse Resignation Schindlers zu bemächtigen drohte. Beim Kaffee, den er stets mit einem Schuß Cognac nahm, berichtete er Stern, er sei wieder in Plaszow gewesen, weil er wissen wolle, wann mit einer Übersiedlung der Gettojuden zu rechnen sei. »Ich habe mal die Baracken gezählt. Falls Göth 2.00 Frauen pro Baracke rechnet, kann er jetzt schon 6000 Frauen unterbringen. Im Männerlager weiter unten am Hang stehen weniger Baracken, aber wenn die Bauarbeiten in diesem Tempo weitergehen, ist es nur noch eine Frage von Tagen. Hier in der Fabrik

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