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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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kilometerdickem Fels. Das Leben hatte sich wie Kitt in die Spalte dieses Kleinplaneten gedrängt und das träge Herz herausgegraben und die Höhle mit Maschinen gefüllt.
    Vom Industriekern her betrachtet, war die Sohle der Schlucht die oberste Schicht der Außenwelt. Hier befanden sich Wells' Büros, in denen seine Belegschaft in Schichten rund um die Uhr an den Monitoren die Datapulse der Union of Cartels verfolgten, die unter der quasinationalen Führung durch Ceres Datacom Network vereint waren.
    Die Arbeitsräume waren mit Velcro und Video tapeziert, und die Glühschirme mit dem unendlichen Nachrichtengemurmel dienten auch als Raumteiler für die einzelnen Arbeitsplätze. Teile von Hard Copy steckten in Velcroclips bei den Füßen und über den Köpfen der Crew; Reporter mit Kopfgeräten redeten über Audioverbindungen oder hämmerten energisch auf Tastaturen ein. Sie alle wirkten jung, und ihre Kleidung wies eine betonte Extravaganz auf. Über das Brabbeln der Sprecher, das glatte Rasseln der Printer, das Surren verdeckter Datenbänder hinweg ertönte leise BackgroundMusik: das grelle brüchige Jaulen von Synthesizern. Die kalte Luft duftete nach Rosen.
    Ein Sekretär meldete sie an. Unter einem losen Mech-Baret krausten seine Haare hervor. Das Volumen der Mütze ließ auf mögliche Schädelanschlüsse schließen. Am Jackenaufschlag trug er einen patriotischen Sticker: das Gesicht von Michael Carnassus mit riesengroßen Augen.
    Wells' Büro war abgeschirmter als die übrigen Bereiche. Bei ihm bildeten die Videowände ein hochwuchtendes Mosaik aus Balkenüberschriften, aneinander grenzenden Rechtecken von Daten, die willkürlich gestoppt und vergrößert werden konnten. Er hatte einen gesteppten Coverall an und trug Shaperspitzen am Halskragen; das graue Material war mit stilisierten Eurypteroiden in einem dunkleren Grau bedruckt. Die modischen Handschuhe waren von schaltkreisüberhäuften Kontrollringen bedeckt.
    »Willkommen bei CDN, Auditor Milosz. Du ebenfalls, Polizeifrau. Darf ich euch einen heißen Tee anbieten?«
    Lindsay nahm die warme Knolle dankbar an. Es war Syntheto-Tee, aber er schmeckte gut. Greta nahm die Blase an, trank jedoch nicht. Sie betrachtete Wells mit gelassener Aufmerksamkeit.
    Wells berührte eine Schaltung auf der klebrigen Platte seines freischwebenden Werktischs. Eine weite Kranlampe drehte sich mit schlangenhafter Anmut auf dem Ringelhals und starrte Lindsay an. Unter der Haube lagen in eine weiche Matrix aus dunklem Fleisch gebettet menschliche Augen. Die Augen blinzelten und glitten dann von Lindsay zu Greta Beatty. Greta neigte zum Zeichen der Bekanntschaft den Kopf.
    »Das ist ein Monitoranschluß für den Polizeichef«, erklärte Wells Lindsay. »Sie schaut sich die Sachen lieber mit eigenen Augen an, wenn ihnen derart große Bedeutung zukommt, wie du es von deinen Nachrichten behauptest.« Er wandte sich zu Greta. »Die Lage ist unter Kontrolle, Polizeifrau.« Die Harmonikatür in ihrem Rücken öffnete sich pfeifend.
    Mit verkniffenen Lippen verneigte sich Greta erneut gegen die Lampe, warf Lindsay einen hastigen Blick zu und kickte sich von der Wand ab und zur Tür hinaus, die wieder zuglitt.
    »Wie bist du denn bei dieser Zen-Nonne kleben geblieben?« fragte Wells.
    »Verzeihung, wie?«
    »Na, diese Beatty. Hat sie dir noch nichts von ihrer Zugehörigkeit zu diesem Ordenskult erzählt? Zen-Serotonin?«
    »Nein.« Lindsay zögerte. »Mir erscheint sie stark selbstbeherrscht.«
    »Merkwürdig. Ich habe mir sagen lassen, daß dieser Kult in deiner Heimatwelt recht verbreitet ist. Bettina ist, glaub ich, deine Welt, nicht wahr?«
    Lindsay bohrte die Augen in die des Mannes. »Du kennst mich doch, Wells. Denk mal zurück. Goldreich-Tremaine.«
    Wells grinste einseitig verzerrt, drückte seine Teeknolle und spritzte sich einen bernsteinbraunen Strahl in den Mund. Die Zähne waren kräftig und gerade, und die Wirkung war alarmierend wild. »Dachte ich es mir doch, daß du irgendwas von einem Shaper an dir hast. Wenn du einer von den Kataklysmatikern bist, versuchst du unter den Augen des Polizeichefs besser keine Kamikazegeschichten.«
    »Ich war ein Opfer der Kataklysmatiker«, sagte Lindsay. »Sie haben mich einen Monat lang auf Eis gelegt. Dabei wurden meine ganzen Routinen gestört. Und danach bin ich übergelaufen und hab mich abgesetzt.« Er zog den Handschuh von seiner rechten Hand.
    Wells erkannte die uralte Prothese wieder. »Captain-Doktor Mavrides! Was für eine

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