Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
AltRadikalen übernahm. Er schaute sich um, und ein Gefühl von Stolz flammte in ihm auf. »Ach, sollen die doch zu mir kommen!«
     
    THE MARE TRANQUILLITATIS PEOPLE'S
    CIRCUMLUNAR
    ZAIBATSU: l-6-'16
     
    Für die Premierenvorstellung verzichtete Lindsay auf seine superschicken Klamotten und kleidete sich bescheiden in den normengerechten Standard-Trainingsanzug. Sein Diplomatenköfferchen versteckte er diskret unter Sackleinen, um das Kabuki-Emblem zu verdecken.
    Anscheinend waren sämtliche Sundogs der Welt in die »BubbleBlase« geströmt. Über tausend Personen waren es. Und natürlich hätte die Kugel sie nicht aufnehmen können, wenn hier nicht Schwerelosigkeit geherrscht hätte. Es gab da grazile Opernlogen aus leichtem Lattenwerk für die Banker-Elite, und es gab einen Komplex von gepolsterten Drahtgeflechten für das niedere Publikum, das sich dort festkrallte wie Spatzen für den nächtlichen Schlaf.
    Zum großen Teil aber schwebte das Publikum frei umher und bildete eine durcheinanderbrodelnde Masse von freibeweglichen konzentrischen Kugelgebilden. In der Masse der Leiber hatten sich weite Kanalschächte aufgetan, die hinter dem komplizierten Kinesikstrom der Menge Mensch entstanden waren. Man hörte ein unablässiges erregtes Brabbeln von Stimmen in einem Gewirr durcheinanderzischelnder Dialekte.
    Das Schauspiel begann. Lindsay beobachtete das Publikum ... Während die erste Eröffnungsfanfare erklang, brachen da und dort Rangelkämpfe um bessere Plazierung aus, doch sobald der Dialogtext begann, hatte sich die Menschenmenge irgendwie auf ihren Plätzen eingerichtet. Lindsay empfand dies mit Dankbarkeit. Im übrigen fehlte ihm seine gewohnte Leibwache von FortunaPiraten.
    Die Piraten nämlich hatten ihre Verpflichtungen ihm gegenüber erfüllt und waren damit beschäftigt, ihr Schiff startklar zu machen. Trotzdem fühlte sich Lindsay in seiner Anonymität sicher. Sollte sein Theaterstück ein Flop werden, gut, dann war er eben auch nur einer von den zahlreichen Sundogs. Und wenn es ein Erfolg wurde, konnte er sich rasch genug umziehen und den Beifall einheimsen.
    In der ersten Entführungsszene raubten Piraten das wunderschöne und junge geniale Waffenweibchen, die Killerlady, die von einer der besten Angestellten aus Kitsunes Bank dargestellt wurde. Das Publikum kreischte entzückt angesichts der Wolken von künstlichem Rauch und der Ströme von Kunstblut, die grellrot sich im schwerelosen Bühnenraum ausbreiteten.
    Lexikal-Computer, die rings um die Blase angeordnet waren, übersetzten den Text in ein Dutzend verschiedener Sprachen und Dialekte. Es wäre ziemlich viel, zuviel an Erwartung gewesen, wenn man vorausgesetzt hätte, daß diese vielsprachige Zuschauerschar sich dem Textdialog gewachsen zeigte und ihm hätte folgen können. Lindsay kam das Ganze vor wie ein dümmlichnaives Wortgewäsch, das durch Fehlinterpretation glattgebügelt worden war. Aber das Publikum lauschte hingerissen.
    Nach einer Stunde waren die ersten drei Akte überstanden. Es folgte eine lange Pause, während derer die Zentralbühne abgedunkelt wurde. Es hatten sich spontan ein paar grobschlächtige laute Claques gebildet, um die Stars der Vorstellung zu bejubeln, und Anhänger der Piraten brüllten ihren Idolen zu.
    Lindsay hatte ein Stechen in der Nase. Man hatte die Luft innerhalb der Theaterblase mit einer überhöhten Sauerstoffladung vollgepumpt, um dem Publikum durch Hyperventilation mehr Schwung zu geben. Gegen seinen Willen verspürte auch Lindsay den Kitzel. Die grob-heiseren Begeisterungsrufe wirkten ansteckend. Alles verlief nach seiner Eigendynamik. Alles rollte jenseits von Kontrolle ab.
    Lindsay ließ sich gegen die Wand der Blase treiben, wo einige unternehmungslustige Sauerstoff-Farmer einen konzessionierten Verkaufsstand aufgebaut hatten.
    Die Farmer hingen unbeholfen an Fußschlaufen im Rahmenwerk der Blase, aber ihr Geschäft lief gut. Sie verkauften ihre einheimischen Delikatessen: nicht näher definierbare grüne,
    scharfgebratene Hamburger, weiße wabbelige Würfel auf Spießchen, die vor Hitze zischend aus der Mikrowelle kamen. Natürlich machte Kabuki Intrasolar dabei seinen Schnitt, denn die Freßbuden waren schließlich Lindsays Idee gewesen. Und die Farmer berappten liebend gern für die Konzession in Kabuki-Aktien.
    Lindsay war allerdings bei der Wertpapierausgabe vorsichtig verfahren. Anfänglich hatte er eine maßlose Inflation damit beabsichtigt, um damit die Black Medicals zu ruinieren. Aber

Weitere Kostenlose Bücher