Schismatrix
in dem Sack, Zielperson? Ist es was, das die drüben in der Heimat gern wüßten?«
»Im Ring Council?«
»Genau. Die sagen zwar, wir wären von ihnen unter Belagerungszustand gesetzt, diese ganzen Drahtschädel der Mechs, aber schließlich ist nicht jedes Kartell so astrein wie das letzte. Und wir sind gut ausgebildet. Wir können noch unter die Leberflecken auf dem Gewissen eines Diplidioten kriechen.«
»Wie gescheit«, sagte Lindsay. »Gute Technik habe ich schon immer bewundert. Vielleicht könnten wir da irgendwie zusammenfinden.«
»Doch, das wäre ganz interessant«, antwortete der Mörder höflich. Und damit begriff Lindsay, daß dieser Mann sich durch keinerlei Bestechung von seiner Verfolgung abbringen lassen würde.
Der Killer gab Lindsays Handgelenk frei. Er griff mit dem linken Fuß in die Brusttasche seines Jumpanzugs. Knie- und Hüftgelenke rotierten unheimlich glatt. »Das da ist für dich«, sagte er und gab eine schwarze Videobandkassette frei, die vor Lindsays Augen schwerelos kreiste.
Lindsay griff nach der Kassette und schob sie sich in die Tasche. Dann drückte er den Verschluß der Tasche zu und blickte sich wieder um. Sein Killer war verschwunden. An seiner Stelle sah er einen wohlbeleibten männlichen Sundog in genau der gleichen Art von sandbrauner Einheits-Jumpkleidung. Allerdings wirkte er wuchtiger als der Killer, und seine Haare waren blond. Der Mann schaute Lindsay gleichgültig an.
Lindsay wollte schon die Hand ausstrecken, um ihn zu berühren, hielt sich aber zurück, ehe der Mann etwas merken konnte.
Das Bühnenlicht wurde hochgefahren. Tänzer kamen auf die Bühne. Die Theaterblase bebte von begeistertem Geheul. Lindsay rettete sich an der Kugelwandung entlang, quer durch ein Gewirr von Beinen, die in Fußhaftern verankert waren, und über Arme in Handkrampen hinweg. Schließlich langte er an der vorderen Luftschleuse an.
Er orderte einen der Flugapparate, die vor der Schleuse in Warteposition lagen, und flog sofort zur Geisha Bank.
Es war fast kein Mensch da, aber seine Creditkarte verschaffte ihm Zutritt. Die Gigantenposten erkannten ihn wieder und verneigten sich vor ihm. Lindsay war verlegen, und er zauderte, bis ihm bewußt wurde, daß er ja wirklich nichts zu sagen hatte. Was hätte er den Ungeheuern schon sagen sollen? »Liquidiert mich, wenn ihr mich das nächstemal seht...?«
Vögel mit ihrem eigenen Spiegelbild zu fangen, das war die ideale Vogelstellerei...
Das Perlennetz der Yarite würde ihn schützen. Kitsune hatte ihm beigebracht, wie man die Perlen von innen her bediente. Selbst wenn der Killer die Fallen umging, konnte er noch immer durch Starkstrom oder flechettes , scharfe Pfeilchen, erledigt werden.
Lindsay durchquerte das Labyrinthpattern fehlerlos. Dann stürzte er in den Salon der Yarite , öffnete einen Videoschirm, schaltete ein und schob das Band rein.
Ein Gesicht aus der Vergangenheit: das Gesicht seines engsten Freundes, des Mannes, der ihn zu töten versucht hatte - Philip Khouri Constantine.
»Hallo, Cousin«, sagte Constantine.
Es war die Ehrenfloksel im Aristo-Jargon der Republic. Doch Constantine war ein Plebe. Lindsay hatte ihn das Wort noch nie mit so viel Haß aussprechen hören.
»Ich erlaube mir, mich in deinem Exil mit dir in Verbindung zu setzen.« Constantine wirkte betrunken. Er sprach die Wörter überpräzise aus. Der ringförmige Kragen an seinem altmodischen Anzug ließ auf der Olivenhaut des Halses Schweiß erkennen. »Ein paar meiner Shaper-Freunde teilen das Interesse, das ich für deine Karriere empfinde. Sie bezeichnen diese Agenten nicht als Assassinen oder Killer. Die Shapers nennen sie Antibiotika ...
... Sie haben ihr Operationsfeld hierher ausgedehnt. Die Opposition macht weit weniger Ärger, da so viele an ›natürlichen Ursachen‹ gestorben sind. Daneben wirkt mein alter Trick mit den Killermotten geradezu pubertär. Starke Soße und riskant...
... Trotzdem, die Insekten haben recht gute Arbeit geleistet, hier draußen hinterm Mond ... Die Zeit rast, Cousin. In fünf Monaten haben sich die Dinge verändert ...
... Die Belagerung der Mechanisten bricht zusammen. Wenn die Shapers in der Falle stecken und unter Druck geraten, dann sickern sie einfach davon und weichen aus. Sie können nicht besiegt werden. Das haben wir uns doch immer gegenseitig vorgesagt, als wir Jungs waren, weißt du noch, Abélard? Als uns die Zukunft derart brillant erschien, daß wir einander damit manchmal fast blendeten. Damals in
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