Schismatrix
der Zeit, lange bevor wir wußten, wie ein Blutfleck aussieht...
... Diese Republic braucht die Shapers. Die Kolonie verfault. Sie können ohne Biowissenschaften nicht überleben. Das weiß ein jeder, sogar die Altradikalen ...
... Wir haben mit diesen alten Drahtschädeln nie ernsthaft, nie richtig gesprochen, Cousin. Du hast es mich nicht tun lassen, weil du sie zu sehr haßtest. Und jetzt weiß ich auch, warum du dich scheutest, dich ihnen entgegenzustellen. Sie sind infiziert, verdorben, Abélard, genau wie du. In gewisser Weise sind sie dein Spiegelbild. Inzwischen weißt du ja, was für einen Schock es einem versetzt, wenn man einen von ihnen zu Gesicht bekommt.« Constantine grinste und strich mit der kleinen Hand geschickt die Locken glatt.
»Ich aber, ich habe mit ihnen gesprochen, ich hab mich mit ihnen arrangiert... Es hat hier einen Staatsstreich gegeben, Abélard. Die Ratsversammlung ist aufgelöst. Die Macht liegt in den Händen des Exekutivausschusses für den Fortbestand und das Überleben der Nation. Und das - bin ich, zusammen mit ein paar unserer konservationistischen Freunde. Veras Tod hat alles verändert, genau wie wir es vorhergesehen hatten. Jetzt haben wir unsere Märtyrerin. Jetzt sind wir stark wie Stahl und wild entschlossen ...
... Die Altradikalen hauen ab. Emigrieren in die Mech-Kartellwelten, wo sie hingehören. Und die Aristos werden die Kosten dafür tragen müssen ...
... Bald hast du Nachfolger, Cousin. Die ganze üble Blase bankrotter Aristos - die Lindsays, Tylers, Kellands, Morrisseys - sind politische Exilanten. Deine Frau ist auch dabei. Sie werden zwischen ihren Shaper-Kindern und ihren Mechano-Großeltern ausgepreßt und wie Abfall beseitigt. Du kannst sie allesamt haben ...
... Ich möchte, daß du nach mir saubermachst, die losen Enden verknotest. Wenn du dazu nicht bereit bist, dann wende dich gleich wieder an meinen Boten. Der besorgt es dir dann.« Constantine zeigte grinsend die kleinen ebenmäßigen Zähne. »Außer durch den Tod kannst du dich dem Spiel nämlich nicht entziehen. Du und Vera, ihr habt es beide gewußt. Und jetzt bin ich der König, du ein Bauer.«
Lindsay stoppte das Band.
Er war ruiniert. Die Kabuki-Blase hatte eine groteske Solidität erlangt; dafür aber waren seine persönlichen ehrgeizigen Pläne zerplatzt.
Er saß in der Falle. Die Flüchtlinge aus der Republic würden seine Enttarnung bedeuten. Seine glitzernde Maske würde zerbrechen, und dann stand er nackt und entblößt da. Kitsune würde ihn als das erkennen, was er war: ein menschlicher Emporsteiger, nicht ihr Shaper-Geliebter.
Sein Hirn raste in einem Käfig. Hier zu Constantines Bedingungen leben zu sollen, von ihm gesteuert, von ihm verachtet ... die Vorstellung brannte wie Säure.
Aber er mußte entkommen. Er mußte sich sofort aus dieser Welt hier absetzen. Ihm blieb nicht mehr Zeit genug, einen Plan zu entwerfen. Draußen wartete sein gedungener Killer auf ihn, und er trug Lindsays eigenes Gesicht, das man ihm gestohlen hatte. Ihm erneut zu begegnen, das bedeutete den Tod. Wenn er jedoch sofort verschwand, würde er dem Kerl vielleicht entkommen. Und das hieß: nur eines, die Piraten.
Lindsay rieb sich das gequetschte Handgelenk. Langsam stieg Wut in ihm auf: Wut gegen die Shapers und die zerstörerische Klugheit, mit der sie ihr Überleben geplant hatten. Ihr Überlebenskampf hatte als Erben Ungeheuer hinterlassen: Den Assassinen. Constantine. Ihn, Lindsay selbst.
Constantine war jünger als Lindsay. Er hatte ihm vertraut, voll Bewunderung zu ihm aufgeschaut. Doch als Lindsay dann vom Ring Council auf Urlaub heimgekehrt war, hatte er schmerzhaft erfahren müssen, wie gründlich ihn die Shapers verwandelt hatten. Und dennoch hatte er Constantine in voller Absicht ihnen in die Hände geliefert. Wie stets hatte er das Ganze sehr überzeugend hingedreht, und Constantines neuerworbene Fähigkeiten waren vom entscheidender Wichtigkeit. Doch Lindsay selbst wußte, daß er es aus eigensüchtigen Gründen arrangiert hatte, damit er selbst nicht so allein sei - so außerhalb des Zaunes.
Constantine war schon immer ehrgeizig gewesen. Aber an die Stelle seiner ursprünglichen zutraulichen Ehrlichkeit hatte Lindsay ihm eine fremde raffinierte Weltgewandtheit, ja Hinterhältigkeit und Verstellungskunst eingepflanzt. Und wenn er und Constantine früher einmal hohe Ideale geteilt hatten, so hatten sie jetzt den - Mord gemein.
Für den ihn angesetzten Killer empfand Lindsay eine Art
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