Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
scheußlicher Brüderlichkeit. Das Assassinen-Training mußte so ziemlich wie sein eigenes verlaufen sein. Und der Selbsthaß, den er gegen sich empfand, versetzte seine Furcht vor dem Mörder mit einem plötzlichen scharfen Schuß Gift.
    Der Assassine trug Lindsays Gesichtszüge. Und plötzlich kam Lindsay die blitzhafte Einsicht, daß er ja die Vorteile dieses Mannes gegen ihn selber verkehren könne.
    Er konnte die Rolle des Killers annehmen und die ganze Situation umstülpen. Er konnte ein scheußliches Verbrechen begehen, und man würde statt seiner den Killer beschuldigen. Kitsune brauchte ein Verbrechen. Also würde er ihr dies als Abschiedsgeschenk hinterlassen, als eine Botschaft, die nur sie allein verstehen würde. Er konnte Kitsune befreien, und sein Feind würde dafür bezahlen.
    Er öffnete seinen Diplomatenkoffer und warf den Packen seiner Aktienanteile achtlos beiseite. Dann hob er die Fußbodenbretter und starrte auf den Körper der alten Frau, der nackt über dem schrumpeligen Wasserbett lag. Dann durchsuchte er den Raum nach etwas, womit er schneiden könnte.

3. Kapitel
     
    AN BORD DER ›RED CONSENSUS‹: 2-6-'16
     
    Als die letzte Hilfsrakete des Zaibatsu sich abgelöst hatte und die Triebwerke der Red Consensus zu arbeiten begannen, glaubte Lindsay allmählich, daß er wahrscheinlich gerettet sei.
    »Also, wie ist das nun, Bürger?« fragte der Präsident. »Du hast also mit der Sore die Sundogkurve gekratzt, richtig? Was befindet sich da in deinem Sack, Minister? Eiskalte Drogen? Heiße Software?«
    »Nein«, sagte Lindsay. »Das hat noch Zeit. Zuerst müssen wir die Gesichter von allen durchchecken, uns vergewissern, daß es auch wirklich ihre Gesichter sind.«
    »Du hast 'nen Furz im Hirn, Außenminister«, sagte einer der Senatoren. »Das ganze Zeug mit den Antibiotika ist nichts weiter als feindliche Agitpropscheiße. Die gibt es gar nicht.«
    »Du bist hier sicher«, sagte der Präsident. »Wir kennen jedes Angström in diesem Schiff, das kannst du mir glauben.« Er wischte eine gewaltige zappelnde Kakerlake von der sackleinenen Außenhaut des Diplomatensacks. »Du hast 'nen Superschnitt gemacht, stimmt's? Und jetzt willste dich in eins der Kartelle einkaufen? Wir sind zwar auf Charter mit Terminlimit, aber wir können einen Abstecher zu einer der Siedlungen im Belt machen - Bettina oder Themis, was dir lieber ist.« Der Präsident grinste boshaft. »Es wird dich einiges kosten.«
    »Nein, ich bleibe bei euch«, sagte Lindsay.
    »Ach ja?« brummte der Präsident. »Na, dann gehört das da uns!« Er schnappte sich Lindsays Diplomatentasche und warf sie der Parlamentsvorsitzenden zu.
    »Ich mach es für euch auf«, sagte Lindsay hastig. »Aber laßt mich erst mal was ganz rasch erklären.«
    »Na klar«, sagte die Vorsitzende. »Du kannst uns erklären wieviel es wert ist.« Sie drückte ihre elektrische Pocketsäge an die Tasche. Funken flogen, der Gestank geschmolzenen Plastikmaterials erfüllte das Raumschiff. Lindsay drehte das Gesicht weg.
    Die Vorsitzende stemmte wegen der Schwerelosigkeit die Knie gegen den Sack und begann in ihm herumzukramen. Mit einem heftigen Ruck zerrte sie schließlich Lindsays Beute hervor. Es war das abgesäbelte Haupt der Yarite .
    Mit dem Fauchen einer verbrühten Katze ließ sie den Schädel fahren. »Packt ihn!« schmetterte der Präsident.
    Zwei Senatoren stießen sich von der Schiffswandung und faßten Lindsay mit schmerzhaften Jiu-Jitsu-Griffen an Armen und Beinen.
    » Du bist der Killer!« brüllte der Präsident. »Du warst beauftragt, diese alte Mechanistin umzulegen! Es gibt überhaupt keine Beute!« Mit einer Grimasse des Ekels besah er den von Inputnoppen übersäten Schädel. »Steckt das Ding da in den Recycler!« befahl er einem der Volksvertreter. »Ich will so was nicht an Bord meines Schiffes haben. Nö, wart mal«, sagte er, als der Abgeordnete zögernd nach einer dünnen Haarsträhne griff. »Bring das mal erst rauf zur Werkstatt und hol die ganzen Schaltelemente raus.«
    Dann wandte er sich Lindsay zu. »Das also war dein Spiel, Bürger? Du bist ein bezahlter Killer, ein Assassine?«
    Lindsay klammerte sich an das, was sie von ihm hören wollten. »Genau«, sagte er automatisch. »Was immer ihr meint.«
    Es trat ein unheilvolles Schweigen ein, das nur durch die fernen Thermalknalle der Triebwerke der Red Consensus überlagert war. »Schmeißen wir den Arsch doch durch die Luftschleuse raus«, schlug die Parlamentsvorsitzende

Weitere Kostenlose Bücher