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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Inzwischen waren sie anscheinend über beschönigende Floskeln hinaus. »Erstens war es einfach. Es verbessert unsere zahlenmäßigen Chancen euch gegenüber. Und drittens: der Mann war verrückt. In einem noch schlimmeren Grad als der Rest eurer Besatzung. Zu unkalkulierbar. Und viel zu gefährlich, als daß man ihn am Leben hätte lassen dürfen.«
    »Aber, er war doch ganz harmlos«, sagte Lindsay. »Kein bißchen so wie wir zwei.« Tränen überschwemmten seine Augen.
    »Wenn du so gute Kontrolle hättest wie ich, würdest du nicht weinen. Nicht einmal, wenn sie dir das Herz aus dem Leib reißen.«
    »Das haben sie schon«, sagte Lindsay. »Und dir auch.«
    »Abélard«, sagte sie. »Er war ein Pirat.«
    »Und die andern?«
    »Glaubst du, die würden um uns weinen?«
    »Nein«, sagte Lindsay. »Und trauern würden sie auch nicht besonders um ihre eigenen Leute. Was die suchen würden, wäre Rache und Vergeltung. Was würdest du empfinden, wenn morgen Ian verschwände? Und zwei Monate später findest du zufällig ein paar von seinen Knochen am Auffanggatter einer Fermentationsanlage? Oder - vielleicht ist das sogar noch, besser, da deine Nerven ja dermaßen perfekt gestählt sind: wie wäre es denn mit dir selber an dieser Stelle? Wie würde dir denn die Macht schmecken, wenn du draußen , vor einer Luftschleuse blutigen Schaum aus dir herauswürgen mußt?«
    »Es liegt einzig bei dir«, sagte sie. »Ich habe dir die Wahrheit gesagt, genau wie wir es zwischen uns abgemacht haben. Es liegt bei dir, deine Seite in den Griff zu bekommen.«
    »Ich werde nicht in diese Lage versetzt sein«, sagte Lindsay. »Ich dachte, wir beide hätten eine Übereinkunft getroffen?«
    Sie wies auf das vor sich hinsickernde Wrack des Spinalkrebses. »Du hast mich nicht um meine Erlaubnis gebeten, ehe du mich angegriffen hast. Du hast etwas gesehen, das zu sehen dir unerträglich war, und du hast es zerstört. Genau das haben auch wir getan.«
    »Ich will mit Kleo reden«, sagte Lindsay.
    Sie wirkte verletzt. »Das ist gegen unsere Absprache. Du verhandelst über mich.«
    »Aber das ist doch Mord, Nora! Ich muß sie einfach sprechen.«
    Nora seufzte. »Sie ist in ihrem Garten. Du wirst aber einen sterilen Anzug anziehen müssen.«
    »Meiner ist drüben im Consensus .«
    »Nun, dann nimm doch einen von Ian. Komm schon!« Sie führte ihn in die glühlichterfüllte Höhle zurück, dann durch eine lange brüchige Stollenader, einen Arbeitsgang, zu dem Quartier des Ian Mavrides.
    Der Schneider von Raumanzügen und Graphikkünstler war wach und bei der Arbeit. Er hatte sich geweigert, seinen Dekontaminationsanzug abzulegen, er trug ihn beständig und hatte so ein steriles Einmann-Environment für sich.
    Für den Mavrides-Clan war Ian der Top-Frontmann, der Zielpunkt sämtlicher Bedrohungen und aller Ressentiments. Paolo hatte immerhin soviel ausgeplaudert, aber Lindsay hatte das schon vorher gewußt.
    Die gerundeten Wände von Ians Höhle waren säuberlich mit einem Gittermuster verziert. In wochenlanger Arbeit hatte er ein raffiniertes geometrisches Mosaik von L-Symbolen, die sich ineinander verschlangen, gefertigt. Im Laufe der Zeit waren die Zeichen kleiner geworden, folgten einander dichter, waren in besessen krabbelnder Starre zusammengedrängt. Das komplizierte Muster wirkte klaustrophobisch, erstickend; die winzigen Rechtecke schienen sich zu winden, schienen zu flackern.
    Als sie eintraten, fuhr Ian herum und steckte die Hand in eine ausgebuchtete Ärmeltasche. »Wir sind's«, sagte Nora.
    Ians Augen funkelten wild hinter der Helmplatte. »Oh«, machte er. »Zischt ab!«
    »Heb dir das für die andern auf«, sagte Lindsay. »Mich würde es weit mehr beeindrucken, wenn du ein bißchen schlafen würdest, Ian.«
    »Klar«, sagte Ian. »Damit du hier reinkommen und mir den Anzug ausziehen und mich kontaminieren kannst.«
    Nora sagte: »Wir brauchen einen Abzug, Ian. Der Minister besucht den Garten.«
    »Ich scheiß auf ihn! Der wird mir nicht einen von meinen Anzügen verstinken! Der soll sich gefälligst selber einen nähen, genau wie Rep-3.«
    »Du bist geschickt mit diesen Anzügen, Ian.« Lindsay fragte sich, ob es Ian gewesen war, der Rep-3 ermordet hatte. Möglicherweise hatten sie auch gewürfelt, wer diese Auszeichnung erhalten sollte. Er zog einen Anzug von der Halterung. »Wenn du den ausziehst, den du jetzt anhast, verzichte ich vielleicht auf diesen hier. Was sagst du dazu? Ich würfle mit dir.«
    Ian preßte einen

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