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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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wirklich? An die Fremden aus dem All?«
    »Vielleicht.«
    »Du bist in Ordnung«, sagte Paolo.
    »Aber wie kann ich euch helfen?« fragte Lindsay.
    »Es geht um den Abschußring, die Muffe. Wir haben vor, den Kopf da abzuschießen. Ein geheimer Start, Spitzengeschwindigkeit, volle Kraft, und aus der Ekliptikebene hinaus. Vielleicht sieht dann irgendwer irgendeinmal das Ding da. Vielleicht stößt in fünfhundert Millionen Jahren irgendwas, wenn es längst keine Spur mehr von menschlichem Leben gibt, oder irgendjemand zufällig auf mein Gesicht. Außerhalb dieser Ebene gibt es keinen Weltraum-Müll, keinen Staub, keine Zusammenstöße - nur das tödliche, vollkommene Vakuum des Alls. Und das da, das ist feiner harter Stein. Soweit, wie wir hier draußen sind, könnte die Sonne sich in einen Roten Riesen verwandeln, und sie würde den Kopf kaum erhitzen. Und er könnte im Orbit bleiben bis zum Stadium des Weißen Zwerges, vielleicht bis zu dem der Schwarzen Asche, bis die Galaxie explodiert, oder bis der Kosmos beginnt, seinen eigenen Schwanz aufzufressen. Mein Abbild - für ewig.«
    »Nur müssen wir es natürlich vorher rausschicken«, sagte Fazil.
    »Dem Mister President wird das nicht gefallen«, sagte Lindsay. »In dem ersten Abkommen, das wir unterzeichneten, steht, daß vorläufig keinerlei Raketenstarts mehr erfolgen sollen und dürfen. Vielleicht später einmal, wenn unser Vertrauen sich verstärkt hat.«
    Paolo und Fazil wechselten Blicke. Lindsay begriff sofort, daß ihm die Geschichte aus der Hand geglitten war.
    »Also, schaut doch mal«, sagte er. »Ihr zwei, ihr seid doch begabt. Ihr habt 'n Menge freie Zeit zur Verfügung, seit der Abschußring geschlossen ist. Ihr könntet doch Porträtköpfe von uns allen machen.«
    »Nein!« Paolo brüllte das Wort. »Das geht nur uns zwei was an, keinen sonst!«
    »Und wie steht es mit dir, Fazil? Hättest du nicht auch gern einen Kopf?«
    »Wir sind tot«, sagte Fazil. »Dafür haben wir zwei Jahre gebraucht. Und diese Zeit reichte nur für einen. Der Zufall hat uns alle beide reingelegt. Einer von uns mußte alles geben, ohne etwas dafür zu bekommen. Also haben wir eine Entscheidung gefällt. Zeig es ihm, Paolo!«
    »Er sollte es nicht sehen«, sagte Paolo mürrisch. »Er versteht es ja doch nicht.«
    »Ich will aber, daß er es weiß, Paolo.« Fazil blieb fest. »Warum ich folgen muß, und warum du die Führerschaft hast. Zeig es ihm, Paolo!«
    Paolo griff unter seinen Poncho und zog ein Deckelkästchen aus durchsichtigem Acryl hervor. Darin lagen zwei Steinkuben - schwarze, quadratische, mit weißen Punkten auf den Flächen. Spielwürfel.
    Lindsay fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Derlei hatte er im Ring Council gesehen: Spielleidenschaft als Lokalcharakteristikum. Nicht nur um Geld, sondern um die Kernpersönlichkeit spielten sie. Geheime Absprachen. Dominanzspiele. Sex. Die Kämpfe zwischen, nein innerhalb der Genlinien, zwischen Individuen, die mit öder Sicherheit wußten, daß sie völlig gleichwertig sind. Und die Würfel fielen rasch, und die Entscheidung war endgültig.
    »Ich kann euch helfen«, sagte Lindsay. »Handeln wir es aus.«
    »Wir haben eigentlich Dienst«, sagte Paolo. »Funküberwachung. Wir müssen weg, Mister Außenminister.«
    »Ich komme mit«, sagte Lindsay.
    Die beiden Shapers versiegelten den Steindeckel über ihrer versteckten Werkstatt und huschten in der Dunkelheit davon. Lindsay folgte, so rasch er konnte.
    Die Shapers hatten über den ganzen Asteroiden verbreitete versenkte Abhörscheiben. Die schüsselförmigen Einschlagkrater waren ideal geeignet für die getarnten kupfernen Maschengeflechte. Alle Antennen wurden in einen Hauptprozessor eingespeist, dessen empfindliche Halbleiter in einer widerstandsfähigen Acrylkonsole abgeschirmt untergebracht waren. In Schlitzen dieser Konsole steckten Kassetten hausgemachter Aufzeichnungsbänder, die beständig an Dutzenden verschiedener Magnetköpfe vorbeirauschten. Eine weitere Vertiefung des Acrylsets enthielt ein Flüssigkristalldisplay für Videokopierung und ein Keyboard mit Handlettern.
    Die beiden Genbrüder durchkämmten den Wellenbereich, huschten über ein Spektrum allgemeiner Sendeimpulse aus dem Kartell. Die meisten Bandbreiten boten chiffrierte Statik, anonyme Blips kybernetischer Datenimpulse. »Da, da haben wir was«, sagte Paolo. »Trigonometrier mir das, Fazil.«
    »Es ist nahe«, sagte Fazil. »Oh, das ist nur der Irre.«
    »Was?« fragte Lindsay. Eine riesige

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