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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Sternenrassen. Offensichtlich verfügten sie über dermaßen potente Technologien, daß sie diese enge Welt hier hundertfach overkillen konnten. Die Menschenwelt jauchzte und war selig, daß die Aliens so heiter und freundlich zu sein schienen. Die Waren, die sie anboten, waren fast durchweg harmlos, oft handelte es sich um Kunstwerke von breitem akademischen Interesse und erstaunlich geringem praktischen Nutzen.
    Der Reichtum der Menschen strömte in die Tresore der Fremden. In den Schiffen der Investoren reisten Mini-Gesandtschaften zu den Sternen. Zwar richteten sie nicht viel aus (oder an), und sie blieben stets winzig, denn die Investoren forderten astronomisch hohe Transportgebühren.
    Die Reichtümer, die sie aus der Menschenwirtschaft abzapften, brachten die Fremden wieder in den Kreislauf zurück. Sie kauften sich in Human-Unternehmen ein. Mit einer einzigen technologischen Neuerung aus einem ihrer vollgestopften Tresore vermochten die Aliens einem dahinkümmernden Industriezweig zu einem raketenhaften Höhenflug auf dem Aktienmarkt zu verhelfen. Interessengruppen lieferten sich heiße Kämpfe, um ihre Gunst zu erringen. Und nicht-kooperationsbereite Welten lernten nur zu rasch, wie leicht sie ins Hintertreffen geraten konnten und damit abgekoppelt und altmodisch-uninteressant wurden.
    Handel und Geschäfte erlebten in dem jungen »Investor-Frieden« eine Hochblüte. Offene Bekriegung eines Gegners galt bald als unfeine Vulgarität und machte einer höflich-versteckten ungezügelten Industriespionage Platz. Mit jedem neuen Jahr, das anbrach, lag sozusagen das »Goldene Zeitalter« nur um einen Atemzug außer Reichweite. Und die Jahre vergingen und lösten eines das andere ab.
     
    GOLDREICH-TREMAINE COUNCIL STATE:
    3-4-'37
     
    Die Menschenmenge machte Lindsay Vergnügen. Die Luft um ihn herum war voller Menschen: Bunte Oberkleidung mit schäumendem Spitzenbesatz; Beine in gemusterten Strümpfen mit glatten fünfzehigen Füßlingen. Die Luft im Theaterfoyer stank schwer nach Shaper-Parfums.
    Lindsay lag bequem an einer strukturierten Samtwand, den Jackenärmel hatte er durch eine Halterungsschlaufe gesteckt. Er war supermodern und nach dem allerneuesten Modediktat gekleidet: eine meergrüne Jacke aus Brokat, grüne Satin-Kniehosen, Strümpfe mit gelben Nadelstreifen. Seine Füße waren für den Aufenthalt in der Schwerelosigkeit elegant beschuht. In seiner Weste blitzte an einer Goldkette ein Video-Monokel. Mit gelber Schnur durchflochtene Zöpfe hielten seine langen graumelierten Haare fest.
    Lindsay war einundfünfzig Jahre alt. Unter den Shapers galt er als weitaus älter - als ein Genprodukt aus der nebligen Morgenröte der Shaper-Geschichte. Es gab ziemlich viele solcher Typen in Goldreich-Tremaine, einem der ältesten Stadtstaaten der Shapers in den Saturnringen.
    Aus dem Zuschauerraum tauchte ein Mechanist im Foyer auf. Er trug einen Rippelcord-Einteiler in geschmackvollem MahagoniBraun. Als er Lindsay erblickte, stieß er sich von der Türfüllung ab und kam auf ihn zugeschwebt.
    In freundlicher Höflichkeit streckte Lindsay die Hand aus und bremste das Flugmoment des Mannes ab. Bei der Bewegung wimmerte Lindsays rechte Armprothese leise. »Guten Abend, Mister Beyer.«
    Der gutaussehende Mechanist nickte grüßend und griff nach einer Halteschlaufe. »Guten Abend, Dr. Mavrides. Es ist mir - wie stets - ein Vergnügen.«
    Beyer gehörte zu der Ceresianischen Gesandtschaft. Zweiter Kulturattache, ein farbloser Titel, hinter dem seine Verbindung zum Mech-Geheimdienst nur unzulänglich versteckt war.
    »Ich sehe dich bei dieser Tagesschicht nicht oft, Mister Beyer.«
    »Oh, ich mach heut mal 'ne Sause«, sagte Beyer glatt. Das Leben in Goldreich-Tremaine pulsierte ununterbrochen; und die »Friedhofsschicht« - von Mitternacht bis acht am Morgen - war am wenigsten verkrampft und am wenigsten von Polizei bespitzelt. In diesen »toten Stunden« konnte auch ein Mechano sich unter die Leute mischen, ohne angestarrt zu werden.
    »Gefällt dir das Stück, Sir?«
    »Es ist ein Triumph. So gut wie Ryumin, möchte ich sagen. Der Verfasser allerdings - Fernand Vetterling, also seine Arbeiten sind mir neu.«
    »Er ist einer von den jungen Leuten am Ort. Einer unserer Besten.«
    »Aah. Also einer eurer Schützlinge. Ich begrüße seine DetenteBestrebungen. Wir haben gegen Ende der Woche eine kleine Soiree in der Gesandtschaft. Ich würde Mister Vetterling gern kennenlernen. Um ihm meine Bewunderung

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