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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Genetik-Linie und meine Ausbildung ... Die Aliens könnten für uns die Zuflucht bedeuten.«
    »Wir sollten Constantine angreifen. Er ist ein Killer.«
    »Darling, es steht uns nicht zu, in der Beziehung Schuldzuweisungen vorzunehmen.« Lindsay krallte sich den Pappbecher in die Mechano-Prothesenhand; die dünne Wandung quoll scharf hervor. »Ich hatte mir geschworen, ihm immer und überall aus dem Weg zu gehen, wenn es möglich ist. Er war etwas, in das ich blind hineingetapst bin, der Fall der Würfel hat es so gewollt...«
    »Ach, red doch nicht so dummes Zeug! Als wenn wir da nichts dagegen tun könnten.«
    Lindsay ließ seine stählernen Finger trommeln. Sogar dieser Arm gehörte zu seiner Tarnung. Die uralte Prothese hatte einstmals dem Obersten Richter gehört, und daß Lindsay sich mit solch einem Fossil schmückte, sollte einzig auf sein »hohes Alter« hinweisen.
    Über die Wand in Noras Büro kroch langsam ein riesiges Satellitenfoto der Saturnoberfläche dahin, rote Wirbelstürme, verwoben in Ströme trüben Goldes. »Wir könnten ja fortgehen«, sagte Lindsay. »Schließlich gibt es noch weitere Council-Länder. Kirkwood Gap, das ginge. Oder Cassini-Kluster.«
    »Und wir lassen alles hier zurück, was wir uns aufgebaut haben?«
    Lindsay blickte gedankenlos auf den Bildschirm. »Du bist alles, was ich brauche.«
    »Aber ich will diese Position, Abélard. Ich will diese ColonelProfessur halten. Und wenn wir weggehen, was wird dann aus den Kindern? Was wird aus unsrer Clique? Die verlassen sich doch auf uns und sind von uns abhängig.«
    »Du hast recht. Hier ist unser Zuhause.«
    »Du siehst das alles zu schwarz«, sagte Nora. »Der wird bald in seine Republik zurückkehren. Und wenn Goldreich-Tremaine nicht grad jetzt die Hauptstadt wäre, dann wäre er gar nicht gekommen.«
    Im Raum nebenan lachten Kinder; Nora schaltete an ihrer Konsole das Audio leiser. Lindsay sagte: »Zwischen Philip und mir steht etwas Entsetzliches, und darum verabscheuen wir einander dermaßen. Wir wissen zuviel über uns.«
    »Sei doch nicht so fatalistisch, Liebster. Schließlich werde ich nicht mit den Händen im Schoß dahocken, wenn irgendein ungeplanter Emporkömmling mir meinen Mann angreift.«
    Nora erhob sich von der Konsole und kam zu ihm herüber. Eine zentrifugal wirkende partielle Schwerkraft zog an ihrem Rock und den Spitzen ihrer Ärmel. Lindsay nahm sie auf den Schoß und streichelte mit seiner menschlichen Hand über das Schlangenhaar ihrer Frisur. »Laß ihn in Ruhe, Nora. Sonst kommt es nur wieder zu neuem Morden.«
    Sie küßte ihn. »Früher warst du allein. Aber jetzt bist du ihm gewachsen und ebenbürtig. Wir haben unsre Mitternachts-Clique. Wir haben den Mavrides-Clan, die Investoren und meine Position beim Sicherheitsdienst. Und wir haben unser tiefes gegenseitiges Vertrauen. Das Leben jetzt, das gehört uns.«
     
    GOLDREICH-TREMAINE COUNCIL STATE: 13-4-'37
     
    Philip Constantine verfolgte den Abflug seines Schiffes durch das Videomonokel. Das Monokel machte ihm Spaß. Ihm gefiel der modische Aspekt. Ihm lag viel daran, stets up-to-date zu sein, was derartige Neuheiten anging. Moden ließen sich bemerkenswert gut als starke Massenmanipulatoren einsetzen.
    Ganz besonders bei den Reshaped-Typen. Hinter der Heckseite seines Schiffs, der Friendship Serene , kreiste der Komplex von Goldreich-Tremaine gyroskopisch gegen den Uhrzeigersinn. Constantine betrachtete sich eingehend das Bild der City, das von Kameras an der Außenwandung des Schiffes auf sein Monokel überspielt wurde.
    Die City im Orbit bot ein Lehrbeispiel, ein anschauliches noch dazu, für die Shaper-Geschichte.
    Im Kern lag der dunkle, stark abgeschirmte Zylinder, der einst den frühesten Siedlern Schutz geboten hatte: diesen von verzweifeltem Mut beseelten Pionieren, die es drängte, die Saturnringe - trotz des Strahlungshagels und der komplexen elektrischen Stürme - mineralogisch auszubeuten. Der Zentralkern von Goldreich-Tremaine war so dunkel wie eine Nuß, eine Eichelfrucht, die stur und hartnäckig durchgehalten hatte, bis aus ihr schließlich etwas Grandioses wuchs. Speichen-förmig um eine Nabe angeordnete Kugeln drehten sich um den Urkern herum, Radarstationen kreisten mit glattester Perfektion auf Randorbits, an langen Ceramostengeln bewegten sich zwei enorm große Tubular-Außenbezirke in gegenlastiger Anordnung. Und der Innenkomplex war gefüllt von einem Spitzengeflecht von Habitaten der Schwerelosigkeit. Außerhalb der

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