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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Kopf und sein Denken erschienen ihm geschärfter, sauberer, von Hemmnissen befreit, bereit zu Hakenschlägen, Windungen und Manipulationen. Angst und Schuldgefühle sanken in sich zusammen und lösten sich von ihm. Bedeutungslose Spinnweben.
    Wie stets in diesem Sekundärzustand empfand Lindsay für die frühere Schwäche nur Verachtung. Dies hier war sein echtes, wahres Selbst: pragmatisch, blitzschnell, unbelastet von Gefühlsballast.
    Es war nicht der Augenblick für halbherzige Maßnahmen. Seine Pläne standen fest. Falls er hier überleben wollte, würde er der Situation an die Gurgel gehen müssen.
    Er entdeckte die Luftschleuse des Gebäudes. Er schob sein Aeroped zur Gleitlandung heran. Er zog die Kreditkarte aus dem Schlitz und stieg aus. Die Luftmaschine hüpfte in den trüben Schlammhimmel zurück.
    Über einen Pfad von Trittsteinen ging er dann zu einer in die Kuppelwandung eingelassenen nischenartigen Kammer. Dort blitzte ein Deckenpaneel in grellem Leuchten auf. Links in der Wand befand sich neben einem gepanzerten Videoschirm das Linsenauge einer Kamera. Unterhalb des Schirms schimmerte aus einem Kreditkartenschlitz und dem Stahlgeviert eines Einschubschachtes ein Lichtschein.
    Eine viel größere Gleittür an der Innenwand sicherte die Luftschleuse. Eine dichte Schicht unberührter Drecksedimente füllte die Schlitze der Luftschleuse. Die Nephrine Black Medicals hatten anscheinend nicht viel für Besucher übrig.
    Lindsay memorierte seine Lügen, während er geduldig wartete, wartete.
    Zehn Minuten verstrichen. Er mühte sich, den Schleimfluß in seiner Nase zu bremsen. Plötzlich erwachte der Videoschirm grell zum Leben. Das Gesicht einer Frau erschien.
    »Steck deine Kreditkarte in den Schlitz«, sagte sie aufjapanisch.
    Lindsay besah sich die Frau genau, um ihre Kinesikpotenzen zu bewerten. Sie war mager, dunkeläugig, von unbestimmbarem Alter und trug die Haare braun und kurzgeschoren. Die Pupillen wirkten erweitert. Sie hatte einen weißen Arztkittel an, mit Metallabzeichen am Kragen: einen goldenen Stab mit zwei darumgewundenen Schlangen. Die Schlangen waren aus schwarzem Email und hatten rote Edelsteinaugen. Im geöffneten Rachen sah man als Zähne Injektionsspritzen.
    Lindsay lächelte. »Ich bin nicht hier, um etwas zu kaufen«, sagte er.
    »Du kaufst meine Aufmerksamkeit, oder? Steck die Karte hinein!«
    »Ich habe nicht darum gebeten, daß du auf diesem Bildschirm erscheinst«, sagte Lindsay auf englisch. »Du kannst dich jederzeit abmelden.«
    Die Frau starrte ihn verärgert an. »Selbstverständlich steht es mir frei, das zu tun«, antwortete sie englisch. »Und es steht mir auch frei, dich hier hereinschleppen und in Stücke säbeln zu lassen. Weißt du nicht, wo du dich befindest? Das hier ist kein billiger Sundog-Betrieb! Wir sind die Nephrine Black Medicals.«
    In der Republik war diese Organisation unbekannt. Doch Lindsay wußte aus seiner Zeit im Ring Council über sie Bescheid: diese Leute waren verbrecherische Biochemiker, angesiedelt am Saum der Unterwelt der Shaperwelten. Abgeschottet, brutal und bösartig. Er hatte gewußt, daß sie über Festungen verfügten: schwarze Labors, überall im System verstreut. Und hier war eine dieser Festungen.
    Er lächelte schmeichlerisch. »Weißt du, ich würde schon gern reinkommen. Allerdings lieber unzerstückelt.«
    »Du machst wohl Witze«, sagte die Frau. »Du bist nicht mal die Credits wert, die es uns kosten würde, dich zu desinfizieren.«
    Lindsay hob die Augenbrauen. »Ich habe die Standardmikroben.«
    »Hier ist alles steril. Wir Nephrinen führen ein reines Leben.«
    »Also könnt ihr euch nicht frei nach draußen bewegen und wieder zurück?« fragte Lindsay mit geheucheltem Erstaunen angesichts einer derartigen Neuigkeit. »Ihr seid da drin eingesperrt?«
    » Wir leben hier «, sagte die Frau. »Du bist draußen und ausgesperrt .«
    »Was für ein Jammer«, sagte Lindsay. »Ich wollte eigentlich hier Leute anwerben. Schließlich wollte ich ja nur fair sein.« Er zuckte die Achseln. »Na ja, war angenehm, mit dir zu reden, aber die Zeit drängt. Ich mach mich wieder auf den Weg.«
    »Stop!« sagte die Frau. »Du gehst hier nicht weg, bevor ich es dir erlaube.«
    Lindsay tat bestürzt. »Hör mal«, sagte er. »Niemand bezweifelt euren Ruf. Aber ihr seid da drin eingesperrt. Ich kann euch für meine Zwecke nicht brauchen.« Er fuhr sich mit seinen langen Fingern durch die Haare. »Das Ganze hat also gar keinen Zweck.«
    »Was

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