Schiwas feuriger Atem
provisorisch oder gar nicht verbundener Menschen kam ihnen entgegen, und sie wichen rasch auf den Bürgersteig aus. Ein Stück weiter kamen sie an einem verdreckten Stadtautobus mit zerschlagenen Fensterscheiben vorbei, in dem stöhnende Verwundete saßen. Hennessey versuchte, sich an ein Gebet zu erinnern, aber als sie in die Straße zum Thales Center einbogen, gab er es auf.
Wade Dennis schob den Ärmel zurück und sah auf seine Uhr. Die winzigen roten Ziffern mahnten ihn, daß sie in höchstens zwei Stunden Strom haben mußten. Er sah sich Hennesseys Vorbereitungen an. Diesem war nämlich beim Anblick des Stadtbus etwas eingefallen. Sie fanden einen anderen, der verlassen dastand, und die Männer machten sich Verbände, die möglichst realistisch aussehen mußten. Die tatsächlich Verwundeten wurden als letzte verladen, damit sie als erste aussteigen und als »Alibi« dienen konnten. Die Waffen wurden unter den Sitzen, unter den Verbänden und in der Kleidung versteckt.
Die meisten Soldaten waren wenig begeistert und trauten der Sache nicht recht. Angst hatten sie mehr oder weniger alle. Corporal Thatcher, derselbe, der die Wache bei der Thales-Kraftstation gehabt hatte, war hinter zwei Deserteuren hergewesen. Er kam kurz bevor die letzten Männer in den Bus verladen wurden, nickte Hennessey zu und ließ sich von einer Sekretärin einen blutdurchtränkten Kopfverband machen.
Er sah schauerlich echt aus.
Wade hatte kostbare Minuten versäumt, um Caroline zum Dableiben zu überreden, damit sie unverzüglich die Silicon-Magnesium-Chips im Heliumtank überprüfen und mit dem Kühlen beginnen könne. Hennesseys Männer hatten eine Leitung vom Thales Center bis zur Straßenecke des Hospitals gezogen. Alles war marschbereit. Aber keiner wollte den Anfang machen.
Hennessey stieg in den Bus, hielt sich an der glatten Chromstange fest und sprach laut in den Wagen hinein: »Ich weiß, ihr habt keine Lust dazu. Es ist auch eine beschissene Dreckarbeit. Aber ihr müßt es glauben: wenn diese Computerbude hier keinen Strom kriegt, dann klappt es nicht bei Alpha und nicht bei Omega, und die ganze verfluchte Erde ist im Eimer.« Und plötzlich grinste er, ein breites, zähneblitzendes, irisches Grinsen. »Wenn ihr alte Knacker seid, werdet ihr davon erzählen, wie ihr diese Scheißwelt gerettet habt!« Ein paar Leute lachten, und eine junge rothaarige Frau mit Corporalsstreifen rief ihm zu: »Also dann los, Captain! Ich möchte endlich mit dieser Bande quitt werden – viel zu hohe Rechnungen haben sie mir geschickt!«
Wieder lachten einige, aber es klang etwas gezwungen. Gelassen wies Hennessey die Unteroffiziere ein, die den Rest der Kompanie heranbringen sollten, sobald sie schießen hörten. Der Fahrer, ein dicker Sergeant, startete den Motor, und das lange Fahrzeug setzte sich in Bewegung.
Caroline sah ihm nach, wie es tuckernd um die Ecke fuhr und verschwand. Plötzlich fiel ihr ein, daß sie sich von Wade gar nicht verabschiedet hatte. Sie tat einen Schritt, blieb aber sofort wieder stehen. Nicht Lebe wohl, Liebling, sondern Auf Wiedersehen, au revoir, be seeing you, sayonara…
Sie machte kehrt und schritt rasch, ohne sich umzusehen, ins Thales Center hinein.
Der Bus bremste, um einen Krankentransport vorbeizulassen. Überall parkten Autos. Mehrere Polizisten dirigierten zwei Abschleppwagen, die Ordnung schafften. Der Bus wand sich durch. Niemand kümmerte sich um ihn. Gelassen gab Hennessey seinen Soldaten letzte Instruktionen, wie sie die Polizisten in ihrem Rücken ausschalten sollten.
Der Bus stoppte kurz vor dem Eingang zur Notdienststation, und erschöpft dreinblickende Helfer, zum Teil Freiwillige in blutverschmiertem Zivil, kamen herbei, um die Verwundeten in Empfang zu nehmen. Keiner schien sich darüber zu wundern, daß einige Soldaten ihre Gewehre noch am Riemen über der Schulter trugen.
Hennessey stieg aus. Er gab einer Gruppe seiner Männer ein Zeichen mit dem Daumen; fünf von ihnen schwankten hinweg, Benommenheit vortäuschend, und näherten sich den Polizisten bei den Abschleppwagen. Hennessey war davon ausgegangen, daß Curzon noch keine Zeit gehabt hatte, bei der spärlich über die ganze Stadt verstreuten Polizei Verstärkung anzufordern. Er legte seinen Arm um die Schulter eines jungen Soldaten und ließ sich von ihm weiterhelfen, wobei er das Gesicht abwandte. Wade, der hinter ihm kam, konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Fürs Versicherungsgeschäft muß man wohl etwas
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