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Schizophrenie ist scheiße, Mama!: Vom Leben mit meiner psychisch erkrankten Tochter (German Edition)

Schizophrenie ist scheiße, Mama!: Vom Leben mit meiner psychisch erkrankten Tochter (German Edition)

Titel: Schizophrenie ist scheiße, Mama!: Vom Leben mit meiner psychisch erkrankten Tochter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Berg-Peer
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anderen Teilnehmer nett. Papa sei vorbeigekommen und habe sie mit zu seiner Familie genommen, die total lieb sei, und sie hätten E-Mail-Adressen ausgetauscht. Seine beiden Söhne seien auch süß.
    Die Jugendlichen wohnen in einem billigen kleinen Hostel mit Schwimmbad, und Lena hat sich mit der Vermieterin angefreundet, mit der sie oft zusammensitzt und Tee trinkt. Die Vermieterin und ihr Sohn haben ihr auch gesagt, dass sie lieber nicht mit den anderen durch Johannesburg oder gar Soweto laufen solle, denn die Südafrikaner, sowohl Schwarze wie Weiße, hätten diesen Hippie-Gammellook gar nicht gerne. Und die Inder sowieso nicht, weiß Lena. Die Vermieterin hat auch afrikanische Gerichte für sie gekocht, und Lena hat alle mit einem echten Curry beeindruckt.
    Ich bin erleichtert, Lena geht es gut. Mit dem Sohn der Vermieterin hat sie einen Schutzengel gewonnen. Also konzentriere ich mich ganz auf meine Arbeit und gönne es mir, mit Freunden essen zu gehen. Trotzdem begleitet mich ein Grundrauschen von Angst. Egal wie oft ich mir sage, dass ich mich entspannen kann, es verlässt mich nie, denn innerlich rechne ich ständig damit, dass etwas passiert.
    Vier Tage später ruft mich Lena in anderer Stimmung an: »Mami, die anderen sind scheußlich zu mir. Sie machen sich ständig lustig, weil ich so viel schlafe, aber du weißt doch, dass mich die Tabletten immer so müde machen. Die Sylvie will nicht mehr mit mir im Zimmer schlafen. Und dann kiffen und saufen die auch ständig, aber ich will das nicht mitmachen, das weißt du doch, wegen der Tabletten. Und neulich sind die anderen alle ins Kino gegangen und haben mich nicht mitgenommen«, schluchzt sie. Wieder zeigt sich, dass es ihr schwerfällt, sich in einer Gruppe von Gleichaltrigen zu behaupten. Jede Kritik, jedes harsche Wort trifft sie tief. Ich versuche sie zu beruhigen, frage sie nach ihren Erlebnissen und nach Südafrika. Sie findet dort alles schön, mag die Vermieterin und wird von deren Familie zum Essen eingeladen. Langsam beruhigt sich Lena und berichtet von den Aktivitäten der Gruppe. Sie waren bei einer Jugendorganisation des ANC und haben dort über die Entwicklung in Südafrika diskutiert. Sie meint, dass die jungen Südafrikaner von dem gammelig aussehenden Grüppchen nicht sehr begeistert waren. Vielleicht schätzt Lena die Situation richtig ein, vielleicht fühlt sie sich auch nur ausgegrenzt. In jedem Fall spüre ich mit Sorge, dass sie sich von den anderen Jugendlichen distanziert. Nach unserem langen Telefonat scheint sie aber wieder etwas beruhigt zu sein, im Gegensatz zu mir. Sehr gut schlafe ich diese Nacht nicht. In den nächsten Tagen telefonieren wir noch ein- oder zweimal kurz – ich versuche, Lena auf diese Weise zu stabilisieren und wünsche mir nur noch, dass sie bald zurückkommt. Vier Tage vor dem Rückflug nach Berlin klingelt nachts um drei das Telefon. »Hi love, I am Mrs. Nkosi from the hostel in South Africa.« Mein Blutdruck schnellt nach oben. Was ist passiert? Warum ruft sie mich nachts an? Leider wüssten sie nicht, wo Lena sei, erklärt mir Frau Nkosi. Sie sei abends um 19 Uhr weggegangen, um ins Kino zu gehen. Sie hätte ihr abgeraten und gesagt, dass ihr Sohn sie später begleiten könne. Aber Lena hätte unbedingt ins Kino gehen wollen. Sie sei auch etwas aufgeregt gewesen. Aber ich solle mich nicht beunruhigen, sie würden sich um Lena kümmern, gerade sei ihr Sohn mit zwei Freunden losgegangen, um die Kinos in der Nähe abzuklappern. Sie würde mich später wieder anrufen und gibt mir vorsichtshalber ihre Nummer.
    Ich ziehe mich an und sitze zitternd neben dem Telefon. Ich hatte geglaubt, meine Angst könne nie größer sein als zu Lenas schwierigsten Krankheitsphasen. Aber es kann immer noch schlimmer kommen. Lena ist 8000 Kilometer von mir entfernt um drei Uhr nachts allein in einer Stadt mit der höchsten Kriminalitätsrate der Welt. Eine halbe Stunde später rufe ich Frau Nkosi wieder an. Sie ist freundlich und versucht, mich zu beruhigen. Nein, sie hätte noch keine Neuigkeiten. Soll ich sofort einen Flug nach Johannesburg nehmen? Frau Nkosi rät ab. Sie würde mich umgehend anrufen, wenn sie etwas hört. Wieder eine Stunde neben dem Telefon, in der meine Panik wächst. Wenn ich wenigstens irgendjemanden anrufen könnte! Plötzlich klingelt das Telefon. Frau Nkosi erklärt mir, dass Lena angerufen habe. Sie wisse nicht mehr, wie sie nach Hause käme, und sei mit ein paar total netten Typen in einer

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