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Schlaf in himmlischer Ruh

Schlaf in himmlischer Ruh

Titel: Schlaf in himmlischer Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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sein.
    Wer sonst? Melchett. Der Arzt konnte
jetzt nichts mehr für Ben tun, aber er mußte auf jeden Fall gerufen werden. Der
Arzt sei auf dem Rückweg vom Krankenhaus und könne jetzt nicht erreicht werden,
aber man würde ihm Professor Shandys Nachricht mitteilen, sobald er zur Tür
hereinkäme. Und wie sie das würden! Shandy knallte den Hörer auf die Gabel, saß
einen Moment grübelnd da, schaltete dann auf die Hausleitung um und rief den
Wachdienst an.
    »Grimble, hier ist Shandy. Ich bin
drüben in der Verwaltung. Dr. Cadwall ist tot.«
    »Er ist was?«
    »Tot. Verstorben. Verschieden. Ich bin
vor ein paar Minuten in sein Büro gegangen und habe ihn gefunden. Sie kommen
besser rüber. Nein, ich fasse nichts an.«
    Nachdem er Alarm geschlagen hatte,
beschloß Shandy, mal nach einem Lebenszeichen im Gebäude Ausschau zu halten.
Schließlich führte ihn ein Stimmengebrabbel in den Postraum, wo vier oder fünf
Sekretärinnen und Hilfskräfte um den Sortiertisch versammelt waren und sich
eine Fuhre Weihnachtsgebäck teilten. Sie waren nur mäßig verlegen, erwischt
worden zu sein.
    »Kommen Sie herein, Professor. Möchten
Sie einen Kaffee?«
    »Eh, ja, danke sehr. Schwarz. Ich, eh
—« Er stockte und fragte sich, wie er fortfahren sollte. Wenn er die Anwesenden
direkt befragen würde, wäre das vielleicht nicht so produktiv wie eine
Schocktaktik.
    »Meine Damen und Herren, es ist etwas
Entsetzliches passiert. Dr. Cadwall —«
    Die freundliche Miss Tibbett verdarb
den beabsichtigten Effekt, indem sie ihm einen Pappbecher voll kochendheißem
Kaffee entgegenhielt. »Hier, trinken Sie das aus. Ist gut gegen den Schock.«
    »Miss Tibbett, ich habe keinen Schock.«
Trotzdem nahm er einen Schluck von der brühheißen Flüssigkeit. »Dr. Cadwall —«
    »Was ist los? Sein Herz? Ist er auf dem
Eis gestürzt? Sagen Sie bloß nicht, er ist —« redeten alle auf einmal. Shandy
mußte seine Stimme erheben, um sich Gehör zu verschaffen.
    »Dr. Cadwall ist tot. Er ist in seinem
Büro. Sitzt einfach da.« Shandy trank noch etwas Kaffee. »Ich habe den
Wachdienst benachrichtigt, und Grimble ist unterwegs. Vielleicht hätte ich ihn
nicht allein lassen sollen, aber das Gebäude wirkte seltsam leer, und ich
fragte mich, ob einer von Ihnen —«
    »Ihn umgelegt hat?« schlug der Bote
vor.
    »Das ist nicht komisch, Charles«, schnappte
Miss Tibbett. »Professor Shandy meint, ob er krank aussah — oder was?«
    Aus einem weiteren Stimmengewirr erfuhr
Shandy, daß die Sekretärin des Finanzchefs mit einer Erkältung zu Hause
geblieben war, daß niemand Dr. Cadwall das Gebäude hatte betreten sehen und daß
die Anwesenden den Großteil des Vormittags genau damit verbracht hatten, was
sie gerade taten. Er trank seinen Kaffee aus und ging zurück zum Hauptkorridor,
während die Gruppe auf Zehenspitzen hinter ihm hertrippelte wie ein
Operettenchor. Niemand stellte sich sehr bekümmert. Cadwall war kein beliebter
Mann gewesen. Und doch war er einer von ihnen gewesen. Als sie sich seinem Büro
näherten, erstarb das Geschwatze und die Gesichter wurden ernst.
    »Wer wird es seiner Frau beibringen?«
flüsterte eine der Angestellten.
    »Ich bin sicher, daß ich es nicht
will«, seufzte der Professor. »Zweimal in drei Tagen wäre ein bißchen viel.«
    »Ach ja, Sie sind derjenige, der Mrs. Ames
gefunden hat. Was für ein seltsamer Zufall. Ich frage mich, wer der nächste
sein wird. So was kommt immer dreimal, wie meine Mutter zu sagen pflegte.«
    »Vielen Dank für die tröstenden Worte,
Miss Baxter.«
    »Professor, ich wollte nicht sagen —«
    Miss Baxters Protest wurde vom
Eintreffen des Wachdienstchefs abgeschnitten. Er sah nicht glücklich aus.
    »Um Himmels willen, Professor, was
haben Sie denn jetzt angestellt?«
    »Ich habe gar nichts angestellt«,
schnaubte Shandy zurück, »außer die Tür zum Büro des Finanzchefs zu öffnen und
wieder zu schließen.«
    »Sie haben nichts angefaßt?«
    »Nur den Türknauf.«
    »Warum zum Teufel nicht? Ich hätte
gedacht, Sie hätten seinen Puls gefühlt oder so was. Vielleicht hat er nur
einen Anfall.«
    »Er hat keinen Anfall. Dr. Cadwall ist
tot. Gehen Sie, und schauen Sie selber nach.«
    Grimble zeigte eine nicht überraschende
Neigung dazubleiben. »Woran ist er gestorben?«
    »Woher soll ich das wissen? Ich bin
kein Arzt.«
    »Arzt. Das ist es, was wir tun müssen,
den Arzt rufen.«
    »Ich habe ihn bereits angerufen«, sagte
Shandy.
    Grimble seufzte und beschloß,
hineinzugehen und sich die

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