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Schlaf in himmlischer Ruh

Schlaf in himmlischer Ruh

Titel: Schlaf in himmlischer Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Tibbett erschien mit Kaffee und Kuchen.
Shandy gab den Kampf auf. Grimble würde nichts zugeben, bis er dazu gezwungen
wäre. Sie würden nur hier sitzen und sich belauern, bis jemand käme, um die
Verantwortung zu übernehmen. Er konnte ebensogut Helen anrufen und das
Mittagessen absagen. Seufzend stand er auf und ging zur Tür.
    »He, Professor, Sie gehen doch nicht
weg?«
    »Ich gehe in die Halle hinab, um Miss
Tibbetts Telefon zu benutzen. Ich war zum Lunch verabredet.«
    »Wobei mir einfällt: Bei all der
Telefoniererei, haben Sie Mrs. Cadwall schon erwischt?«
    »Nein, habe ich nicht«, mußte Shandy
zugeben.
    »Hätte gedacht, daß Sie sie als
allererste anrufen. Tun Sie wohl besser jetzt, nicht wahr?«
    »Grimble, warum können Sie es ihr nicht
sagen? Mich hat es das letzte Mal erwischt.«
    »Wieso zum Teufel, wechseln wir uns ab?
Ich wüßte nicht, was ich sagen soll. Außerdem haben Sie ihn gefunden.«
    »Mein Gott, ja! Danach werden die Leute
weglaufen, wenn sie mich kommen sehen.«
    Ob er wollte oder nicht — er konnte
diese Pflicht nicht gut länger verschieben. Zu seiner großen Erleichterung ging
Hannah Cadwall nicht ans Telefon. Sie war vermutlich in ihrer neuen Rolle als
Jemimas Nachfolgerin unterwegs und kommandierte jemanden herum. Wie würde sie
reagieren, wenn sie erfuhr, daß sie Witwe war? Ben hatte nicht wie ein liebenswerter
Mann gewirkt, aber man konnte nie wissen.
    Shandy tätigte noch ein paar Anrufe zur
Versorgungsstelle und anderen Orten, wo sie möglicherweise auftauchen konnte,
und hinterließ Nachricht, sie solle sich mit dem Büro ihres Mannes in
Verbindung setzen. Dann rief er Mary Enderble an, die vernünftigerweise seine
Zeit nicht mit Fragen verschwendete, die er nicht beantworten konnte, sondern
sagte, sie würde auf dem Crescent und beim Supermarkt nach Hannah suchen.
    Zum Schluß wählte er mit äußerstem Widerwillen
die Nummer der Bibliothek und fragte nach Miss Marsh.
    »Helen, Sie gehen besser ohne mich
essen. Ich stecke erneut in der Patsche.«
    »Armer Peter! Was ist es diesmal?«
    Plötzlich erschien Grimble neben seinem
Arm und grölte: »Ist sie das? Was sagt sie?«
    Shandy unterdrückte seinen Drang, ihm
das Telefon auf den Kopf zu hauen.
    »Ich bedauere, unsere Verabredung
absagen zu müssen, Miss Marsh«, sagte er streng, »aber unvorhergesehene
Ereignisse haben sich, eh, ereignet. Ich werde in der Fakultätsmensa nach Ihnen
schauen, wenn ich es in nächster Zeit schaffe, hier herauszukommen. Wenn nicht,
melde ich mich wieder bei Ihnen, sobald ich kann.«
    Er legte auf und drehte sich herum, um
Grimble anzufahren. »Nein, ich habe Mrs. Cadwall noch nicht erreichen können. Mrs.
Enderble ist unterwegs, um sie zu suchen. Warum schicken Sie nicht einen von
Ihren Leuten zu Hilfe?«
    »Wen zum Beispiel? Sie sind alle in der
Mittagspause bis auf Ned, und der kann das Büro nicht verlassen. Sie wird
früher oder später auftauchen.«
    Sie schlenderten in das Büro des Toten
zurück, grausig fasziniert von der Wachsfigur in dem hochlehnigen
Lederdrehstuhl.
    »Sieht tot nicht viel anders aus als
lebendig«, grunzte der Wachdienstchef. »Old Smiley, so haben ihn die Kinder
genannt. Nehme nicht an, daß man ihn sehr vermissen wird.«
    »Ich glaube, man wird«, widersprach
Shandy. »Er war ein fähiger und fleißiger Verwaltungsmann. Ich wünschte nur —«
    »Was?«
    »Wenn Sie es wirklich wissen wollen:
Ich wünschte nur, ich wüßte, ob er auch ehrlich war.«
    »Warum sollte er nicht?«
    »Warum sollte er tot sein?«
    »Hören Sie jetzt endlich auf, darauf
herumzureiten? Er ist gestorben, das ist alles. Er ist einfach gestorben!«
    »Grimble, um Himmels willen, ich bin
nicht taub. Was ist los mit Ihnen?«
    Shandy hatte allen Grund zu fragen. Der
Mann war puterrot im Gesicht, seine Hände zitterten, seine Augen waren weiter
aufgerissen als die der Leiche. Und doch bestand er darauf: »Nichts ist los mit
mir! Es ist einfach — ach zum Teufel! Daß meine Routine durcheinandergerät, daß
ich hier mit einem Toten herumhänge, während sich die Arbeit türmt — Svenson
wegen einer verdammten Sache nach der anderen hinter mir her ist -, jetzt
versuchen Sie — auch zum Teufel damit. Ich gehe in die Halle runter und schaue,
ob ich noch was Kaffee kriege. Wenn der Doktor kommt, sagen Sie ihm, ich bin
gleich wieder da.«
    Shandy war es egal. Mit Cadwall allein
zu sein, war nicht so unangenehm, wie Grimble dabeizuhaben. Außerdem gab es ihm
die Chance, sich umzusehen. Er wußte,

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