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Schlaf, Kindlein, schlaf

Titel: Schlaf, Kindlein, schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annika von Holdt
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schwarzen, glitschigen Erde herumgekrochen war und vielleicht vergeblich um Hilfe gerufen hatte und …
    Máire spürte einen Kloß im Hals.
    Du hast ihr versprochen wiederzukommen! Du hast versprochen, ihr zu helfen. Du hast es versprochen!
    Máire spürte, dass das Mädchen in großer Gefahr war – einer Gefahr, die stündlich wuchs.
    Vielleicht war sie schon tot.
    Vielleicht auch nicht.
    Wie sie es auch drehte und wendete – Máire konnte nicht einfach so tun, als wäre nichts gewesen. Sie fühlte sich verpflichtet. Außerdem konnte sie niemanden im Stich lassen, der in Not war. Sie rieb sich die Stirn. Und die Polizei? Bondurant hatte gesagt, er wolle noch mal zurückfahren. Aber was würde das bringen? Welche Ermittlungen wollte er einleiten, falls er überhaupt etwas unternahm?
    Sie traute Bondurant nicht über den Weg. Er verschwendete seine Zeit kaum dafür, nach Fußspuren zu suchen, die der Regen längst weggewaschen hatte. Und er würde wegen eines verschwundenen Junkies und aus zweiter Hand stammenden Aussagen keinen Kreuzzug in Bewegung setzen.
    Bis ans Ende ihrer Tage würden sie Zweifel plagen, das wusste sie sicher. Und sie kam sich dumm und feige vor.
    Du hast es versprochen!
    Du hast es verdammt noch mal bei deinem Leben versprochen!
    Máire sah ständig auf die Uhr. Die Sekunden schleppten sich durch endlose Stunden, und die Rastlosigkeit zerrte an ihren Nerven. Lange blieb sie mitten auf dem großen pastellfarbenen Doppelbett liegen. Das machte sie immer. Es war sinnlos, nur eine Seite zu benutzen, wenn es keinen gab, der auf der anderen Seite schlief.
    Vielleicht sollte sie sich ein Ziel im Leben setzen? Sie brauchte jedenfalls etwas, was sie von sich selbst und von den Erinnerungen an Jesses Tod ablenkte.
    Du hast es versprochen!
    Die Abenddämmerung warf scheckige Schatten, und Máire atmete schwer in der drückenden Hitze. Am Fußende lag die Katze und putzte sich die Pfoten. Der Ventilator drehte sich träge an seinem Platz an der Decke, und er drehte sich gerade schnell genug, um die Luft in Bewegung zu versetzen, aber nicht, um ihre Stirn zu kühlen. Sie wendete den Kopf und sah zum Fenster hinaus. Der Himmel leuchtete violett, und der Regen tropfte in Böen vom Dachüberstand herab. Sie verscheuchte eine Mücke und versuchte, an konkrete Pläne zu denken. Sie wollte ihr Atelier einrichten. Sie müsste Leinwände besorgen und Farben. Sie müsste eine Einkaufsliste schreiben. Ihr Notizblock lag auf dem Nachttisch.
    So viel zu erledigen!
    Doch das half nichts. In ihren Ohren hallte eine ferne Stimme, die unter Todesängsten ihren Namen rief.
    Sie stand auf und ging wieder ins Bad. Sie machte Licht, ging auf die Toilette, wusch sich die Hände und betrachtete sich im Spiegel. Ihr Spiegelbild blickte ernst zurück, als erwartete es, ihre Meinung zu hören. Sie nickte und ging wieder hinaus. Kitty hob den Kopf von ihrem gemütlichen Platz auf dem Bett und sondierte die Lage mit ihren leuchtenden Augen.
    Máire tätschelte ihre Flanke. »Kommst du mit runter zum Essen?«, fragte sie die Katze, die die Frage mit einem trägen Gähnen quittierte, sich wieder hinlegte und zusammenrollte, um weiterzuschlafen.
    »Katze müsste man sein«, flüsterte Máire.
    Sie ging in die Küche hinunter, nahm einen Liter Milch aus dem Kühlschrank und aß noch eine Scheibe trockenen Toast. Um zehn nach acht packte sie ihre Reisetasche, nahm ihre Regenjacke unter den Arm und fuhr wieder Richtung Georgia. Wenn sie jetzt nichts unternahm, würde es sie in den Wahnsinn treiben. Vermutlich war es nur eine Illusion oder großes Wunschdenken, aber bevor sie nicht C.J.s Leiche gesehen hatte, gab es vielleicht noch Hoffnung. Eine schwache Hoffnung, aber sie war das Einzige, woran sie sich halten konnte. Die Jagd nach der Wahrheit war so etwas wie ein Kraft spendendes Ziel, sie gab Máires eintönigem Dasein Sinn und konnte für einen Augenblick die grauen Wolken in die Flucht schlagen. Gegenwärtig war die Langeweile ihre größte Feindin. Sie überlegte kurz, ob sie nicht einfach die Abenteuerlust übermannt hatte oder sie vielleicht noch an Wunder glaubte. Das spielte keine Rolle. Sie musste in jedem Fall etwas unternehmen, sonst würde sie den Verstand verlieren. Und vielleicht würde ihr Leben wieder etwas mehr in Ordnung kommen, wenn sie C.J. finden und ihr helfen konnte.
    Vielleicht.
    Sie fuhr die Auffahrt hinunter und rief Valerie von ihrem Handy aus an. Das Scheinwerferlicht glitzerte vor dem Land Rover auf dem

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