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Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
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noch nachdrücklich an.
    Ich nickte, obwohl ich bezweifelte, dass Lance tatsächlich weg war.
    »Männer«, sagte sie, als ob das Wort ein Fluch wäre. »Man kann nicht mit ihnen leben -«
    »Und nicht ohne sie sterben«, gab ich zurück.
    »Es tut mir alles so Leid. Wenn ich nur noch mal alles ganz von vorne anfangen könnte …«
    »Was dann?«
    »Ich würde Lance keine Minute zuhören, so viel ist sicher. Ich würde das Weite suchen, sobald ich ihn sehe. Bevor es zu spät wäre.«
    »Es ist nie zu spät«, sagte ich, und es klang wie ein Plädoyer in eigener Sache.
    »Glaubst du das wirklich?«
    Ich zuckte die Achseln. Wer wusste schon, was ich überhaupt noch glaubte. »Ich war so ein Idiot.«
    Alison suchte meinen Blick, als wollte sie in meine Seele schauen. »Er ist der Idiot. Wie kann irgendwer dich nicht wollen?«
    Ich suchte nach Zeichen des Spotts in ihrem Gesicht, doch ich sah nur frische Tränen in ihren riesigen Augen schimmern. Ihre Lippen bebten, als ich ihre Tränen abwischte und mit meinem Finger eine Blutspur auf ihrer Haut hinterließ wie einen falsch gesetzten Pinselstrich, ihre Wangen fasste und sie sanft an mich zog.
    Ich weiß nicht, was es war – Angst, Desillusionierung,
Sehnsucht, vielleicht eine Mischung aus allem -, das meinen Mund so nah an ihren führte. Ich fragte mich kurz, was ich eigentlich tat, bevor ich jeden weiteren Gedanken abblockte, die Augen schloss und mit meinen Lippen über ihre streifte.
    Wie Josh zuckte Alison sofort zurück. »Nein! So habe ich das nicht gemeint. Du verstehst das nicht.«
    »Mein Gott«, sagte ich, rappelte mich auf und schlug die Hand vor den Mund. »Mein Gott, o mein Gott.«
    Alison stand neben mir. »Schon gut, Terry. Bitte, es war ein Missverständnis. Es ist alles meine Schuld.«
    »Was habe ich getan?« Ich starrte auf die zerschellten Frauenköpfe zu meinen Füßen, die verlorenen Ohrringe, zerrissenen Perlenketten und Fragmente lächelnder Münder und starrer Haarsträhnen. Ich sah mein Spiegelbild in Alisons entsetzten Augen und wusste, dass wir alle irreparabel zerbrochen und durch nichts wieder zusammenzufügen waren. »Ich muss hier raus«, schrie ich und stürzte auf der Flucht vor dem Gemetzel zur Tür.
    Alison war direkt hinter mir. »Terry, warte! Lass mich mitkommen.«
    »Nein, bitte. Lass mich einfach in Ruhe. Lass mich in Ruhe.« Ich war schon im Wagen, bevor sie mich aufhalten konnte, hatte die Türen verriegelt, den Motor angelassen, den Rückwärtsgang eingelegt und den Fuß auf dem Gaspedal.
    »Terry, bitte, komm zurück.«
    Als ich aus der Einfahrt auf die Straße zurücksetzte, walzte ich den Rasen des Eckgrundstücks platt und stieß um ein Haar mit Betty McCoy und ihren blöden Kötern zusammen. Sie zeigte mir den Stinkefinger und rief mir etwas nach, doch die Stimme, die ich hörte, war die meiner Mutter.
    Eine knappe Stunde lang kurvte ich durch die Straßen von Delray und fand Trost darin, dass die kleine Küstenstadt es irgendwie geschafft hatte, sich seine malerische, geschäftige
Altstadt zu bewahren und sie nicht wie die meisten älteren Städte Floridas Bürotürmen und hässlichen Einkaufszentren zu opfern. Ich fuhr an den kleinen, alten Häusern des historischen Hafenviertels und weiter an den neueren Apartmentanlagen und Luxusanwesen entlang der Küste vorbei, machte kehrt und hielt mich in Richtung der abgesperrten Privatwohnanlagen, Rentner-Paradiese und Country Clubs am westlichen Stadtrand. Ich fuhr, bis meine Beine steif wurden und meine Hände sich anfühlten wie ans Steuer geschweißt. Ich fuhr, bis die dunklen schwarzen Wolken, die sich über meinem Kopf ausbreiteten, in wütendem Donner explodierten und die Durchfahrtsstraßen mit Sturzbächen von Regen überfluteten. Ich hielt am Straßenrand und beobachtete still, wie die Tropfen auf meine Windschutzscheibe prasselten, bis sich eine unheimliche Ruhe über mich senkte wie eine warme Decke. Meine Tränen versiegten, und mein Kopf wurde klar. Ich hatte keine Angst mehr.
    Ich wusste genau, was ich jetzt tun musste.
     
    Zwanzig Minuten später fuhr ich auf den Parkplatz der Mission-Care-Klinik und rannte durch den nach wie vor strömenden Regen in die Empfangshalle, wo ich mir auf dem Weg zum Treppenhaus das Wasser aus den Haaren schüttelte. Ich hielt den Kopf gesenkt, weil ich nicht wollte, dass mich irgendwer sah. Schließlich lag ich angeblich grippekrank im Bett und sollte nicht im Regen herumspazieren. Außerdem war dies ein persönlicher und kein

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