Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)
hatte Jakob im letzten Moment aufhalten können. Und sie war überzeugt gewesen, dass Jakob auch dieses Mal von Falko Herbst dazu gebracht worden, sich vom Viadukt zu stürzen.
Das Problem dabei war nur: Dieses Mal war Jakob im Präsidium gewesen. Und Herbst hatte zu dem Zeitpunkt in seiner Wohnung in Bielefeld gesessen. Kurz bevor das Einsatzkommando dort aufgetaucht war. Das machte die Sache komplizierter. Aber Böttger hatte eine Idee gehabt und sich an den Kollegen aus der Buchhaltung gewandt.
»Hallo, Herr Böttger«, meldete der sich. »Ich wollte sie gerade anrufen.«
»Dann haben Sie Zeit gehabt, die Telefonlisten zu checken?«
»Ja, natürlich. Das ist keine große Sache. Es geht um den Anschluss im kleinen Gruppenraum auf Ihrer Etage, richtig?«
»Genauso ist es. Können Sie sagen, ob da gestern Mittag ein Anruf eingegangen ist?«
»Ja, da gab es einen Anruf. Um zwölf Uhr siebzehn. Das Gespräch dauerte sechsundzwanzig Sekunden.«
Also doch. »Und von wo kam der Anruf?«
»Die Nummer war verborgen. Aber das muss von draußen gekommen sein, also nicht aus dem Haus.«
Damit hatte Böttger seine Bestätigung. Jemand hatte mit Jakob gesprochen, während er allein im Gruppenraum gewesen war. Er hatte ihn dazu gebracht, zum Viadukt zu fahren und sich in die Tiefe zu stürzen. Das konnte nur Falko Herbst gewesen sein. Und noch was: Herbst hatte den Moment abgepasst, in dem Jakob allein gewesen war. Da war nur eine Erklärung möglich. Jemand aus dem Präsidium musste ihm einen Tipp gegeben haben.
Nach dem Gespräch ging Böttger zu seinem Chef. Im Vorraum saß Brüses Sekretärin. Sie bat ihn, einfach hineinzugehen. Der Kriminaloberrat stand am Fenster und blickte hinaus.
»Morgen, Herr Böttger. Es gibt was zu feiern, nicht wahr? Ich wollte uns gerade eine Flasche Sekt aufmachen.«
»Was gibt es denn zu feiern?«, fragte er trocken. »Meinen Sie die Toten?«
Brüse betrachtete ihn amüsiert. »Sie sind ja ein Zyniker. Haben Sie heute nicht die Zeitung gelesen? Ich sollte Ihnen gratulieren.«
»Es ist doch kaum etwas aufgeklärt. Alles heiße Luft.«
»Das sehe ich aber anders. Wir haben diese Pädophilen drangekriegt. Daran ändert auch Dörrhoffs Selbstmord nichts. Es gibt massenhaft Beweise. Und die Durchsuchungen sind noch nicht mal abgeschlossen. Das wird alles wasserdicht.«
»Die einzig interessante Person war Falko Herbst. Er war kein Einzeltäter. Es muss Hintermänner gegeben haben. Da sind irgendwo noch die großen Fische unterwegs.«
Brüse bedachte ihn mit einem langen Blick. »Falls tatsächlich noch andere beteiligt waren, dann sind die uns durch die Lappen gegangen. Dieses Mal. Man kann nicht alles haben. Beim nächsten Mal sieht’s anders aus. Feiern Sie das, was Sie haben. Es ist eine ganze Menge.«
Böttger sagte nichts dazu.
»Was ist mit dem Mordfall Maike?«, fragte Brüse. »Das ist für mich das Einzige, wo es noch offene Fragen gibt.«
»Ich werde mir noch mal Volker Blank vornehmen. Und mit der Staatsanwaltschaft sprechen, falls er weiter schweigt. Vielleicht kann man eine Anklage gegen ihn vorbereiten.«
»Machen Sie das. Und ganz egal, was die Kollegen von der Staatsanwaltschaft sagen, bringen Sie den Mordfall Maike irgendwie zu Ende. Dann ist alles sauber.«
»Das habe ich vor«, sagte er, drehte sich um und verließ das Büro.
Den Fall zu Ende bringen. Auf dem Weg zu seinem Büro traf er auf Harald, der einen Stapel Akten vor sich her trug. Böttger betrachtete ihn. Irgendjemand aus dem Präsidium musste Falko Herbst geholfen haben. Aber was hieß das schon? Da kam jeder infrage.
»Harald, ich brauche für den Mordfall Maike noch mal alles, was wir über Volker Blank haben. Kannst du mir das zusammenstellen?«
»Natürlich. Das wird nicht lange dauern.«
»Gut. Leg es einfach auf meinen Schreibtisch.«
Für den Rest des Vormittags zog Böttger sich in sein Büro zurück und vertiefte sich in die Akten. Schließlich war das Einzige, was sie noch tun konnten, eine Anklage gegen Volker Blank vorzubereiten. Als er fertig war, fuhr er seinen Computer herunter, ging hinüber ins Büro der Schulte und fragte sie: »Wie sieht’s aus? Haben Sie Lust auf einen kleinen Ausflug?«
»Immer«, meinte die und schnappte sich ihre Jacke. »Wo soll’s denn hingehen?«
»Nach Herford. Zu Beate Heitbrink.«
»Wie soll die uns denn noch helfen?«
»Ich hab da so eine Idee. Ich erklär’s Ihnen unterwegs.«
Sie nahmen den Weg über die Bundesstraße. Die Wolkendecke
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