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Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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sie sich um. Sie fragte sich, ob er möglicherweise abgeholt worden war, ohne dass man ihr Bescheid gegeben hatte. Und ob Jakob das überhaupt zugelassen hätte. Gegenüber war das Büro dieses Kommissars mit der Hakennase. Doch auf ihr Klopfen erhielt sie keine Antwort. Sie drückte die Klinke, aber die Tür war versperrt.
    Ein ungutes Gefühl überkam sie. Hier stimmte etwas nicht. Sie steuerte das Treppenhaus an. Mit jedem Schritt bewegte sie sich schneller. Unten angekommen, durchquerte sie im Laufschritt die Halle. An der Pforte hockte hinter der Glaswand ein gelangweilter Mittfünfziger, der in der Neuen Westfälischen blätterte. Sannas Eiltempo und ihre drängende Art lösten sichtbaren Widerwillen bei ihm aus. Es schien, als würde er sich absichtlich Zeit damit lassen, den Knopf der Gegensprechanlage zu bedienen.
    »Ich suche Jakob Blank«, sagte sie. »Siebzehn Jahre, schmale Schultern und dunkle Haare. Er sollte mit einem Streifenwagen zum Jugendnotdienst gebracht werden.«
    »Hier ist keiner vorbeigekommen«, sagte er unbeeindruckt und wandte sich wieder seiner Zeitung zu.
    Sanna ging zur gläsernen Tür. Vor ihr lagen der Vorplatz, die Rasenflächen, dahinter eine Reihe mit Sträuchern und der Parkplatz. Streifenbeamte, die Jakob zu ihrem Auto führten, waren nirgends zu sehen.
    Doch an den Sträuchern war eine Bewegung wahrzunehmen. Eine Gestalt drückte sich da entlang. Im Erdgeschoss hinter den Sträuchern stand ein Fenster auf. Es war Jakob. Er war durch das Fenster geklettert.
    Sie zog rasch die Tür auf, um hinauszulaufen. Da drückte der Pförtner nochmals auf die Taste der Gegensprechanlage.
    »Fräulein!«, rief er. »Nicht so schnell. Ihren Besucherausweis.«
    Sanna riss die Plastikkarte samt Klammer von ihrem Sweatshirt und legte sie ihm in die Durchreiche. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und rannte hinaus ins Freie.
    Jakob hatte bereits die Hauptstraße erreicht. Er stand an der großen Verkehrsampel und sah ratlos in alle Richtungen. In diesem Moment bog ein Taxi um die Ecke. Jakob winkte es heran. Er stieg ein, doch die Ampel sprang auf Rot und das Taxi musste warten. Sanna hatte noch eine Chance. Sie beschleunigte. Sprintete über den Platz, ließ ihren Atem fließen, fixierte das Taxi an der Ampel. Gleich hatte sie es erreicht. Noch zehn Meter.
    Da sprang die Ampel auf Grün.
    »Jakob!«, schrie sie.
    Doch das Heck des Taxis entfernte sich bereits. Sanna fluchte lautstark. Sie sah sich um. Sie musste etwas tun. Ihn einholen. Verkehr donnerte über die Kreuzung. Rote, grüne, schwarze Autos, dann ein schwerer Lastzug. Plötzlich tauchte ein weiteres Taxi auf. Sanna unterdrückte den Impuls, direkt auf die Straße zu laufen, dem nächstbesten Auto vor die Motorhaube. Sie ruderte wild mit den Armen, und tatsächlich fuhr das Taxi rechts ran. Es hatte noch nicht gehalten, da schwang sie sich bereits auf die Rückbank.
    »Schnell! Geradeaus weiter!«
    Der Taxifahrer, ein behäbiger Mann mit Kinnbart und Halbglatze, warf ihr im Rückspiegel einen trägen Blick zu. Dann fädelte er sich in den Verkehr ein und beschleunigte.
    »Einfach nur geradeaus?«, fragte er. »Oder haben wir ein Ziel?«
    »Überholen Sie den Lkw da vorne. Da muss ein Taxi sein. Das hat nur ein paar hundert Meter Vorsprung. Wir müssen es erwischen.«
    »Eine Verfolgungsjagd?«, fragte er tonlos.
    »Bitte! Mein Bruder sitzt da vorne in dem Taxi. Er ist psychisch krank. Ich habe einen Moment nicht auf ihn aufgepasst. Und jetzt …«
    Sie kämpfte mit den Tränen. Beim letzten Mal war er zum Hof der Blanks gefahren. Das war eine ganz ähnliche Situation gewesen. Wusste der Himmel, wem er sich diesmal übergeben wollte.
    »Keine Sorge«, sagte der Fahrer. Das klang bereits mitfühlender. »Wir holen Ihren Bruder schon ein.«
    Er überholte mit einer unvermutet rasanten Aktion den Lkw und anschließend weitere Autos. Da tauchte das andere Taxi vor ihnen auf.
    »Das muss er sein«, sagte der Mann.
    »Ja! Das ist er!«
    Sie folgten dem Wagen in Richtung Bahnhof. Sanna fragte sich, ob Jakob vielleicht mit dem Zug abhauen wollte. Doch sie wollte nicht glauben, dass er so etwas tun würde, ohne sich von ihr zu verabschieden.
    Der Wagen vor ihnen änderte die Richtung, und es ging stadtauswärts weiter. Also doch nicht zum Bahnhof. Beinahe war sie erleichtert. Sie verließen über eine Ausfallstraße die Stadt. Es ging immer weiter, scheinbar ohne Ziel.
    »Passen Sie auf, junge Frau«, sagte ihr Fahrer. »Das Taxi da gehört

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