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Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Mensch brachte so etwas zustande?
    Aber es machte natürlich keinen Sinn, über so etwas nachzudenken. Sie musste professionell an diese Fragen herangehen. Renate räumte ihre Unterlagen zusammen. Sie wollte für heute Schluss machen. Morgen früh würde sie als Erstes zu Sanna gehen. Dieses Mal würde sie sich nicht einfach abwimmeln lassen.
    Sie fuhr den Computer herunter und leerte das Weinglas. Dann warf sie einen Blick auf die Uhr. Aron müsste langsam nach Hause kommen. Eine Viertelstunde wollte sie noch warten, um ihm die Peinlichkeit zu ersparen, von seiner Mutter abgeholt zu werden. Doch wenn er dann immer noch drüben war, würde sie hingehen und klingeln.
    Im Haus war es still. Das Gewitter war offenbar vorbeigezogen. Sie nahm die Lesebrille ab, legte sie auf den Schreibtisch und löschte die Arbeitslampe. Der Raum tauchte in Dunkelheit. Draußen waren die Lichter von Marienbüren zu erkennen und ein dunkelblauer Streifen, wo sich der Nachthimmel von der Hügelkette abhob. Renate tastete sich zum Flurlicht.
    Ein lautes Schrillen durchschnitt die Stille. Sie fuhr zusammen. Sog die Luft ein. Das Telefon. Lächerlich, sich von so einem Geräusch zu Tode erschrecken zu lassen. Sie wandte sich um. Das Gerät lag in der Aufladestation, irgendwo in der Dunkelheit auf dem Schreibtisch.
    Ein ungutes Gefühl erfasste sie. Wie eine dunkle Vorahnung. Stille. Dann schrillte es erneut. Diesmal lauter, wie ihr schien. Sie tastete sich zurück zum Schreibtisch und knipste die Arbeitslampe an. Dann sah sie aufs Display ihres Funktelefons. Eine Berliner Nummer wurde angezeigt. Als hätte sie es gewusst.
    Ein drittes Klingeln. Sie betrachtete das Gerät wie einen Eindringling. Aber es hatte keinen Sinn, den Anrufer zu ignorieren. Er war hartnäckig und würde sie ohnehin früher oder später zu fassen bekommen. Also holte sie tief Luft und nahm das Gespräch entgegen.
    »Hier spricht Renate Thun.«
    »Ich bin’s«, sagte die vertraute Stimme am anderen Ende.
    Renate schwieg. Sie wollte sich nicht auf seine Machtspielchen einlassen. Am liebsten würde sie einfach auflegen. Er wartete. Dann sagte er: »Wir müssen reden. Sanna ist in Gefahr.«
    Das Telefonat war kurz und aufreibend gewesen. Nachdem Renate aufgelegt hatte, spielte die potenzielle Story keine Rolle mehr. Ihr Comeback als Journalistin begrub sie ohne Reue. Jetzt ging es nur noch um Sanna. Sie musste ihre Nichte schützen, alles andere war unwichtig.
    Und dafür musste Jakob aus Sannas Leben verschwinden. Und zwar so schnell wie möglich.

12
    Ein weiterer düsterer und wolkenverhangener Tag. Die Küche war in graues Morgenlicht getaucht. Regen sprühte gegen die Scheibe. Auch der Duft von frisch gebrühtem Kaffee konnte die Tristesse nicht ganz vertreiben. Böttger war allein, seine Frau war bereits in der Stadt unterwegs. Vorher hatte sie ihm allerdings noch sein Lieblingsfrühstück gemacht: Rührei mit Pilzen und gehackten Kräutern, dazu gebratene Tomaten, Buttertoast, frisch gepressten Orangensaft und einen Milchkaffee mit dicker Schaumkrone. Ein Zettel lag auf dem Herd: »Guten Morgen, mein Schatz! Lass es dir schmecken.«
    Er setzte sich an den Tisch. Trotzdem bedrückte ihn die Stille und das graue Licht. Er wünschte, Bärbel wäre zum Frühstück geblieben. Sein Smartphone vibrierte. Fast glaubte er, seine Frau hätte seine Gedanken gelesen. Doch da war nur ein Anruf, der vom Büro aus weitergeleitet worden war. Eine Nachricht auf seiner Mailbox.
    Er nahm das Smartphone und hörte sie ab.
    »Guten Tag, hier spricht Erika Eckart«, drang es aus dem Gerät. »Sie wissen schon, vom Stift Marienbüren. Also, ich bin da auf was gestoßen, das wichtig sein könnte. Wegen Jakob und Frau Marquart. Ich … Vielleicht rufen Sie mich am besten zurück. Vielen Dank.«
    Böttger runzelte die Stirn. Einen Moment war er versucht, direkt zurückzurufen. Doch dann beschloss er, zuerst in Ruhe zu frühstücken. Er würde früh genug im Präsidium sein.
    Eine halbe Stunde später machte er sich auf den Weg. Das Präsidium erreichte er kurz vor der morgendlichen Besprechung, die im Gruppenraum stattfinden würde. Auf dem Weg zu seinem Büro steckte er den Kopf durch Haralds Tür. Sein Kollege hockte ausgeschlafen und mit frisch gestärktem Hemd vor seinen Akten.
    »Morgen, Harald. Gibt’s irgendwelche Neuigkeiten?«
    Er sah von den Akten auf und blickte Böttger an, als brauche er einen Moment, um zu begreifen, wer da vor ihm stand.
    »Ja, die gibt es«, sagte er.

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