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Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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verwarnt worden. Die Sache mit der Hausdurchsuchung in der Zeitung. Brüse hatte ihm kein Wort geglaubt. Er war überzeugt gewesen, Böttger habe Renate absichtlich den Tipp gegeben, um seine Beziehungen zur Presse zu verbessern. »Ich behalte Sie im Auge, Böttger«, hatte er gedroht. »Noch so ein Ding, und … nun ja, betrachten Sie es als Warnung.«
    Brüse bemerkte die Stille, die sich über den Gruppenraum gelegt hatte. »Tun Sie einfach, als wäre ich gar nicht anwesend«, sagte er in die Runde.
    Als wäre das möglich. Böttger spürte die Befangenheit, die sich unter den Kollegen breitmachte. Innerhalb des Teams gab es eine flache Hierarchie. Böttger wurde kaum als Chef wahrgenommen, auch wenn er hier die Leitung hatte. Dazu arbeiteten sie alle viel zu eng zusammen. Doch bei Brüse war das anders. Wer wollte sich schon vor dem Kriminaloberrat mit unbedachten Äußerungen bloßstellen.
    Das war’s also mit dem Brainstormen, dachte Böttger ernüchtert. Er und sein Vorgesetzter sahen sich in die Augen. Brüse schenkte ihm einen Blick, der Entschlossenheit signalisieren sollte. Kampfbereitschaft. Dann lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme. Er lächelte.

    Sanna verließ mit der Brötchentüte unterm Arm die Bäckerei. Die Einkaufsstraße war um diese Uhrzeit noch verwaist. Die Läden würden erst in einer knappen Stunde öffnen. Noch war kaum einer unterwegs. Trotzdem hatte sie ein seltsames Gefühl, schon auf dem Weg hierher. Als würde sie beobachtet werden.
    Das waren ihre Nerven, sagte sie sich. Sie wurde langsam paranoid. Kein Wunder, nach dem, was in den letzten Tagen passiert war. Sie sah sich um. Die Türen der Geschäfte waren verschlossen, nirgendwo ein Mensch zu sehen. Überall Fenster wie blinde Spiegel. Ein Auto näherte sich, raste an ihr vorbei und verschwand wieder. Hier gab es keinen, der sie beobachtete, da konnte sie sicher sein. Sie ging weiter und trat zwischen den Fachwerkhäusern hindurch auf den Kirchplatz.
    Vor ihrer Haustür zog sie den Schlüssel aus der Trainingsjacke hervor. Da riss die Papiertüte mit den Brötchen auf. Sanna schnappte eilig danach, um die Brötchen zu retten, und dabei rutschte der Haustürschlüssel aus ihrer Hand und landete klirrend auf dem Kopfsteinpflaster. Als sie sich danach bückte, sah sie ihn: einen Mann mit dunkler Jacke und einer Wollmütze. Er stand an der Kirche und sah zu ihr herüber. Nur eine Sekunde lang, dann tauchte er hinter einem Mauervorsprung ab und war verschwunden. Doch Sanna hatte richtig gesehen: Er war da gewesen. Sie wurde tatsächlich beobachtet.
    Eilig nahm sie den Schlüssel, öffnete die Tür und huschte hinein. Mit klopfendem Herzen ging sie in die Wohnung. Das war keine Paranoia. Der Mann war ihretwegen hier.
    Jakob saß auf dem Sofa. Der Fernseher lief leise in der Zimmerecke. Eine Gerichtsshow, bei der sich alle anschrien. Sanna warf die Brötchentüte auf den Tisch, ging zum Fenster und zog die Vorhänge zu.
    »Was ist los?«, fragte Jakob.
    »Bleib vom Fenster weg«, sagte sie. »Und am besten verlässt du auch die Wohnung nicht. Ich glaube, da draußen ist einer. Ich möchte kein Risiko eingehen.«
    »Aber mein Vater ist in Untersuchungshaft. Das haben die gerade in den Nachrichten gesagt. Wer soll das sonst sein? Denkst du, jemand von der Polizei?«
    »Nein, wohl nicht. Aber trotzdem. Versprichst du mir, dass du in der Wohnung bleibst?«
    Er nickte. Sanna schob den Vorhang nochmals ein Stück zur Seite und sah auf den Kirchplatz. Doch von dem Mann gab es keine Spur.
    »Ich habe mir heute Nachmittag freigenommen«, sagte sie. »Ich komme dann zurück und fahre dich zum Bielefelder Hauptbahnhof. Wenn du erst im Zug sitzt, können wir aufatmen.«
    Er würde mit dem Intercity zum Düsseldorfer Flughafen fahren. Von dort ging sein Flug nach London. Heute Abend wäre er schon in England. Je länger Sanna darüber nachdachte, desto besser gefiel ihr seine Idee, von hier zu verschwinden. Sie ging zu ihrem Schrank, zog eine alte Sporttasche hervor und warf sie aufs Sofa.
    »Wir werden dir unterwegs etwas zum Anziehen kaufen. Ich pack dir schon mal Handtücher ein, eine Zahnbürste und so was. Dann brauchst du das nicht mehr zu besorgen.«
    Sie betrachtete ihn. Er trug die gleiche Kleidung wie bei ihrem ersten Treffen. Ein weißes Hemd und eine dunkle Stoffhose. Die Sachen wirkten abgetragen. Ein Sonntagsschüler, der von zu Hause abgehauen war. Man fragte sich sofort, ob dieser Junge überhaupt volljährig war. Das

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