Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)
mich ausruhen. Er hat die Nabelschnur durchgeschnitten.«
»Aber es hätte alles Mögliche passieren können. Haben Sie denn vorher mit keiner Hebamme gesprochen? Waren Sie in keinem Geburtsvorbereitungskurs?«
»Einem was?«, fragte sie verwundert.
»Also gut. Maike ist ohne Arzt und Hebamme zur Welt gekommen. Wieso haben Sie Maike nicht gemeldet?«
»Beim Amt? Weiß nicht. Ich mag keine Ämter. Volker hat gesagt, wir müssen nicht zum Amt.«
»Aber da gibt es doch Kindergeld. Und Maike wäre über Sie krankenversichert gewesen.« Schulte betrachtete sie eingehend. »Waren Sie mit Maike nie bei einem Arzt?«
»Volker meinte, das wäre nicht nötig. Maike war ja auch nie ernsthaft krank.«
»Hat Maike andere Kinder kennengelernt? Aus der Nachbarschaft? Oder aus Marienbüren?«
»Es kommt keiner zu uns. Die Nachbarn mögen uns nicht.«
»Aber sie muss doch Kontakt zu irgendwelchen anderen Kindern gehabt haben.«
»Maike hat sich gut mit Jakob verstanden.«
»Der war aber schon zwölf, als Maike geboren wurde.«
Beate Heitbrink zuckte mit den Schultern. Offenbar hatte sie über diese Fragen nie nachgedacht.
»Was ist mir Ihrer Schwester? Hat die Maike mal kennengelernt?«
»Volker meinte, es wäre das Beste, wenn keiner von Maike wüsste.«
»Aber wieso?«
Sie schwieg.
»Frau Heitbrink. Wieso wäre es das Beste?«
»Er sagte, die würden sie mir sonst wegnehmen.« Ihre Schultern begannen zu beben. Wieder flossen Tränen. »Ich sei keine gute Mutter. Maike würde in eine andere Familie gebracht werden.«
»Aber wieso sollte das passieren? Sie haben Maike doch geliebt, oder?«
»Ich … vergesse oft Sachen. Mir wird schnell alles zu viel. Und dann schaff ich es nicht, mich um Maike zu kümmern.« Eilig fügte sie hinzu: »Aber sie hat ja noch ihren Opa. Und Volker. Und …« Sie stockte. »Hatte«, korrigierte sie sich.
»Deshalb haben Sie Maikes Existenz verschwiegen?«, fragte die Schulte.
»Volker meinte, es wäre besser. Meine Schwester hat einen Jungen, den Kevin. Den hat ihr das Amt weggenommen. Weil sie ihn oft allein gelassen hat. Und weil sie nie aufräumt.«
Nie aufräumen, dachte Böttger. Wahrscheinlich war die Wohnung der Schwester völlig verwahrlost gewesen. Ohne gewichtigen Anlass wird kein Kind aus der Familie genommen.
»Ich wollte nicht, dass mir Maike weggenommen wird«, sagte die Heitbrink. »Und Volker wollte das auch nicht. Also haben wir sie auf dem Hof gelassen.«
Die Schulte betrachtete sie nachdenklich. Schließlich sagte sie: »Frau Heitbrink. Sie hätten ihrem Kind doch nichts angetan, oder?«
»Nein! Nein, natürlich nicht!«, rief sie aufgebracht. Böttger betrachtete sie. Die Empörung wirkte nicht gespielt.
»Ich weiß«, meinte die Schulte sanft. »Das glaub ich Ihnen.« Dann rückte sie näher und lächelte mitfühlend. »Was hat Volker getan?«
Ihre Augen flackerten. »Nichts.«
»Frau Heitbrink, bitte. Wir wissen, wer Maike getötet hat.«
»Nein, das stimmt nicht. Volker war das nicht. Er würde Maike nie etwas antun.« Die Stimme war ein wenig zu schrill. »Hören Sie nicht? Er war das nicht.«
»Sie müssen Ihren Freund nicht schützen, Frau Heitbrink. Er kann Ihnen nichts mehr tun. Sie sind in Sicherheit.«
»Nein, er hat Maike das nicht angetan.«
Böttgers Stimme donnerte ohne Vorwarnung durch den Raum.
»Frau Heitbrink! Wollen Sie uns für dumm verkaufen?«
Selbst die Schulte zuckte zusammen.
»Was ist mit Maike passiert? Sie wissen es doch! Jetzt sagen Sie es uns!«
Beate Heitbrink zog den Kopf ein. Ihre Hände zitterten. Sie begann zu wimmern.
»Volker hat das nicht getan«, stieß sie hervor.
Böttger hatte nicht den Eindruck, dass sie log. Aber das machte keinen Sinn. Wolfgang Blank war nicht auf dem Hof gewesen, und einer musste das Mädchen schließlich getötet haben.
»Frau Heitbrink! Wer hat Maike getötet?«
»Niemand, ich …«
Er sprang auf und warf seinen Stuhl zu Boden. Mit einem Satz war er am Tisch. Die Heitbrink stieß einen hellen, ängstlichen Laut aus. Doch er berührte sie nicht, natürlich nicht. Stellte sich nur drohend über sie.
»Verdammt noch mal! Jetzt hören Sie auf! Sagen Sie sofort, wer Ihre Tochter umgebracht hat!«
Sie ging in Deckung, wimmerte.
»Jakob war das«, heulte sie auf. »Jakob.«
Böttger sah zu der Schulte. Sie wirkte ebenfalls überrascht. Beate Heitbrink brach nun in unkontrolliertes Schluchzen aus.
»Jakob?«, fragte Böttger. »Sind Sie da ganz sicher?«
»Er war es«, stieß sie
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